Hagen-Mitte. In beiden Einkaufspassagen - Rathaus-Galerie und Volme-Galerie Hagen - gibt‘s auf Gastroflächen viele Leerstände. Ein Besuch der „Food Courts“:

Ein Blick in die Innenstadt. . . Sind Food Courts, also Gastrobereiche in Einkaufspassagen, ein Auslaufmodell? Wer durch beide Shopping-Malls in der Hagener Innenstadt flaniert, könnte das meinen. In der Rathaus-Galerie wirkt der Seitenschenkel beinahe verlassen, lediglich zwei Gastrobetriebe - Asiahung und Mr. Phans - sind dort am Start sowie ein gut frequentierter Obst- und Gemüseverkaufsstand.

M. Kleinrensing WP Hagen Einzelhandel
Der Obst- und Gemüseverkaufsstand (im Foto links) ist bei vielen Kunden beliebt, doch der Rest der Gastrozone in der Rathaus-Galerie Hagen wirkt fast verwaist. © WP | Michael Kleinrensing

Nur wenige Vrelockungen

Das Bild in der benachbarten Volme-Galerie sieht ähnlich aus. Nur Asia Hoang und Balkan Griliz locken City-Bummler in den Gastrobereich in der oberen Etage.

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Auch im Food Court der Volme-Galerie Hagen „steppt nicht der Bär“. © WP | Michael Kleinrensing

Dennoch betonen beide Center-Leitungen - Philip Stabenow führt seit gut zwei Jahren Regie in der Rathaus-Galerie, Lisa Radau ist seit knapp vier Jahren für die Volme-Galerie zuständig - dass Food Courts keineswegs Auslaufmodelle seien und es gäbe schlüssige Gründe für (temporäre) Leerstände. Außerdem gehöre ein Gastrobereich genau wie Einzelhandel und eventuell Flächen für Dienstleister zum Portfolio einer Einkaufspassage einfach dazu.

Keine Gäste, sondern Kunden

Unter einem Food Court versteht man einen Bereich, in dem es unterschiedliche Restaurants und Imbissbuden gibt. In den meisten Fällen teilen sich die verschiedenen Gastronomen eine Sitzfläche. Tische und Stühle sind häufig in der Mitte - wie in der Volme-Galerie - platziert. Wenn von Food Courts die Rede ist, spricht man nicht von Gästen, sondern von Kunden, da es meist kein Service-Personal gibt, welches das Essen zum Platz bringt. Der Kunde bestellt vielmehr sein Gericht oder seinen Snack an der Theke und nimmt dann an einem Tisch auf der Gemeinschaftsfläche Platz (vergleichbar mit einer Kantine).

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Seit über einem Jahr ist die Fläche von „Na Ri‘s Currybar“ in der Rathaus-Galerie Hagen (im Bild links) nicht bespielt. © WP | Michael Kleinrensing

Die Rathaus-Galerie verfügt über keine gemeinsame Sitzfläche; Kunden nehmen dort Platz, wo sie etwas bestellt haben. Jene, die das Einkaufs-Center durch den Eingang an der Rathausstraße betreten, stoßen allerdings auf etliche leerstehende Flächen: „Bubble Tea“, „Na Ri‘s Currybar“, „Veganland“ (an dem Stand wurden vegetarische und vegane Speisen angeboten) und „Vabene“ (Pizza) haben die Segel gestrichen. Statt dessen bestimmen sperrige Gitterzäune das Bild.

Einen Kommentar zum Thema Gastrobereiche lesen Sie hier

Center-Manager sind Hände gebunden

„Für die ,Vabene‘-Fläche gibt es einen Interessenten, wir stehen in engem Kontakt“, sagt der Center-Manager. Natürlich ist er über die hohe Leerstandsquote im Gastrobereich nicht glücklich, doch ihm sind die Hände gebunden.

