Herdecke. Möglicher Nachfolger in Sicht: Vielversprechende Verhandlungen laufen. Trotzdem gibt es einen Termin vor dem Arbeitsgericht.
„Auf diesen Termin hätte ich gern verzichtet“, macht Konditormeister Guido Behrens (64) leichtem Unmut Luft. Wer erscheint schon gerne vor dem Richter?
Vielversprechende Verhandlungen
Der Chef des Traditionscafés Wenning kann vor dem Arbeitsgericht Hagen aber trotzdem strahlen: Es sieht alles danach aus, dass die allseits beliebte Herdecker Institution für köstliche Torten, leckeren Kuchen und duftenden Kaffee über das Jahresende hinaus erhalten bleibt. Auch wenn es noch nicht zu 100 Prozent in trockenen Tüchern ist: vielversprechende Verhandlungen laufen. Es steht offenbar ein geeigneter Nachfolger bereit, der als neuer Konditorei-Betreiber antreten möchte. Wenn auch der Vermieter damit einverstanden ist. Behrens zeigte sich am Montagmittag voller Zuversicht.
Wohlverdienter Ruhestand
Wie diese Zeitung bereits Anfang April berichtete, wollen sich die Eheleute Claudia und Guido Behrens, die in der Herdecker Innenstadt seit nahezu 20 Jahren das Café Wenning führen, in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden. Schon seit längerem wurde deshalb ein Nachfolger gesucht, der es schafft, in die großen Fußstapfen zu treten und die Traditionskonditorei erfolgreich weiterzuführen. Fast anderthalb Jahre blieb die Suche zunächst ohne Erfolg. Lange Zeit sah es so aus, als ob ein Stück gemütlich-kulinarischer Kaffeehauskultur für immer aus dem Stadtbild verschwinden würde. „Für Herdecke wäre das der Super-Gau“, ist sich Konditormeister Behrens sicher. Vor Arbeitsrichter Fabian Wißner erklärt er trotzdem sehr deutlich: „Dass meine Frau und ich zum Jahresende aufhören werden, ist definitiv.“
Sorge um die Zukunft des Personals
Deshalb hätte er sich auch um die berufliche Zukunft seines Personals gesorgt. „Neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, allesamt Top-Kräfte“, lobt der Chef von Café Wenning sein Team in höchsten Tönen, „die meisten schon seit vielen Jahren mit dabei. Ein Konditor beispielsweise seit über 30 Jahren. Solche treuen Beschäftigten kann man doch nicht einfach vor die Wand laufen lassen.“ Vorausschauend habe er sich an die Kreishandwerkerschaft gewandt und Rat geholt. Die Juristen dort hätten ihm dringend zu dem Schritt geraten, der ihm äußerst schwergefallen sei, betont Guido Behrens. Ende Mai habe er alle neun Angestellten zu Ende Dezember 2024 wie empfohlen gekündigt. Es klingt wie eine Entschuldigung, wenn der Café-Chef im Arbeitsgericht erklärt: „Es wäre von mir töricht gewesen, jemanden freiwillig vor die Tür zu setzen. Aber mir wurde gesagt, ich müsste sie vorsorglich entlassen. Dementsprechend habe ich mich verhalten. Ich bin Handwerker, kein Jurist.“
Hervorragendes Team
Mit den gekündigten Angestellten laufe der Konditorei-Betrieb nun unverändert weiter, er glaube auch nicht, dass sie Ende des Jahres arbeitslos würden. Guido Behrens: „Schließlich ist doch jeder Interessent, der neuer Betreiber von Café Wenning werden will, auf dieses hervorragende Team angewiesen. Ein zukünftiger Inhaber müsste sehr daran interessiert sein, alle zu übernehmen.“ Doch die weiterhin bestehende Ungewissheit über die berufliche Zukunft bedrängt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: „Ich habe deshalb allen Neun versprochen: Bis zum 31. Augst wird es eine Lösung geben.“
Eine Servicekraft klagt
Eine Servicekraft (34) aus dem Café, die dort seit 11 Jahren beschäftigt ist, wollte sich offenbar nicht so lange gedulden. Sie hat als einzige gegen ihre Kündigung eine Klage eingereicht. Deshalb wurde jetzt der Gütetermin vor dem Arbeitsgericht nötig. Die Klägerin selbst fehlte entschuldigt, sie schickte stattdessen ihre Anwältin Bettina Birk (Herdecke) zur Verhandlung. Diese erklärte, dass die Klage zunächst nicht weiterverfolgt werde und zunächst ruhen soll, bis die Nachfolge-Situation endgültig geklärt sei.
Warten auf das Glas Sekt
Konditormeister Guido Behrens ist guter Dinge, dass es das „Café Wenning“ auch in ferner Zukunft noch in Herdecke geben wird: „Wir waren in Nachfolge-Verhandlungen noch nie so weit wie jetzt. Jetzt kommt es auf alle Beteiligten an“, äußert sich der Noch-Betreiber optimistisch auf dem Gerichtsflur: „Wenn wir alle frühmorgens mit einem Glas Sekt anstoßen können, ist es fix. Aber vorher noch nicht.“