Lütringhausen. In den letzten Kriegstagen kommt es in Lütringhausen zu einem tragischen Ereignis. Ein Standgericht verurteilt deutsche Soldaten zum Tod und lässt sie erschießen.

Eigentlich ist der Weiße Sonntag ein Freudentag. Ist er doch in Deutschland traditionsgemäß der Tag, an dem junge Katholiken das Fest der Erstkommunion feiern. Ein Fest mit Blumen, feiernden Familien und strahlenden Gesichtern. Alles war anders an besagtem Weißen Sonntag im Jahr 1945, denn in Deutschland herrschte Krieg. Auch in Lütringhausen. Es war der 8. April, der Ruhrkessel bereits geschlossen. Die Übermacht der Alliierten unübersehbar. Das Dorf, das an die Stadt Olpe grenzt, an manchen Stellen ist der Übergang fließend, hatte die schwere Bombardierung von Olpe am 28. März noch nicht verwunden, da kam der Krieg noch einmal zurück. Diesmal in Form unmenschlicher Härte des Kriegsrechts. Denn obwohl selbst die unkritischsten Anhänger des Naziregimes erkennen mussten, dass das Ende des „Tausendjährigen Reichs“ gekommen war, die Alliierten längst nicht nur die Lufthoheit über Deutschland hatten, starben drei, nach anderen Quellen vier, deutsche Soldaten in Lütringhausen durch die Kugeln von Kameraden. Der Weiße Sonntag wurde ein schwarzer Tag in der Dorfgeschichte.

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Die WESTFALENPOST berichtete 1985 ausführlich im Rahmen einer Serie. Eine im Jahr 1945 21-jährige Lütringhauserin wird darin zitiert: Ein Standgericht der Wehrmacht hatte getagt, für die drei bzw. vier Soldaten auf Fahnenflucht erkannt und das keineswegs vorgeschriebene, durch Adolf Hitlers Devise „Der Soldat kann sterben, der Deserteur muss sterben“ aber faktisch übliche Todesurteil verhängt. Die Landser wurden, von Feldgendarmen eskortiert, über einen Feldweg an einen Waldrand oberhalb des Dorfs geführt, unter den ängstlichen, verschreckten, hilflosen Blicken der Dorfbevölkerung. Einer der Feldgendarmen hatte den Vater der jungen Frau vorher noch um „etwas zum Festbinden“ ersucht. Wofür? Darauf hatte es keine Antwort gegeben. Der Strick diente jedoch zum Fixieren der Verurteilen an Fichtenstämmen. Dann erschossen die Militärpolizisten die Deserteure, genau vier Wochen vor der bedingungslosen Kapitulation. Zuvor hatten die Opfer des unmenschlichen Standgerichts ihre eigenen Gräber ausheben müssen, in denen sie nach der Hinrichtung verscharrt wurden. Nicht für lange Zeit: Wenige Wochen später ließen die alliierten Stadtkommandanten die Toten exhumieren und auf dem Olper Friedhof beisetzen, damit sie zumindest eine würdige letzte Ruhestätte erhielten.

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Der Lütringhauser Schützenverein hat an der Hinrichtungsstelle ein Mahnkreuz errichten lassen, neben dem eine Gedenktafel über die schaurige und brutale Tat informiert. Doch bis heute ist nicht bekannt, wer die Soldaten waren. Einer von ihnen soll ein Familienvater aus dem Siegerland gewesen sein. Doch nahmen die wegen ihrer klirrenden Ringkragen im Soldaten-Jargon „Kettenhunde“ genannten Feldgendarmen den Erschossenen sogar ihre Erkennungsmarken ab.

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Nun will das Olper Stadtarchiv einen letzten Anlauf unternehmen, um die Identität der erschossenen deutschen Soldaten in Erfahrung zu bringen. „Da es kaum Quellen über den Vorfall gibt, die Namen der Toten weder in den Kirchenbüchern noch in den Unterlagen des Standesamtes zu finden sind, wäre es wichtig, noch Erinnerungen festzuhalten, die möglicherweise in Olper oder Lütringhauser Familien berichtet worden sind“, schreiben Stadtarchivar Dr. Timo Erlenbusch und Heimatforscher Dr. Hans-Bodo Thieme in einem gemeinsamen Appell. Angaben erbitten sie an das Stadtarchiv, E-Mail t.erlenbusch@olpe.de, Tel. (02761) 831293, oder an Dr. Thieme, dr.bodo.thieme@gmail.com.