Olpe. Experten aus Verwaltung und Wirtschaft diskutierten über Ursachen und Lösungsmöglichkeiten. Bei einem Hauptproblem herrscht Einigkeit.
Das Interesse war immens: Über 200 Gäste hatten sich am Dienstagabend im Saal 4 des Olper Cineplex-Kinos eingefunden, dem größten seiner Art, um am 1. Immo-Forum teilzunehmen. Die „ImmoXperten“, Immobilien-Tochter der Volksbank Olpe-Wenden-Drolshagen, hatten diese Veranstaltung ins Leben gerufen, um in einer Expertenrunde drängende Fragen rund um das Thema „Bauen und Wohnen“ zu klären. Zwei Fragenkomplexe standen auf der Tagesordnung: „Werte, Trends und Perspektiven am heimischen Immobilienmarkt“ und „Zukünftige Herausforderungen für Immobilienbesitzer“.
Dazu waren die Technische Beigeordnete der Stadt Olpe, Judith Feldner, der Hünsborner Bauunternehmer Bernd Arns, Volksbank-Direktor Marco Heinemann, Rechtsanwalt und Notar Andreas Hesse, der Hünsborner Architekt Thomas Schönauer und Matthias Humpert, Geschäftsführer der Volksbank-„ImmoXperten“, zusammengekommen, um zunächst in Kurz-Statements die Begriffe zu nennen, die ihnen derzeit am meisten auf den Nägeln brennen. Und bereits hier kristallisierte sich heraus, dass es am Ende des Abends keine Podiumsdiskussion wurde, sondern ein Expertenforum, denn über alle unterschiedlichen Fachbereiche hinweg kristallisierten sich zahlreiche Überschneidungen heraus.
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So wurde schnell deutlich, dass das Thema Baukostenentwicklung alle Beteiligten, vom Banker bis zum Bauunternehmer, umtreibt, dass die Notwendigkeit der Entbürokratisierung dem Immobilienkaufmann ebenso wichtig ist wie der Technischen Beigeordneten.
Mangel an „beiden Enden“
Was das Angebot von Immobilien im Kreis Olpe angeht, erklärte Matthias Humpert, dass derzeit die fatale Situation eingetreten sei, dass sowohl die Mieten als auch die Zinsen stiegen: Die Inflation treibe die Mieten an, gleichzeitig sei großes Eigenkapital nötig, um eine Immobilien erwerben zu können. Mangel herrsche an „beiden Enden“ der Skala: Es gebe zu wenig „Einstiegsimmobilien“, preiswerte Häuser, in die junge Familien einziehen, und ebenso zu wenig barrierefreie Wohnungen für die ältere Generation.
„Das ist ein Prozess, der in keinem Verhältnis zum Bedarf mehr steht.“
Judith Feldner schilderte das Dilemma einer Kommune, in der enormer Bedarf nach Bauland herrsche, die Ausweisung neuer Flächen aber von der Bezirksregierung nicht genehmigt werde, weil diese auf das Jahr 2040 verweise, wenn in Olpe aufgrund der demografischen Entwicklung genügend Wohnraum zur Verfügung stehen werde: „Das nützt uns aber heute nichts“, so Feldner. Weiterhin sei ein großes Hindernis, dass auch Baulücken von der Bezirksregierung als noch freies Bauland gewertet würden, auch wenn diese faktisch nicht zur Verfügung stünden, weil die Eigentümer sie für sich in Reserve hielten. Auch sei die Verfahrensdauer bei weitem zu lang: Wenn die Stadt neues Bauland ausweisen könne, dann gingen mittlerweile bis zu fünf Jahre ins Land, bis tatsächlich gebaut werden könne. „Das ist ein Prozess, der in keinem Verhältnis zum Bedarf mehr steht.“
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Das Problem der Baukosten sei für Architekten oft schwierig zu vermitteln, erklärte Thomas Schönauer: „Wir müssen Bauherren immer öfter klarmachen, dass sie einfach Wünsche wegnehmen müssen.“ Dies sei allerdings in vielen Bereichen auch ohne echten Komfortverlust möglich, etwa, indem man eine Treppe nicht verkleide, sondern in Beton belasse. „Und vielleicht müssen wir auch in den Niederlanden abschauen, wo man sich mit Aufputzinstallationen angefreundet hat und das auch ansprechend machen kann.“
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Einen Zaubertrick zum preiswerten Bauen gebe es nicht, ergänzte Bauunternehmer Arns. Auch das häufig propagierte Bauen mit Holz helfe da nicht, auch wenn es in vielen Bereichen sinnvoll sei. „Ich glaube, das Rezept ist das sinnvolle Kombinieren von Baustoffen.“ Er gehe davon aus, dass für Bauunternehmer wie für Architekten der Trend vom Neubau verstärkt hin zur Sanierung gehen werde, „aber das muss sehr sorgfältig geplant sein. Oft ist der Weg Abriss/neu sinnvoller und auch preiswerter als die Sanierung.“ Rechtsanwalt Hesse betonte, wie sinnvoll es sei, die Nachfolge des Immobilieneigentums frühzeitig zu planen, einerseits, um Immobilien vor dem Zugriff durch die Pflegeversicherung zu schützen, andererseits, um Erbstreitigkeiten zu vermeiden.
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Eine wichtige Aufgabe sowohl für Kommunen als auch für Planer und Bauunternehmen, so Schönauer, werde künftig die Nachverdichtung vorhandener bebauter Flächen. So führten die immer strengeren Auflagen hinsichtlich der Versiegelung von Flächen etwa dazu, vorhandene Parkplätze mit Überbauten zu versehen, in denen Wohnungen Platz finden könnten. Auch würden inzwischen auf einstöckige Flachbauten von Bau- oder Supermärkten Geschosse aufgestockt, in denen Wohnungen, aber auch Kindertagesstätten oder Seniorenwohnungen untergebracht werden könnten. Nachhaltigkeit, da waren sich am Ende alle einig, werde ein ganz wichtiges Schlagwort für das Bauen und Wohnen in der Zukunft sein. Und den Appell von Rechtsanwalt Hesse beanspruchten alle Mitdiskutanten ebenfalls für sich: Wer bauen will, sei gut beraten, dies so frühzeitig wie möglich zu planen – egal, ob es um das Ansparen von Eigenkapital geht oder die Planung des Hauses an sich. Für die Veranstalter war das Echo klarer Rückenwind für den Plan, dass das erste Immo-Forum nicht das letzte gewesen sein soll.