Wetter/Herdecke. Die zwei Städte haben unterschiedliche Modelle bewertet. Kämmerer rechnen mit vielen Nachfragen von Eigentümern, da es Gewinner und Verlierer gibt.
Seit Monaten sorgt die Grundsteuerreform für Verunsicherung bei jenen, die sie entrichten müssen. Das betrifft vor allem Eigentümer von Gebäuden, bebauten Anwesen und solchen mit entsprechendem Potenzial. Aber auch Mieter, auf die beispielsweise Hebesatz-Erhöhungen umgelegt werden. Im Hauptausschuss und Rat müssen sich jetzt die Fraktionen mit Verwaltungsvorlagen aus der jeweiligen Kämmerei beschäftigen, die Bürgerschaft in Wetter und Herdecke erhält wohl im Januar 2025 oder etwas später entsprechende Schreiben.
Einnahmen von mehr als sieben Millionen Euro
Rund 7,75 Mio. Euro nimmt die Stadt Wetter laut Kämmerer Andreas Wagener jährlich über die Grundsteuer B ein, sein Herdecker Amtskollege Dennis Osberg berichtet von knapp sieben Millionen. Aus kommunaler Sicht lassen sich bei dem Thema Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) aufgrund der vergleichsweise kleinen Beträge vernachlässigen. Wichtig aber im Gesamtzusammenhang: Die anzupassenden Bürgerabgaben sollen die gleichen Summen wie zuletzt in städtische Haushalte spülen, aufkommensneutral soll der künftige Hebesatz ausfallen. Diesen legt der Rat fest. Zum Zusammenspiel gehört zudem das Finanzamt, das die Werte des jeweiligen Besitzes ermittelt. Da sich diese im Laufe der Jahre unterschiedlich entwickelt haben, mahnte - so die verkürzte Version - das Bundesverfassungsgericht mehr Gerechtigkeit und daher die Reform an.
Bemessungen des Finanzamtes
Das Finanzamt leitet wie gewohnt den jeweiligen Messbescheid an Eigentümer und als Basis für Berechnungen an die Stadtverwaltungen weiter. Diese wiederum haben laut Vorgaben der NRW-Landesregierung nun zwei Möglichkeiten: Sie können der Politik einen differenzierten oder einheitlichen Hebesatz für die Grundsteuer B vorschlagen, wegen rechtlicher Risiken neigen viele Kommunen zur letztgenannten Lösung.
Herdecke für einheitlichen Wert
Nach Rechenmodellen bevorzugt die Kämmerei in Herdecke für 2025 einen einheitlichen Wert von 914 Prozentpunkten, um in Summe gleich viel einzunehmen wie die Jahre zuvor. 745 % lautet der bisherige Hebesatz für die Grundsteuer B. In Wetter liegen beide Varianten nebeneinander: Nach aktuell 755 v.H. könnte die Abgabe bei einer einheitlichen Regelung auf 967 steigen. Bei einer differenzierten Ausgestaltung kämen Nichtwohngrundstücke auf 1300 und Wohnanwesen auf 857. Sowohl Wagener als auch Osberg erläutern, dass die Senkung des Grundsteuermessbetrags (erhoben vom Finanzamt) für die Erhöhung sorge: Würden die Verwaltungen nicht reagieren, müssten beide Städte bei diesem Posten im Haushalt ein Minus von 20 oder 21 Prozent verkraften.
Wetter offen für beide Varianten
Das wirkt sich auf die Bürgerschaft aus. Wer profitiert von der Reform, wer ist der Gelackmeierte? Beide Kämmerer halten sich mit pauschalen Aussagen zurück. Zu unterscheiden sind die Gruppe Wohnen und der Rest, wozu unter anderem Geschäftsanwesen oder unbebaute Grundstücke gehören: Durch die Neuberechnungen gebe es hier wie dort Gewinner und Verlierer. Einiges spreche in Herdecke für einen einheitlichen Hebesatz, da hier dann mit 10.264 Veranlagungsobjekten (darunter 4820 Eigentumswohnungen) die Spanne diesbezüglich geringer ausfalle als in Wetter. Dabei gehe es teilweise um vier Euro Unterschied bei der jährlichen Abgabe, sagt Osberg und nennt ein Beispiel: Auf Besitzer von Einfamilienhäusern könnte 2025 eine Mehrbelastung von 60 Euro im Durchschnitt zukommen. Das haben entsprechende Analysen ergeben. Eigentümer von Wohnungen hingegen könnten durchschnittlich 33 Euro weniger zahlen als vorher.
Vor- und Nachteile
Eine Differenzierung sei womöglich in der Harkortstadt mit dem recht großen Gewerbeanteil sinnvoller, wobei sich hier Wohngrundstücke in der Breite nicht so stark verteuern sollen und eine Teilentlastung als soziale Komponente für Mieter in der Vorlage auftaucht. „Mit der Variante wären wir insgesamt näher am alten Wert als bei einer einheitlichen Regelung“, so Wagener, der in der komplizierten Diskussion verschiedene Stimmen vernommen hat. Viele sehen die Vorteile auf Seiten der Geschäftsleute, Teileigentümer oder gemischt genutzter Grundstücke. „Andere meinen hingegen, dass die Gruppe Wohnen überprivilegiert sei.“ Wie sein Kämmerer-Kollege will er trotz der größeren Spreizung in Wetter den Durchschnitt im Blick behalten, beide verkünden als Faustregel: Legt das Finanzamt einen reduzierten Messwertbetrag von mehr als 20 Prozent fest, wird weniger Grundsteuer fällig.
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Die Reform bringe individuelle Besonderheiten mit sich, Osberg rechnet in Herdecke mit durchschnittlich höheren Steuerbeiträgen für Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie von unbebauten Grundstücken. Wohnungseigentümer oder Mieter könnten 2025 tendenziell besser als zuvor dastehen. In Wetter wiederum gehe es zuvorderst darum, Mindereinnahmen in siebenstelliger Höhe zu verhindern. CDU-Fraktionsvorsitzender Peter Pierskalla hat vor einiger Zeit mal ermittelt, dass seine Mietwohnung in der Harkortstadt steuerlich um rund 53 Euro günstiger ausfallen könnte. „Das ist aber sicher nicht repräsentativ.“
Weitere Auskunft geplant
All das zeigt: Es handelt sich um ein komplexes Verfahren, auch Verbände und Institutionen mit einer bestimmten Lobby haben diverse Stellungnahmen veröffentlicht. In den Stadtverwaltungen von Wetter und Herdecke laufen Überlegungen, die Bürgerinnen und Bürger demnächst gesondert über Hintergründe zu informieren. Denn ungeachtet der Entscheidung für eine der beiden Varianten rechnen Verwaltungen mit einer hohen Zahl an Nachfragen.