Herdecke/Hagen. Das Unternehmen Amprion will seinen Überweg am Hengsteysee verkaufen und weiter offen halten. Interessant sind Vertragsverpflichtungen aus 1984.

Vor knapp einem Monat hat die Nachricht über gescheiterte Verhandlungen zur Brücken-Übernahme am Hengsteysee für Aufsehen gesorgt. In einer politischen Sitzung hieß es, dass Amprion als Eigentümerin die lang anhaltenden Gespräche mit den Städten Hagen und Herdecke abgebrochen habe. Beide Verwaltungen haben daraufhin erklärt, dass ein Neubau neben dem bestehenden Überweg eine seriöse Option sei.

Keine Sperrung zu befürchten

Bei Spaziergängern, Joggern und Radfahrern ist die Sorge groß, dass das Unternehmen die Passage am Schiffswinkel sperren könnte. Das verneint Projektsprecher Andreas Lehmann auf Anfrage: „In diesem Zusammenhang war und ist für Amprion wichtig, dass die Brücke auch weiterhin von der Öffentlichkeit genutzt werden kann. Vor diesem Hintergrund wurde zwischenzeitlich eine Reparatur beauftragt und schon umgesetzt.“ In der Tat weisen neue Holzdielen und andere Elemente am Bodenbelag auf Ausbesserungen hin.

Gespräche mit gGmbh indirekt bestätigt

Zum Verfahren kann der Sprecher nichts Neues mitteilen: „Amprion hat nach wie vor ein Interesse am Verkauf der Brücke am Hengsteysee. Dazu führen wir auch weiterhin Gespräche mit Interessenten“, so Lehmann und erwähnt nicht explizit die kürzlich gegründete gGmbH „Koepchenwerkanschlussbahn“. Diese Gesellschaft gilt weiter als Favoritin zur Übernahme. Zu den Verhandlungen gebe es derzeit keinen neuen Stand. „Wir hoffen, in den nächsten Wochen eine einvernehmliche Lösung zu finden.“

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Auch in der heimischen Politik ist die schwierige Gemengelage weiterhin ein Thema. Die Grünen haben kürzlich im Hauptausschuss unter anderem nach den Unklarheiten zum Sanierungsbedarf und dem Vorgehen der Stadt gefragt. Justiziar Dr. Lars Heismann hat im Ausschuss erläutert, dass sich die Verwaltungen in Herdecke und auch Hagen an einen bestehenden Vertrag aus dem Jahr 1984 halten wollen. Zu jener Zeit habe RWE als damalige Eigentümerin (die Übertragung an Amprion sollte 2009 erfolgen) mit den beiden Kommunen Regelungen zur Unterhaltung sowie Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich einer Querungsmöglichkeit für Fußgänger und Radfahrer getroffen. Das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk hatte die Brücke in den 1920-er Jahren als Eisenbahnanbindung zum Koepchenwerk errichtet, erst rund 60 Jahre später sollte es sowohl rechtliche als auch finanzielle Vereinbarungen zur öffentlichen Freizeitnutzung des Überwegs geben. Bis heute existieren aus jener Zeit Vorrichtungen am Bauwerk selbst, damit Passanten das Wasser überqueren können.

Schilder weisen an der Brücke zwischen dem Herdecker Schiffswinkel und dem Hagener Stadtteil Hengstey darauf hin, dass Radfahrer wegen der Gefahr durch Schienen absteigen sollen
Schilder weisen an der Brücke zwischen dem Herdecker Schiffswinkel und dem Hagener Stadtteil Hengstey darauf hin, dass Radfahrer wegen der Gefahr durch Schienen absteigen sollen © WP

In der Hinsicht stehen auch die beiden Städte trotz des Verhandlungsabbruchs weiter in der Verantwortung. „Wir haben dort weiter ein großes Interesse an einer Sicherung sowie Verbesserung des Fußgänger- und Radverkehrs, wir suchen nun bekanntlich gemeinsam mit der Stadt Hagen nach einer guten und nachhaltigen Lösung“, so Heismann. Daher auch der Ansatz, anstelle eines 40 Jahre alten Provisoriums auf einer rund 100 Jahre alten Eisenbahnbrücke über den Neubau einer Brücke nachzudenken. Der würde sicher ohne Gleise erfolgen, an denen haben beide Stadtverwaltungen kein Interesse. Die Kommunen Herdecke und Hagen haben sich mehrfach für eine durchgehend befahrbare Radstrecke ausgesprochen, seit einigen Jahren müssen oder sollten Pedaltreter ihr Gefährt aber wegen bestehender Sturzgefahren bekanntlich über die Brücke am Schiffswinkel schieben.

Schienen erhalten oder abbauen

An den Schienen und deren Erhalt hat die gGmbH wiederum großes Interesse. Die gemeinnützige Gesellschaft „Koepchenwerkanschlussbahn“ will die Gleise erhalten, damit darüber eines Tages mal ein Museumszug oder ähnliches zum Denkmal fahren kann.

„Unser Ansprech- und Vertragspartner ist weiter Amprion“, erklärt Heismann. Sollte der Übertragungsnetzbetreiber seinen Überweg am Hengsteysee verkaufen, müssten die Hagener und Herdecker Stadtverwaltung wieder in weitere Verhandlungen treten. Derzeit zeichnet sich aber keine allumfassende Lösung ab, mit der alle Beteiligten zufrieden sein könnten. Es bleibt spannend.