Vahlberg. 15 Meter tiefer Tagesbruch über der Grube Vahlberg: Ehemaliger Erzabbau ist zusammengebrochen. Betonplombe soll Loch dauerhaft verschließen.
Bis vor einigen Wochen befand sich zwischen dem höchstgelegenen Wohnhaus der kleinen Ortschaft Vahlberg und dem Firmengelände von Daniel Kersting ein kleines Wäldchen. Nun tut sich hier eine Schlucht auf, in der ein komplettes Haus verschwinden könnte. Hier hat sich der Berg aufgetan. Ein Teil des Bergwerks „Vahlberger Zug“ ist eingestürzt und hat für das gesorgt, was die Bergleute „Tagesbruch“ nennen. Unternehmer Daniel Kersting, der in den Räumen der früheren Firma Horn seinen Forstservice- und Gartenbaubetrieb untergebracht hat, war auch derjenige, der den Einsturz entdeckte. „Ich war mit meinem kleinen Sohn unterwegs und ging über das Firmengelände, als ich plötzlich diesen gigantischen Krater sah.“ 15 Meter im Durchmesser und 15 Meter tief. Kersting: „Mein erster Gedanke war: Da muss ein Meteorit eingeschlagen sein. Anders erklärte sich das mir nicht. Erst als ich sah, dass die Baumkronen darüber unversehrt waren, kam mir der Gedanke an den Bergbau.“
Dass das heutige Dorf Vahlberg aus einer Bergbausiedlung entstand, ist kein Geheimnis, und Straßennamen wie „Gutehoffnungsring“ oder „Grubengasse“ und „Seilbahnstraße“ erinnern ebenso an die Montanhistorie wie ein Schild am Ortseingang und eine als Denkmal aufgestellte Lore. Dass aber der Bergbau sich derart lautstark zurückmeldet, ist hier die Ausnahme. Ältere erinnern sich, dass früher immer wieder mal kleinere oder größere Trichter entstanden, die dann meist mit Aushub oder Müll verfüllt und längst nicht immer den Behörden gemeldet wurden, aber Tagesbrüche dieses Ausmaßes sind alles andere als die Regel.
Daniel Kersting informierte das zuständige Bergamt, heute Teil der Bezirksregierung in Arnsberg, und die Fachleute kamen nach Vahlberg, um den Tagesbruch zu untersuchen. Mit schwerem Bohrgerät wurden seitliche Prüflöcher in den Untergrund getrieben. Peter Hogrebe ist der zuständige Sprecher der Bezirksregierung und Bergbau-Fachmann. Er berichtet auf Anfrage unserer Redaktion: „Wir haben sehr schnell feststellen können, dass es an dieser Stelle weder einen Schacht noch einen Stollen gab, es ist also ein Abbau eingestürzt, der sich bis zur Erdoberfläche fortgesetzt hat.“ Als sich durch die Bohrungen feststellen ließ, dass im umliegenden Fels weitere Lockerungen entstanden waren, kam ein Bagger zum Einsatz, der sämtliches lockeres Material abtrug bis zum soliden Fels. Dann wurde eine erste Schicht Beton eingebracht, die derzeit abbindet. Sobald sie eine ausreichende Tragkraft erreicht hat, wird weiterer Beton in großen Mengen in den Hohlraum gegeben, bis auf diese Weise ein solider, riesiger Pfropf über dem Tagesbruch entstanden ist. Dieser wird dann mit Abraum und Erdreich verfüllt, „das wird so in 14 Tagen der Fall sein“, so Hogrebe. Und dann könne davon ausgegangen werden, dass an dieser Stelle nie wieder etwas nachrutscht oder einbricht.
Bergbau im Wendener Land
Heute fast vergessen, ist das Wendener Land eine Region mit einer reichen und alten Montangeschichte. Wichtige Erzbergwerke gab es beispielsweise bei Elben (Junkernberg), Ottfingen (Hauptlöh) und Wenden (Junkernberg), aber auch in Brün, Büchen, Hillmicke, Gerlingen, Altenhof und Hünsborn ist Bergbau belegt. Die Grube Vahlberg gehörte zunächst dem Kloster Drolshagen und wechselte häufig den Besitzer. 1851 wurde hier der erste Maschinenschacht weit und breit abgeteuft. Doch fünf Jahre später folgte die vorübergehende Stilllegung. Nach dem Bau der Bahnstrecke von Rothemühle nach Olpe wurde der Betrieb aber wieder aufgenommen und bis nach dem Ersten Weltkrieg als letzte Grube im Wendschen weitergeführt. Zu Höchstzeiten waren hier 500 Bergleute tätig. Im Zweiten Weltkrieg wurde versucht, den Abbau wieder aufzunehmen, aber die großen Wassermengen in den Schächten und Stollen ließen dies scheitern.
Die Bezirksregierung gehe in ihrem Einzugsbereich, der auch große Teile des Ruhrgebiets umfasst, nach einem Risikomanagement-Plan vor. „Darunter fallen Bergwerke manchmal mit 20, aber auch mit 300 Metern Teufe“, so Hogrebe, „von denen gewisse Risiken ausgehen, natürlich vorrangig solche in Wohngebieten.“ Diese würden nach und nach untersucht, um gegebenenfalls eingreifen zu können, bevor etwas passiere.
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Bezahlt wird die Sicherungsmaßnahme übrigens vom Steuerzahler. Hogrebe: „Einer der ersten Schritte, wenn so etwas passiert, ist zu prüfen, ob wir einen Rechtsnachfolger des Betreibers finden.“ Doch Gruben wie der Vahlberger Zug, die irgendwann ins Bergfreie gefallen sind, für die also niemand mehr Bergrechte geltend macht, sind Fälle für einen speziellen Fonds des Landes, der dann in Anspruch genommen wird, um die Arbeiten zu bezahlen.
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Daniel Kersting hat die Arbeiten interessiert verfolgt und sich schon aus eigenem Interesse erkundigt, schließlich war sein Firmengelände mal Teil des Bergbaubetriebs. Und auf der anderen Seite seiner Halle deckt ein Betonschachtdeckel einen Wetterschacht der Grube Vahlberg ab. „Die Fachleute haben sich das auf den Plänen angesehen und festgestellt, dass es da 360 Meter in die Tiefe geht und 60 Meter Wasser drinstehen“, so der Forst- und Gartenbauer. Dieser Wetterschacht solle vom Bergamt in naher Zukunft untersucht und dann gegebenenfalls auch verfüllt werden, sollte ein Risiko davon ausgehen.
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