Herdecke. In der Innenstadt ist Café Wenning eine besondere Adresse für Torten, Kuchen und Pralinen. Doch die Betreiber wollen aufhören.

In Herdecke ist es eine Institution mit Tradition: Das Café Wenning ist über die Stadtgrenzen hinweg bekannt. Generationen haben in den Räumlichkeiten an der Hauptstraße 2 bereits gefrühstückt, Kuchen und Torten genossen oder sich durch die selbstgemachten Pralinen probiert. Seit 2005 führen Claudia und Guido Behrens das Unternehmen. Daher sucht das Inhaber-Ehepaar aus Altersgründen eine Nachfolge-Lösung. Bisher vergeblich.

Kraft und Energie fehlen

„Das Café Wenning zu führen, bedeutet Verantwortung für das Sortiment, für die Qualität, für die Mitarbeitenden, für die Räumlichkeiten“, sagt Guido Behrens, für den das Café – ebenso wie für seine Frau Claudia – seit fast 20 Jahren Lebensinhalt ist. Eine 70-bis 80-Stunden-Wochen inklusive. Ein Pensum, das Kraft erfordert. Und Energie. Beides fehlt den Betreibern zunehmend. „Die letzten Jahre haben uns sehr gefordert“, erklärt der 64-Jährige ehrlich. „Man merkt einfach, dass man älter wird.“

Wir haben gute Umsätze und ein tolles Team, nur keinen mehr auf der Ersatzbank.
Guido Behrens - Konditormeister und Inhaber Café Wenning

Zeit für eine Veränderung

Altersgründe sind es auch, aus denen der Konditormeister und seine Frau (60) das Traditionscafé in neue Hände geben möchten. Und auch die Gesundheit spiele eine Rolle, so Behrens. „Wir sind nicht krank“, betont er. „Aber wenn wir so weitermachen, wenn wir weiter an unsere Grenzen gehen, werden wir es.“ Für ihn und seine Frau werde es Zeit für eine Veränderung – und die möchten beide noch selber lenken. „Jetzt sind wir noch in der Lage, zu reagieren. Treiben wir es weiter bis zum Exzess, bis zur Erschöpfung, dann macht das Leben das für uns.“

Nachfolger-Suche gestaltet sich schwierig

Guido und Claudia Behrens haben die Weichen für eine Geschäftsübergabe gestellt: Schon seit einem Jahr suchen sie über die Handwerkskammer Dortmund deutschlandweit nach einem Nachfolger. Zwei unverbindliche Anfragen gab es seitdem, ein Gespräch oder eine Besichtigung kam nicht zustande. „Der Zeitpunkt für eine Geschäftsübergabe ist gerade denkbar schlecht“, weiß Guido Behrens. Aktuell gebe es mit Inflation, steigenden Energiekosten und der allgemeinen wirtschaftlichen Situation viele Herausforderungen, die gemeistert werden müssten. Zwar hatte das Ehepaar schon vor Corona damit begonnen, sich über eine Nachfolgeregelung Gedanken zu machen – doch dann kam die Pandemie. „Und in Coronazeiten brauchte ich keinen zu fragen“, so Behrens.

Keine betriebswirtschaftlichen Gründe

Betriebswirtschaftliche Gründe spielen für die Entscheidung des Ehepaars jedenfalls keine Rolle. Das Café hat Corona „super überstanden“, wie Guido Behrens herausstellt. Er fährt fort: „Wir haben gute Umsätze und ein tolles Team, nur keinen mehr auf der Ersatzbank.“ Für die 19 Mitarbeitenden, darunter neun Festangestellte, war die Nachricht ein „Schockmoment“, berichtet der Konditormeister. Man merkt ihm an, dass ihm der geplante Abschied nicht leicht fällt. „Das hat uns viele schlaflose Nächte gekostet“, sagt der Café-Betreiber. „Das ist ja auch nichts, was man einfach aus dem Bauch heraus macht.“

Verantwortung fürs Team und für Herdecke

Guido Behrens und seine Frau wissen, was diese Entscheidung auch für Herdecke bedeutet. Und für sein Team. „Darum ist es uns sehr wichtig, diese Veränderung gemeinsam mit den Mitarbeitenden zu meistern“, sagt er. Auch, dass jemand aus der Belegschaft das Café übernimmt, ist für ihn denkbar. Mit einer Einschränkung: „Einer alleine kann das nicht stemmen. Eine Partnerlösung ist wichtig“, so Guido Behrens, der das Café aktuell als Familienbetrieb mit seiner Frau und mit Unterstützung von Tochter Lara führt. Die Frage, ob die Vertreterin der nachkommenden Generation nicht die Nachfolge antreten möchte, verneint der jetzige Chef. „Zumindest nicht, wenn sie es eigenständig übernimmt. Dann wären meine Frau und ich als Familie weiter mit drin.“ Möglich sei jedoch eine Konstellation mit einem Investor und Tochter Lara als Mitarbeiterin. Generell könne man in viele Richtungen denken, betont Behrens.

Café Wenning

Gegründet wurde Café Wenning von Heinrich und Maria Wenning. Nach dem Tod ihres Mannes heiratete Maria Wenning Walter Richard, der das Café weiter führte.

Tochter Birgit Wenning übernahm das Café gemeinsam mit ihrem Mann Gerd Jeskowiak.

2005 übergaben sie das Geschäft an Claudia und Guido Behrens.

„Ein Stück Herdecke“ am Leben erhalten

Der Wunsch des Betreiber-Ehepaars ist es, jemanden zu finden, der das Café Wenning und damit auch „ein Stück Herdecke“, wie Guido Behrens sagt, als Institution am Leben erhält. Bis zum Ende des Jahres möchten sich die jetzigen Inhaber dafür noch Zeit geben. Sie wissen, dass ihre Entscheidung grundlegende Veränderungen mit sich bringt. „Aber die muss nicht unbedingt schlecht sein“, so der 64-Jährige. Er ist zuversichtlich: „Ich glaube, dass es eine gute Wendung sein könnte.“ Sollte bis Ende des Jahres kein Nachfolger gefunden sein, wäre das für ihn und seine Frau der „Worst Case, etwas, das wir nicht wollen“, macht Guido Behrens deutlich. Aber: „Wir möchten und wir müssen uns zurückziehen. Unser Lebenszeit-Arbeitskonto ist mehr als voll.“