Kreis Olpe. Viele Bürger halten sich im Winter nicht an ihre Pflichten, das kann schnell zu schlimmen Unfällen führen, doch kann das manchen völlig egal sein?

Oft ist in Radio und Fernsehen die Rede von „weißer Pracht“, wenn die Wettervorhersage Schnee prognostiziert. Was Wintersportbegeisterte verstehen können, sorgt bei Grundstücksbesitzern indes oft für Kummer, bedeutet für sie die „Pracht“ doch Mühe und Arbeit. Denn in Deutschland sind sie verpflichtet, die Bürgersteige an ihren Grundstücken schnee- und eisfrei zu halten. Indes weiß jeder, der im Winter zu Fuß unterwegs ist, dass diese Bestimmung von vielen wohl nur als Empfehlung verstanden wird. Dabei drohen ernste Konsequenzen: zum einen für die Fußgänger, die auf Eis und Schnee ausrutschen und stürzen, aber auch für die Grundstücksbesitzer, denn ihnen drohen vermeintlich einerseits Bußgelder fürs Nichträumen und andererseits Schadenersatz-Zahlungen für Schmerzensgeld. Doch ist das wirklich so?

Winterdienst
Während die Fahrbahn - hier ein Archivbild vom Bratzkopf in Olpe - perfekt geräumt ist, gestaltet sich der Bürgersteig als rutschige, mangelhaft geräumte Strecke. Viele Anlieger kommen ihrer Räumpflicht nicht nach. © Jörg Winkel | Jörg Winkel

Auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigt das Olper Ordnungsamt: „Die Grundstückseigentümer haften grundsätzlich immer bei Verstößen gegen die Reinigungspflicht“, betont Ordnungsamtsleiter Thomas Meinerzhagen. Mieter könnten bei einem Unfall nur dann in Haftung genommen werden, wenn die Reinigungspflicht mittels einer schriftlichen Erklärung gegenüber der Stadt an den Mieter übertragen werde. „In der Praxis kommt das aber so gut wie nicht vor. Vermieter können die Räumpflicht aber im Innenverhältnis mit den Mietern auf diese übertragen. Das befreit sie jedoch nicht von ihrer grundsätzlichen Reinigungspflicht (§ 2 Abs. 3 der Straßenreinigungsordnung). Für das Ordnungsamt sind immer die Grundstückeigentümer der Ansprechpartner“, erklärt Meinerzhagen.

Nun muss nicht Tag und Nacht permanent geräumt werden. Genau regeln die jeweiligen Straßenreinigungssatzungen der Städte und Gemeinden, wann und wie die Anlieger von Straßen die Bürgersteige freizuhalten haben. Die Fahrbahnen indes, deren Sommerreinigung in manchen Fallen ebenfalls den Anliegern obliegt, sind im Winter außen vor: Hier ist der jeweilige Straßenbaulastträger zuständig, also je nach Klassifizierung Stadt oder Gemeinde, Kreis oder der Landesbetrieb Straßenbau.

Klare Pflichten

Die Stadt Olpe etwa verlangt von ihren Bürgerinnen und Bürgern, dass sie werktags von 7 bis 20 Uhr für freie und rutschfreie Bürgersteige sorgen. Geräumt werden muss ein Streifen von einem Meter Breite, entweder auf dem Bürgersteig oder, wenn kein solcher vorhanden ist, „ein Streifen in einer Breite von 1 Meter entlang des Grundstücks“. Sonntags und an Feiertagen setzt die Räumpflicht erst um 9 Uhr ein, und wie anderswo auch wird während des Schneefalls kein permanentes Räumen verlangt. Doch heißt es in der Satzung, dass nach dem Abklingen von Schneefall zügig geräumt werden muss. Ganz ähnlich wird es in den anderen Städten und Gemeinden des Kreises geregelt.

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Hohe Geldstrafen sind aber zunächst nicht vom Ordnungsamt zu erwarten: „Verletzungen der Winterwartungspflicht sind Ordnungswidrigkeiten, die mit Verwarn- und Bußgeldern geahndet werden können. Da die allermeisten Eigentümer ihrer Verpflichtung nachkommen, ist ein Sanktionieren meist nicht nötig. In Fällen, in denen Eigentümer trotz persönlicher Ansprache durch das Ordnungsamt nicht räumen, wird regelmäßig zuerst ein Verwarnungsgeld (bis 55 Euro, § 56 OWiG), bei besonders uneinsichtigen Personen auch ein Bußgeld festgesetzt. Der Rahmen lässt bis zu 1000 Euro pro Fall zu, in der Praxis sind aber 100 Euro noch nicht überschritten worden“, berichtet Thomas Meinerzhagen.

Streng kontrolliert werde nicht, aber an stark frequentierten Wegen, insbesondere den Strecken, die zu den Schulen führen, fordern die Ordnungsämter Anlieger auf, ihrer Räumpflicht nachzukommen, wenn dies offensichtlich unterbleibt. Was aber, wenn beim Gang zur Arbeit, zum Einkauf oder beim abendlichen Spaziergang ein ungeräumter oder vereister Bürgersteig für Sturz, Prellung oder schlimmstenfalls Knochenbrüche sorgt? In diesem Fall haftet ebenfalls der Vermieter.

Alternative Möglichkeiten

Immer mehr Grundstückseigentümer sind nicht bereit, dieses Risiko auf sich zu nehmen, zumal es beispielsweise bei Krankheit oder Urlaub gar nicht möglich ist, selbst zu räumen. Nicht alle haben hilfsbereite Nachbarn, die dann einspringen, daher besteht die Möglichkeit, sich an professionelle Dienstleister zu wenden. Michael Bender ist mit seiner Firma DB Haus- und Gartenservice in Attendorn einer der größten heimischen Anbieter. Er erklärt: „Wir sind in der ganzen Region aktiv, auch über den Kreis Olpe hinaus“. Seine Kunden seien zum einen Vermieter beispielsweise von Mehrfamilienhäusern, andererseits die Besitzer leerstehender oder nur selten genutzter Immobilien und immer öfter auch ältere Menschen, die sich zunutze machten, dass durch den Vertrag mit dem Dienstleister auch die Verkehrssicherungspflicht im Winter auf diesen übergehe. „Wir sind dafür mit zehn Kommunalfahrzeugen im Einsatz und verwenden unterschiedliche Größen, vom Ein-Meter-Räumschild bis zu solchen mit drei Metern Breite.“

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Seine Leute rücken bei Schnee und Glätte aus, räumen und streuen die vertraglich festgehaltenen Flächen, auf Wunsch auch beispielsweise Hauseinfahrten oder Treppen, und halten ihren Einsatz elektronisch fest, um gegebenenfalls Versicherungen gegenüber nachweisen zu können, dass zeitgerecht geräumt wurde. Bender setzt auf eine Kombination aus Monatspauschale und einsatzweisem Honorar, das variiert von Anbieter zu Anbieter. In jedem Fall bemerkt Bender seit Jahren eine kontinuierlich steigende Anfrage: „Denn dann muss man sich keine Sorgen mehr machen.“