Olpe. Landes-Pläne sehen Streichung von 35 Prozent der Mittel vor. Der Verein sieht dadurch den Fortbestand seiner Arbeit in Gefahr.
Es hat sich viel getan beim Thema Aids. War eine Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus, fast immer abgekürzt mit HIV, viele Jahre lang ein Todesurteil, ist dank moderner Medizin inzwischen ein Leben mit dem Virus möglich. Die sogenannte Antiretrovirale Therapie sorgt dafür, dass durch konstante Einnahme von Medikamenten die Virenlast im Körper der erkrankten Person so niedrig gehalten wird, dass aus HIV kein Aids mehr wird, dass also die schmerzhaften und letztlich tödlichen Folgen der Krankheit ausbleiben. Das hat dafür gesorgt, dass die Seuche für viele so in den Hintergrund gerückt ist, dass sie die weiterhin bestehende Gefahr einer Ansteckung vergessen. Genug Anlass also für die Aidshilfe im Kreis Olpe, ihre 1986 begonnene Arbeit auch weiterhin fortzusetzen und insbesondere jüngere Menschen darüber aufzuklären, was HIV und Aids eigentlich genau sind und vor allem, wie man sich vor einer Ansteckung schützt. Ein ganz wichtiges Standbein dabei ist das, was unter dem Begriff „Youthworking“ läuft, wörtlich übersetzt Jugendarbeit, aber hier speziell die gezielte Aufklärung junger Menschen meinend. Dafür ist Lisa Thomas bei der Aidshilfe angestellt, sie wird von Schulen angefordert, aber auch von anderen Einrichtungen, wo vorwiegend junge Menschen anzutreffen sind.
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Längst steht trotz des Namens nicht nur das Thema Aids im Mittelpunkt, vielmehr geht es dabei um alle sexuell übertragbaren Krankheiten, von denen einige wieder häufiger auftreten. Die Mitarbeiter der Aidshilfe vermuten, dass dies dadurch geschieht, dass angesichts des medikamentenbedingten Abmilderns der Aids-Gefahren wieder weniger Menschen beim Sex auf schützende Verhütungsmittel setzen. Diese letztlich lebensrettende Arbeit der Aidshilfe wird vom Staat gefördert. Doch nun schlagen die Mitglieder des Vereins Alarm. Gabriele Putlitz-König, seit vielen Jahren Vorsitzende der Aidshilfe im Kreis Olpe: „Das Land muss sparen und hat vorgeschlagen, die Mittel für unsere Aufklärungsarbeit in den Schulen um 35 Prozent zu kürzen.“ Bislang fließen rund 65.000 Euro im Jahr für die Arbeit von Lisa Thomas und die damit verbundene Arbeit im Büro, dies soll um rund 22.000 Euro abgesenkt werden. „Die Nachfrage ist groß, und keiner sagt uns, wie wir mit einer solchen Streichung weitermachen sollen“, kritisiert Simon Gierse, der als Berater bei der Aidshilfe arbeitet. Denn die Aufklärungsarbeit in den Schulen durch die Aidshilfe sei sehr erfolgreich: „Wir handhaben das von Anfang an so, dass unsere Leute allein in den Klassen sind, ohne Lehrer“, so Gabriele Putlitz-König. „Das hat sich bewährt, denn es geht ja um intime Dinge, und die Schülerinnen und Schüler sind erheblich freier und offener, wenn keine Lehrkraft dabei ist.“
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Die Aidshilfe will nun einerseits die Öffentlichkeit auf die Misere aufmerksam machen, andererseits die zuständigen Politiker ansprechen und auch beim Kreis Alarm schlagen. „Wir haben ja immer schon mit knappen Mitteln über die Runden kommen müssen“, so Simon Gierse, die Spenden an die Aidshilfe seien stark zurückgegangen, ebenfalls analog zum medialen Verschwinden des Themas. „Dabei ist es weiterhin eine unbehandelt tödliche, unheilbare Krankheit, vor der man sich schützen kann, wenn man aufgeklärt ist.“
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Die beiden heimischen Vertreter des Landtags der Regierungs-Koalition wissen um das Thema, sehen aber derzeit keine Lösung. Jochen Ritter (CDU) erklärte auf Anfrage unserer Redaktion, alle Ressorts seien verpflichtet worden, Beiträge zur Haushaltskonsolidierung zu liefern. Diese hätten Niederschlag im Entwurf des künftigen Haushalts gefunden. „Wer daran etwas ändern will, muss einen Vorschlag mitbringen, wo das dafür nötige Geld herkommen soll.“ Und Dr. Gregor Kaiser (Grüne) ergänzte: „Wir müssen insgesamt 4 bis 5 Milliarden Euro streichen. Das Haushaltsvolumen ist durch die Inflation, durch die Lohnkostensteigerungen und die vielen anderen bekannten Ursachen derart gestiegen, da muss an vielen Stellen gekürzt werden, auch wenn es wehtut. Das ist nicht gut und es macht auch wahrlich keinen Spaß, aber es sind einfach Einschnitte nötig.“ Gerade im Gesundheitsbereich, so Kaiser, seien viele Mittel gebunden, sodass das zuständige Ministerium beispielsweise beim Kostenfeld Beratung Kürzungspotenzial habe. „Zufriedenstellend ist das wahrlich nicht, gerade bei der Aidshilfe, wo wir Grünen seit 40 Jahren dafür arbeiten, dass dort eine entsprechende Infrastruktur bestehen kann.“ Kaiser hat die Hoffnung, dass es alternative Finanzierungsmöglichkeiten über Bund oder EU geben könnte, sieht aber letztlich die Ursache beim Bund: „Der ist letztlich für die Ausgangslage verantwortlich, der uns zum Handeln zwingt.“ Und Ritter weist darauf hin, dass mal noch kein Beschluss gefasst worden ist: „Es ist ja bisher lediglich ein Entwurf, und die Diskussionen haben gerade erst begonnen“, macht er der Aidshilfe ein wenig Hoffnung.