Herdecke. Bürger und Häuser besser vor Hochwasser schützen: Am Herdecker Bach wird an einer Stelle das Stauvolumen erhöht. Streit gab‘s wegen eines Mauerbaus.

Über lange Zeit konnte sich an der Ecke Wittbräucker Straße/Dortmunder Landstraße die Natur ausbreiten. Doch dann zeigte das Hochwasser 2021, dass die Stadtverwaltung am Herdecker Bach vermehrt Vorkehrungen zum Schutz von Bürgern und Häusern treffen muss. Nun hat die FDP mit einem Antrag zusätzlichen Druck aufgebaut und Eile angemahnt. Nach einer Diskussion in zwei Ausschüssen hat die Fraktion ihr Anliegen zum Bau einer Staumauer aber zugunsten eines Gesamtkonzepts zurückgezogen.

Beräumung der Fläche bis März 2025

Ein Baggerfahrer von der Dortmunder Firma Boymann fährt am Dienstagmorgen mit seinem Arbeitsgerät in das Hochwasserrückhaltebecken 4 neben der B54. Hier hat die Stadt Herdecke in diesem Jahr etwa 160 Bäume (überwiegend Erlen) fällen lassen, nun steht bis Ende Februar oder März 2025 die Beräumung der Fläche an der Wittbräucker Straße/Dortmunder Landstraße an. Ziel: Das Stauvolumen der Anlage und damit den Schutz für bachabwärts liegende Grundstücke erhöhen, das soll über eine Vertiefung von rund 60 Zentimetern gelingen. Dafür entfernt die zuständige Firma die Baumstümpfe und gräbt die Beckensohle ab.  

Antrag der FDP

Schön und gut, dachte sich sinngemäß die Herdecker FDP. Ihr Ratsmitglied Christopher Huck aber regte den Bau einer Betonmauer im Hochwasserrückhaltebecken an. Zumal schon ein Fachbüro im Jahr 2021 genau dies vorgeschlagen hatte. „Das ist dringend erforderlich, wir sollten nicht auf das Gesamtkonzept warten und diese Maßnahme herauslösen. Wir haben Sorge, dass das sonst zu lange dauert, dabei dürfen wir nicht noch ein Jahr verlieren“, sagte Huck und fragte nach den Kosten von geschätzten 100.000 Euro. Unterstützung erhielt er im Fachausschuss von Andreas Disselnkötter und den Grünen sowie Oliver Haarmann von der AfD. Vertreter von der SPD und CDU äußerten sich zurückhaltend, während Nico Fischer (Die Partei) weitere Schutzmaßnahmen ansprach.

Die Argumentation der Stadt

Im Hauptausschuss erläuterte dann Dr. Lars Heismann von der Stadt Herdecke die Gemengelage. Der Bau einer Mauer im besagten Becken sei ein komplexes Planungsprojekt, das brauche Baugrunduntersuchungen, Antworten zur Fördermittelfähigkeit und einen hohen Abstimmungsbedarf, insbesondere mit dem Landesbetrieb Straßen NRW, der Deutschen Bahn, mit dem Versorger Enervie, der unteren Naturschutzbehörde des Ennepe-Ruhr-Kreises sowie den Wasserbehörden. Die Vorbereitung dauere ein bis zwei Jahre. „Aus Sicht der Verwaltung ist zwingend zuvor das ganzheitliche Hochwasserschutzkonzept zu beauftragen, welches die bisherigen Einzeluntersuchungen zusammenführen und unter anderem auch eine Empfehlung hinsichtlich der möglichen Errichtung einer Mauer am Hochwasserrückhaltebecken 4 erbringen soll“, so der Fachbereichsleiter. „Erst aufgrund dieses Konzeptes kann das Ob und Wie einer Mauer sowie ihre eventuellen Rückstauauswirkungen bewertet werden.“

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Das Gesamtkonzept solle spätestens im Herbst 2025 vorliegen, in diesem gehe es auch um die Lage und Ausgestaltung weiterer Hochwasserrückhaltebecken im Stadtgebiet. Darin soll auch stehen, welche Drosseleinstellungen und zusätzliche Schutzmaßnahmen (Erhöhung von Ufermauern, Verschluss von Öffnungen, Anpassung von Geländern etc.) es außerdem noch braucht. „Ein Vorziehen der Mauerplanung ist aus den genannten Gründen nicht sinnvoll und würde darüber hinaus auch zur Verschiebung von 2025/2026 geplanten Maßnahmen aus dem Wiederaufbauplan führen, wie zum Beispiel hinsichtlich der Ufermauern Herdecker Bach 2, Hauptstraße 98 und der Beräumung des HRB 3 an der Ender Talstraße“, hieß es. Für 2025 stehen 100.000 Euro Planungskosten im Haushalt, 2026 und 2027 seien jeweils 250.000 Euro für Baumaßnahmen vorgesehen. Mit dem Vorschlag, die weitere Sachdiskussion im Ausschuss für Umwelt, Klima und Sicherheit führen, zog die FDP den Antrag zurück. 

So sah es am Hochwasserrückhaltebecken an der B54 in Herdecke aus, ehe die Motorsäge anrückte.
So sah es am Hochwasserrückhaltebecken an der B54 in Herdecke aus, ehe die Motorsäge anrückte. © WP | Steffen Gerber

Zusätzlicher Aspekt: Auf der Fläche direkt vor dem Hochwasserrückhaltebecken standen bei entsprechenden Anlässen stets große Wahlwerbungsanlagen. Parteien nutzten die zentrale Stelle an der Ampelkreuzung Wittbräucker Straße/Dortmunder Landstraße, um Plakate (sogenannte Wesselmänner) aufzustellen. Wegen der aktuell laufenden Beräumungsarbeiten komme diese Örtlichkeit aber für die Bundestagswahl im Februar 2025 nicht in Betracht. Die Stadtverwaltung bittet alle Politiker, dies im Rahmen ihrer Vorbereitungen zu beachten.

Hochwasserschutz
Auf geht‘s: Der Baggerfahrer der Dortmunder Firma Boymann nimmt am Dienstagmorgen die Arbeit auf. © WP | Steffen Gerber