Olpe. Der Markt mit gebrauchten Waren war viele Jahre eine Institution. Doch das Ketteler-Cardijn-Werk als Träger sieht keine Alternative zum Aus.
Seit 1986 setzt sich das Ketteler-Cardijn-Werk, ein Gemeinschaftsprojekt von Katholischer Arbeitnehmerbewegung (KAB) und Christlicher Arbeiterjugend (CAJ), im Kreis Olpe und darüber hinaus für benachteiligte Menschen ein. Ob Langzeitarbeitslose, Flüchtlinge, bedürftige Familien hierzulande und im Ausland: Durch vielfältigen Einsatz hilft das Werk. Dazu gehören auch sogenannte „Fairkauf“-Märkte. Hier werden an bedürftige Menschen gebrauchte, geprüfte und aufbereitete gespendete Waren zum kleinen Preis abgegeben.
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Über 15 Jahren war dieser Laden, ursprünglich in einem ehemaligen Autohaus an der Siegener Straße gegründet, im Wohn- und Geschäftshaus Bruchstraße 13 untergebracht, am Kreisverkehr Bruchstraße/Kolpingstraße/Am Bratzkopf, schräg gegenüber von „Kochs Stadthotel“. Der Laden bietet nicht nur Gelegenheit zum Einkauf: Er hat sich zum Treffpunkt für Menschen entwickelt, die nach der Flucht aus ihrer Heimat vorübergehend in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in der ehemaligen Familienferienstätte „Regenbogenland“ leben. Hier fanden sie Ansprechpartner für alle Fragen, die ihnen in ihrer neuen Umgebung begegnen. Herz dieser Einrichtung war Josef Brüser, der im vergangenen Jahr nach schwerer Krankheit starb. 15 Jahre lang hatte er den Fairkauf-Laden geleitet. Das Ketteler-Cardijn-Werk hatte versucht, die Arbeit fortzusetzen, streicht aber nun die Segel. Ende Januar ist Schluss mit dem „Fairkauf“ Olpe, große Lettern in den Schaufenstern künden vom Räumungsverkauf.
„Unsere Fördermittel-Basis ist nicht so stabil, wie wir es gern hätten.“
Peter Thesing vom KAB-Bezirk Olpe-Siegen bedauert die Schließung, sieht aber keine Alternative: „Josef Brüser war der Kern des Ganzen, er und sein weites Herz haben das Ganze zusammengehalten. Er war sozusagen der Katalysator dieses Systems.“ Ohne Brüsers Netzwerk, seine Erfahrungen und seine Art habe der „Fairkauf“ trotz allem Engagement viel verloren. Dasselbe betont Hubert Kahmann, Geschäftsführer des Werks: „Wir müssen da auch wirtschaftlich denken. Unsere Fördermittel-Basis ist nicht so stabil, wie wir es gern hätten. So ein Laden trägt sich nur, wenn er ganztags geöffnet hat, und dafür haben wir schlicht nicht das Personal.“
Hilfe zur Selbsthilfe
Kahmann schließt nicht aus, dass irgendwann wieder ein „Fairkauf“-Markt in Olpe geöffnet wird: „Leerstände gibt es ja leider genug.“ Das Modell an sich habe Zukunft; das Werk sei gerade dabei, seine inzwischen sehr intensiven Kontakte zu ukrainischen Menschen auszubauen, um „Fairkauf“-Märkte in der Ukraine zu errichten: „Dort gibt es ja leider sehr viele bedürftige Menschen, die versorgt werden müssen.“ Ständig nur Hilfsgüter in die Ukraine zu bringen, sei keine Dauerlösung; solche Sozialkaufhäuser seien ein Beitrag zur Hilfe durch Selbsthilfe. Hier könne das Ketteler-Cardijn-Werk mit seiner langjährigen Erfahrung einen wichtigen Beitrag zum Aufbau leisten.
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Für das Ketteler-Cardijn-Werk an sich hofft Kahmann auf einen Generationswechsel: dass sich neue Unterstützer finden, die die Führung des nach den Bischöfen Wilhelm Emmanuel von Ketteler und Kardinal Joseph Cardijn benannten Werks übernehmen. Ketteler, der „Arbeiterbischof“, war Gründer des ersten Arbeiterunterstützungsvereins, aus dem die KAB hervorging. Cardijn war Gründer der Christlichen Arbeiterjugend. Und auch auf ein mögliches Pflichtjahr, wie es CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann verlangt, das analog zum früheren Zivildienst dafür sorgen würde, dass Menschen für solche Aufgaben wie die Arbeit im Ketteler-Cardijn-Werk begeistert werden, indem sie es in ihrem Dienst kennenlernen.