Kreis Olpe. Laut aktueller Statistik müssten die Kommunen des Kreises Olpe plötzlich deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen. Kommt es zum großen Ansturm?
Die Verteilstatistik der anerkannten Flüchtlinge nach der sogenannten Wohnsitzauflage drohte den Sozialämtern aus dem Kreis Olpe im September 2024 plötzlich und unerwartet den Boden unter den Füßen wegzuziehen: Denn von heute auf morgen schoss für alle sieben Kommunen die Aufnahmeverpflichtung von in erster Linie alleinstehenden Männern etwa aus Afghanistan oder der Türkei regelrecht in die Höhe. So musste die Stadt Attendorn nicht mehr 42 Anerkannte aufnehmen, sondern auf einmal 200. Lennestadt hatte Anfang September noch eine „Übererfüllung“ von 24 Personen, Mitte September wies die Statistik plötzlich ein Minus von 201 Personen auf. Ähnliche Zahlen trafen auch die anderen Kommunen des Kreises mit Wucht. Und bis heute hat sich an dieser Erfüllungsquote kaum etwas verändert: So müssen die Städte und Gemeinden des Kreises zumindest in der Theorie derzeit rund 1000 anerkannte Flüchtlinge aufnehmen.
Den Grund für diese Zahlenexplosion liefert der Kreis Olpe, der halbjährlich eine Statistik zur Wohnsitzauflage erstellen und an die Bezirksregierung aus Arnsberg übermitteln muss, in seiner Niederschrift aus der vergangenen Kreistagssitzung Mitte Dezember. Auf Nachfrage von Meinolf Schmidt (UWG) führt der Kreis in seiner Antwort im Kern aus, dass man bis Sommer die Ukraine-Flüchtlinge in diese Statistik mit einbezogen habe, was sich jedoch als Irrtum herausgestellt habe: Die Ukraine-Flüchtlinge gehören nämlich in eine zweite Statistik, in der die „normalen“ Asylbewerber gelistet sind. Der Kreis Olpe korrigierte seine Zahlen entsprechend – mit der Folge, dass die Aufnahmeverpflichtungen für die Kommunen in die Höhe schossen.
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In der Praxis heißt das etwa für die Hansestadt, die plötzlich die zweitschlechteste Quote NRW-weit besaß, dass sie seit Anfang Oktober wöchentlich im Schnitt zwei bis drei anerkannte Flüchtlinge aufnehmen muss – neben den Ukrainern, die die Stadt freiwillig aufnimmt. „Das ist noch kein Massenzustrom, aber doch ein kontinuierlicher Anstieg“, betont Sozialamtsleiterin Christiane Plugge. Noch hat die Stadt Unterbringungskapazitäten, etwa in ihren Containern in Helden, Ennest oder am Hohlen Weg. Viele anerkannte Flüchtlinge kämen zudem bei Bekannten unter oder finden auf dem freien Wohnungsmarkt ein Zuhause. Doch wie lange diese Kapazitäten noch ausreichen, weiß Plugge nicht.
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Ähnlich ist das Bild in der Kreisstadt. Sozialamtsleiter Ingo Sondermann: „Das ist im Grunde nur ein Fehler der Statistik. Die Zahlen sind auf einen längeren Zeitraum zu sehen und heißen nicht, dass da plötzlich ein Bus mit Leuten steht.“ Im vergangenen Jahr seien aus dem betreffenden Personenkreis zwei bis drei Fälle im Monat der Stadt Olpe zugewiesen worden. „Das hält sich also alles im leistbaren Rahmen.“ Die Kreisstadt hat hinsichtlich der Flüchtlingszuweisungen allerdings eine etwas andere Situation als andere Kommunen: Weil die Bezirksregierung in der ehemaligen Familienferienstätte „Regenbogenland“ eine Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) betreibt, erhält die Stadt Olpe keine zusätzlichen Zuweisungen nach Flüchtlingsaufnahmegesetz, sondern lediglich solche, die unter das Asylgesetz fallen, also schon einen gewissen Schutzstatus genießen.
„Die Zahlen sind auf einen längeren Zeitraum zu sehen und heißen nicht, dass da plötzlich ein Bus mit Leuten steht.“
In der Praxis werden den Kommunen die Erfüllungsquoten ohnehin nicht übergestülpt, betont Christoph Söbbeler, Pressesprecher der Bezirksregierung Arnsberg. Selbst wenn Kommunen wie Attendorn. Lennestadt oder Olpe plötzlich um die 200 Personen aufnehmen müssten, so richten sie die Zuweisungen „faktisch nach dem tatsächlichen Zulauf“, so Söbbeler, „und schon gar nicht auf einen Schlag für eine Kommune.“ Aktuell sei die Situation händelbar, in der Landes-Erstaufnahme in Bochum würden aktuell pro Woche zwischen 100 und 150 Menschen ankommen, die zunächst registriert und später auf die Kommunen des Landes verteilt werden. Über die Weihnachtstage habe man zudem gar keine Zuweisungen vorgenommen, so Söbbeler.
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Auch im Rathaus der Stadt Lennestadt löst das Defizit in der Zuweisung keine Alarmstimmung aus. „Wir beobachten das und werden das weiter im Auge behalten“, so der zuständige Fachbereichsleiter Thomas Meier. Man habe noch freie Kapazitäten, aber wenn die Stadt von heute auf morgen weitere 200 Flüchtlinge aufnehmen müsse, „wäre das maximal sportlich“, so Meier. Dass es soweit kommen würde, glaubt er nicht und beruft sich auf die offizielle Aussage aus Arnsberg, dass die tatsächlich zu erwartenden Zuweisungen deutlich unterhalb des Wertes liegen würden: „Wir haben über die Quote seit 1. Juli 2024 gerade mal 14 Personen bekommen.“