Herdecke. Die Jamaika-Koalition wollte der Politik verlässliche Mehrheiten geben. Die Gemeinsamkeiten scheinen aufgebraucht. Das ist der Stand.

Seit Wochen wird das erweiterte Gewerbegebiet am Gahlenfeld in der Politik diskutiert. Genauer: ein Teil davon, ein Grünstreifen, den die Grünen unter Schutz gestellt haben wollten. Nur die Grünen. Besonders den Koalitionspartner CDU hat das verärgert. So sehr, dass für die stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Stadtverbandschefin Doris Voeste klar ist: „Es stellt sich die Koalitionsfrage.“

Kritik an den Grünen

In bereits zwei Fachausschüssen waren die Grünen für die Abtrennung einer Grünfläche von der vorgesehenen Gewerbefläche eingetreten. Als sie jetzt im Rat an dieser Forderung festhielten, platzte dem CDU-Ratsherrn und Vorstandsmitglied der Partei Dr. Georg Torwesten der Kragen: „Das ist ideologie-basierte Verweigerungspolitik“, wetterte er in Richtung des grünen Koalitionspartners. Auch Doris Voeste bekennt sich zu ihrer Verärgerung.

„CDU-Markenkern ist berührt“

Im Koalitionsvertrag gebe es klare Abmachungen. Nun kämen die Grünen eigenständig auf anderen Wegen mit zusätzlichen Forderungen. Und das bei einem zentralen Thema für die Weiterentwicklung der Stadt. Die dringend nötige Ausweitung von Gewerbeflächen sei „CDU-Markenkern“, so Doris Voeste. Die grünen Extra-Touren seien „befremdlich“. Da müsse die Frage nach einem weiteren Zusammengehen gestellt werden dürfen: „Wir sind ja nicht verheiratet.“

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Zankapfel für die Koalition: Das Gewerbegebiet Gahlenfeld soll verlängert werden. Streit gibt es um einen grünen Streifen links neben der Freifläche. © WP | Hans Blossey

Andreas Disselkötter, Fraktionschef der Grünen im Herdecker Rat, kann einen Konflikt mit Geist oder Buchstaben des Koalitionsvertrages nicht sehen. Die Grünen seien ja auch weiterhin für Gewerbeansiedlung im Bereich Gahlenfeld IV. Nur eben auch für die Unterschutzstellung des Grünstreifens am Rande. Allerdings räumt auch er zur Koalition ein: „In einigen Sachfragen sind wir in jüngster Zeit unterschiedlicher Auffassung.“

Dissenz im Verkehrsausschuss

Eine dieser unterschiedlichen Auffassungen wurde jetzt im Verkehrsausschuss deutlich. Aus Reihen der SPD war ein Tempo-70-Limit auf der Umgehungsstraße angeregt worden. Die Grünen waren dabei. Der CDU ging das zu weit. Sie stimmte dagegen. Die FDP enthielt sich. Grünen-Ratsherr Axel Störzner spürte zum Ende der Diskussion über Lärm und Verkehrsgefährdung, „dass wir in einer Zeit leben, in der wir Dinge anders machen sollten. Ich spüre das in diesem Ausschuss nicht.“

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Andreas Disselnkötter verweist darauf, dass es auch weiterhin gemeinsame Anträge im Namen der drei Fraktionen gibt. Das gilt etwa für das Thema Sparkassenbus. CDU, Grüne und FDP erhoffen davon gleichermaßen einen besseren Service für die Kunden. Aber auch die Grünen werden sich mit dem Zustand und einem möglichen Fortbestand der Koalition beschäftigen, kündigt Disselnkötter an. Allerdings erst nach den Ferien.

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Von den beiden anderen Koalitionsparteien habe er bisher noch kein Signal bekommen, dass die Koalition in Frage stehen könnte, sagt Disselnkötter. Die FDP erklärt auf Nachfrage der Redaktion, dass die Koalition Thema sei bei der nächsten Sitzung der Fraktion. Vor einem halben Jahr hatten es CDU, Grüne und FDP nicht geschafft, trotz rechnerischer Mehrheit die Technischen Betriebe in Teilen zu privatisieren. Damit habe der aktuelle Missmut nichts zu tun, versichern Andreas Disselnkötter und Doris Voeste übereinstimmend. Die CDU-Politikerin: „Es geht rein ums Thema Gahlenfeld.“