„Ich gehe mit einem weinenden und einem lachenden Auge“, sagt die 46-Jährige, die Mutter von drei Kindern im Alter von 14, zwölf und drei Jahren ist und mit ihrer Tätigkeit in der Attendorner Kinderarztpraxis eine Familien-kompatible Alternative gefunden hat. „Mein Mann ist Berufsfeuerwehrmann in Köln und hat, ebenso wie ich, Schichtdienst. Da bleiben nicht viele Möglichkeiten für gemeinsame Familienwochenenden“, erklärt Meike Wortmann, die, wie sie sagt, immer mit viel Herzblut in der Klinik und Intensivmedizin gearbeitet habe. Entsprechend lang sei der Denkprozess bezüglich einer Veränderung gewesen. „Ich freue mich nun sehr auf die ambulante Versorgung und darauf, die jungen Patienten kennenzulernen und begleiten zu dürfen.“ Die Fachärztinnen für Kinder- und Jugendmedizin Gies und Wortmann kennen sich von ihrer gemeinsamen Zeit in der Klinik Lüdenscheid. „Eine Praxis allein, das war nie unser Ziel. Wir gemeinsam als Team, das passt“, so die beiden. 

Seit 2017 praktiziert Bernadette Gies (38) als Kinderärztin in ihrer Heimatstadt. Im ersten Jahr als Angestellte von Dr. Dieter Becker, der 1986 seine Praxis am Klosterplatz 2 eröffnete. Die Geschichte der Praxis indes geht zurück bis in das Jahr 1946, als sich Dr. Gertrud Becker, zweite Tochter des Heldener Kaufmann Becker und seiner Frau Therese, geb. Belke, im Haus Kost an der Kölner Straße/Ecke Breite Straße mit einer Praxis für Kinderheilkunde niederließ. Einige Jahre später zog man in den Nordwall und schließlich in die Waldemei, wo die Praxis bis 1985 ihren Standort hatte. Viele Menschen der Region werden sich noch gut an die Zeiten in der Waldemei erinnern. Die Praxis Dr. Becker war bis in die 2000er die einzige Kinderarztpraxis in Attendorn mit einem Einzugsgebiet weit über die Stadtgrenzen hinaus. 

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Mit Meike Wortmann wird die Lücke in der kindermedizinischen Versorgung im Kreis Olpe ein wenig kleiner. Von den sieben Kommunen verfügen lediglich Attendorn und Olpe über Kinderärzte: in Olpe eine Praxis mit vier Ärzten und Ärztinnen sowie in Attendorn zwei Praxen mit nun jeweils zwei Ärzten und Ärztinnen. Im Frühjahr 2024 war es noch durch die Presse gegangen, dass die kinderärztliche Versorgung vor einer bedrohlichen Situation stehe und die Praxen längst ihre Kapazitätsgrenzen erreicht haben. Laut Bedarfsplanung ist weiterhin ein Sitz vakant.

„Schon mein Vorgänger, Dr. Dieter Becker, hatte mit Dr. Lorenz Koch einen Partner. Die Praxis war also immer auf zwei Ärzte ausgelegt. So musste ich bisher bei der Patientenaufnahme sehr einschränkend arbeiten. Anfangs habe ich aktiv gesucht, da hat sich nichts ergeben. Nun habe ich mit Meike Wortmann die richtige Partnerin für eine Gemeinschaftspraxis gefunden“, so Gies, die mit Hinblick auf den Zuwachs in den letzten Wochen bereits neue Patienten aufnehmen konnte. Davor war es so, dass nur Geschwisterkinder behandelt werden konnten. Der Einzugsbereich der Praxis geht bis nach Lennestadt und Kirchhundem und darüber hinaus. Auch bis nach Bad Fredeburg, wo Dr. Dietmar Seidel im Frühsommer seine Tätigkeit beendete.

Vor zwei Jahren zog die Praxis Gies innerhalb der Stadt um in neue moderne und größere Praxisräume, barrierefrei und mit ausreichend Parkplätzen. Vier Behandlungsräume stehen hier zur Verfügung. Unterstützung kommt von einem vierköpfigen Team. Zwei Mitarbeiterinnen haben in der Praxis ihre Lehre gemacht, die beiden anderen sind seit mehr als 20 Jahren dabei.