Kreis Olpe. Bei Herscheid wurde ein Wolfsrudel nachgewiesen. Nicht weit entfernt in Hülschotten lebt Familie Maag mit ihren Kühen. Sie ist in großer Sorge.
Die Gefahr ist real und so nah wie nie zuvor: Im Ebbegebirge, das die Gemeindegrenzen von Finnentrop streift und über Attendorner Stadtgebiet verläuft, hält sich ein Wolfsrudel auf. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes, kurz LANUV, bestätigte jetzt in einer Pressemitteilung einen Wolfsnachweis im Märkischen Kreis: „Durch eine Fotofalle konnten am 27. August 2024 drei Welpen und zwei erwachsene Tiere (ein Männchen und ein Weibchen) bei Herscheid nachgewiesen werden. Insgesamt besteht das Rudel nach derzeitigem Kenntnisstand aus den beiden Elterntieren (...) und drei diesjährigen Welpen.“ Eine genetische Identifizierung der Wölfin beruhe auf den Untersuchungen des Senckenberg-Forschungsinstituts in Gelnhausen.
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Für die Landwirte Rüdiger (45) und Nicole (39) Maag ist diese Nachricht eine beunruhigende. „Natürlich machen wir uns große Sorgen um unsere Tiere“, berichtet die gelernte Erzieherin und ausgebildete Bauernhof-Erlebnispädagogin, die gemeinsam mit ihrem Mann einen Mutterkuhbetrieb (rund 20 Kühe und Kälber) im Nebenerwerb führt. Und zwar in Hülschotten, also nur wenige Kilometer von der nachgewiesenen Wolfssichtung bei Herscheid entfernt. Bekannt ist seit Längerem: Mutterkuhhalter sehen sich einer wachsenden Gefahr von Wolfsrissen ausgesetzt.
Einen einzelnen Wolf, davon ist Rüdiger Maag überzeugt, würde seine Herde noch aufhalten können, aber ein ganzes Rudel? „Da wären unsere Tiere machtlos“, betont der Landwirt, der im Beirat des Vereins Mutterkuhhalter NRW sitzt und hauptberuflich beim Baubetriebshof in Plettenberg arbeitet. Genauso wie seine Frau sorgt er sich um das Wohl seiner Tiere, die von Frühjahr bis Herbst tags und nachts auf der Weide stehen – einem Wolfsrudel mehr oder weniger schutzlos ausgesetzt.
Nachts aus dem Schlaf gerissen
Der Bau eines Zauns würde zwar vom Land gefördert, ist laut Maag, der amtierender Schützenkönig in dem kleinen Dorf oberhalb von Heggen ist, aber weitgehend ineffektiv. Das gehe schon damit los, dass das Aufstellen im hügeligen Sauerland eine topografische Herausforderung darstelle, und selbst ein zwei Meter hoher Elektro-Zaun würde ein hungriges Wolfsrudel nicht abhalten. Zudem, und hier sieht Maag das größte Problem, würde er ein Gefängnis für die eigenen Kühe schaffen, die im Fall eines Wolfsangriffes nicht mehr flüchten könnten.
„Da wären unsere Tiere machtlos.“
Schließlich müsste ein solcher Zaun, der gewisse Sicherheitskriterien erfüllen muss (mit Blick auf Höhe und Anzahl der Litzen), regelmäßig von Bewuchs freigeschnitten werden. Ein weiteres Problem: Sollte der Wolf tatsächlich zuschlagen, „dann können wir den Rest unserer Herde in die Klapsmühle bringen“, zeichnet Maag ein Bild, das klar macht: die Tiere wären psychisch enorm beeinflusst. „Würden sie nach einem solchen Fall nur einen Hund sehen, würden sie schon durchdrehen.“
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Die Familie muss also mit einer Angst leben, die erst vor wenigen Tagen greifbar wurde. Mitten in der Nacht sei die Familie, zu der die beiden Kinder Lena (10) und Anton (8) gehören, durch das Blöken ihrer Leitkuh aus dem Schlaf gerissen worden, berichtet Nicole Maag. Sofort eilten sie zur Weide und waren froh, dass es kein Wolfsangriff war. Der Schreck fuhr den Landwirten dennoch in die Glieder. Nicole Maag: „Unser Schaf und unsere Ziege können wir nachts in den Stall holen, unsere Kühe aber nicht.“ Deswegen fordert auch Rüdiger Maag, dass auf politischer Ebene etwas geschehen muss, um den geschützten Wolf zurückzudrängen. „Denn in der Nutztierhaltung brauchen wir ihn ganz gewiss nicht“, drückt sich der Hülschotter Landwirt noch vorsichtig aus.