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Kunden, die den Seiteneingang der Rathaus-Galerie Hagen nutzen, stoßen auf einen langen, häufig menschenleeren Gang. Der sich dort eigentlich befindende Gastrobereich ist kaum bespielt. Doch dem Center-Manager sind die Hände gebunden - die Einkaufspassage befindet sich in Insolvenz. © WP | Michael Kleinrensing

Zur Erinnerung: Seit Frühjahr 2023 ist die Eigentümergesellschaft der Rathaus-Galerie, die GNO Grundstücksverwaltung, insolvent. Aufgrund der Insolvenz der Rathaus-Galerie gehen sämtliche Geschäfte und Vertragsverhandlungen über den Tisch des Insolvenzverwalters Miguel Grosser (Jaffé Rechtsanwälte und Insolvenzverwalter). Hinzu kommt, dass einige Schäden im Gebäude, die durch die Flutkatastrophe in Hagen vor dreieinhalb Jahren entstanden sind, nicht gänzlich behoben sind. Daher herrscht in der Einkaufspassage noch immer Baustellen-Atmosphäre. Stativleuchten (Notbeleuchtung) und rot-weiße Absperrplanken säumen die Gänge.

Unabhängig davon betont der Center-Manager, dass er nicht glaube, dass sich das Konzept Food Court überlebt habe: „Auf ein Gastroangebot kann kein Shopping-Center verzichten, es gehört zum Gesamtpaket dazu. Einigen Kunden würde sonst etwas fehlen“.

Starkstrom-Anschlüsse und Fettabscheider

Außerdem seien die Flächen speziell für gastronomische Betriebe hergerichtet. Stabenow spielt zum Beispiel auf Starkstrom-Anschlüsse, Fettabscheider und Fettabluft an. „Es ist wichtig, gerade in den Gastrozonen eine Aufenthaltsqualität zu schaffen und die Kunden zum Verweilen einzuladen. Gemütliches Sitzmobiliar kann dabei helfen“, so Philip Stabenow. Knackpunkt: Wenn aufgrund der vielen Leerstände kaum Kunden durch die Mall flanieren, werden auch kaum Leute zum Essen und Verweilen animiert. Die Insolvenz bremst eben die meisten Geschäftsaktivitäten aus.

Und in der Volme-Galerie nebenan? Der im Sommer 2022 eröffnete Stand von „Roaster‘s Burger“ ist seit über vier Monaten verwaist, „My Döner Premium Qualität“, der Ende 2023 an den Start ging, seit mehr als drei Monaten. „Der Betreiber hat den Döner-Stand gesundheitsbeding aufgegeben, doch für die Fläche interessiert sich bereits ein neuer Pächter“, versichert Lisa Radau.

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In der oberen Etage der Volme-Galerie Hagen ist der Stand des Burger-Anbieter „Roaster‘s Burger“ (im Foto rechts) seit über vier Monaten verwaist. © WP | Michael Kleinrensing

Und wo die Suppenbar „Ufo“ ansässig war, verrät ein Schild, dass dort seit über einem Monat der „Balkan Griliz“ Wraps und Burger anbietet. Trotz des häufigen Kommen und Gehens von Pächtern stellt auch Lisa Radau die Gastrozone nicht infrage, „wir halten daran fest. Und wenn das Angebot breit gefächert ist, entscheidet sich der eine Kunde vielleicht für einen Wrap und der andere für gebratene, chinesische Nudeln und man fischt beide ab“.

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Ein Kommen und Gehen im Food Court der Volme-Galerie Hagen: Den Stand der Suppenbar „Ufo“ gibt‘s nicht mehr; dort finden Kunden seit kurzem den Wraps- und Burger-Anbieter „Balkan Griliz“. © WP | Michael Kleinrensing

Und was sagt Thorsten Hellweg, Pressesprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) NRW, über Food Courts? Sind die Gastrozonen noch zeitgemäß oder längst überholt? „Manche funktionieren gut, andere weniger. Genau wie klassische Restaurants“, resümiert der Experte.

Dehoga
„Die Center-Leitung sollte aus eigenem Interesse einen guten Gastronomen-Mix anstreben“, unterstreicht Thorsten Hellweg, Pressesprecher Dehoga NRW.  © Jakob Studnar | Jakob Studnar

Wichtig sei, so Hellweg, dass das Angebot stets justiert, sprich, angepasst werde. „Es gibt eine Makroebene, auf der sich das Center-Management fragen muss, wen es sich als Mieter wünscht. Und auf der Mikroebene sollte sich der Gastronom die Frage stellen, was er den Kunden anbieten muss, um die Nachfrage zu befriedigen. Die Center-Leitung sollte aus eigenem Interesse einen guten Mix anstreben, nur dann können sich Einzelhandel und Gastronomie stützen und stärken.“