Hagen. Wut und Enttäuschung im Hagener Ortsteil Garenfeld: Wurde gerade erst der Betrieb des Friedhofs gesichert, ist jetzt die Trauerhalle in Gefahr.

Ihren Friedhof haben die Garenfelder im vergangenen Jahr gerettet. Jetzt wollen sie ihre Kapelle retten, die Leichenhalle, die frei hängende Glocke. „Das ist für uns ein Stück Heimat“, sagt Jochen Schulte-Höfinghoff: „Für uns Dorfbewohner ist der Friedhof mit seiner Infrastruktur wichtiger als für jemanden aus der Stadt. Bei uns gibt es seit Generationen gewachsene Strukturen.“

Denn die Absicht des Wirtschaftsbetriebs Hagen (WBH), das Gebäude stillzulegen und aus Kostengründen gegebenenfalls abreißen zu lassen, hat die Menschen in Garenfeld brüskiert. Doch eine Sanierung komme angesichts der massiven Schäden nicht in Frage, betont WBH-Vorstand Jörg Germer: „Das wäre wirtschaftlich nicht darstellbar. Unser Vorschlag ist es daher, die Immobilie abzubauen und nur noch eine Toilettenanlage sowie ein Materiallager vorzuhalten.“

Im Dorf formiert sich der Widerstand

Diese Idee ruft bei den Menschen in Garenfeld ähnlichen Widerstand hervor wie 2024 die angedachte Stilllegung des kompletten Friedhofs, was die Bürger schließlich verhindern konnten. Doch anders als im Vorjahr, als es dem WBH schwerfiel, die Vorteile einer Schließung darzustellen, geht es diesmal unmittelbar ums Geld. Zwar will Germer keine konkreten Summen nennen, doch es sei fraglich, dass das Anfang der 1970er-Jahre errichtete Gebäude noch längere Zeit ohne größere Reparaturen betrieben werden könne: „Das Objekt ist in die Jahre gekommen, da muss vieles gemacht werden.“

M. Kleinrensing WP Hagen Friedhof
Die Trauerhalle auf dem Friedhof in Hagen-Garenfeld ist in die Jahre gekommen und muss dringend saniert werden. © WP | Michael Kleinrensing

In Garenfeld herrschen Wut und Enttäuschung über die „Misswirtschaft der Stadt“, wie Schulte-Höfinghoff es nennt. An so vielen Stellen werde unnötig Geld ausgegeben: „Und hier soll dann gespart werden.“ Der Friedhof sei 1928 von Garenfelder Landwirten, die ihren Grund und Boden hergegeben hätten, gestiftet worden. Seit der Eingemeindung habe man die Einrichtung totverwaltet und heruntergewirtschaftet, so Schulte-Höfinghoff: „Das Dach, welches seit etlichen Jahren undicht ist und damals mit wenig Geld hätte repariert werden können, wurde bewusst vernachlässigt. Wir unterstellen hier bewusstes Abwirtschaften.“

„Das Dach, welches seit etlichen Jahren undicht ist und damals mit wenig Geld hätte repariert werden können, wurde bewusst vernachlässigt. Wir unterstellen hier bewusstes Abwirtschaften.“

Jochen Schulte-Höfinghoff
ist wütend über die WBH-Pläne

Infrastruktur im Dorf bedroht

Für umweltpolitische und soziale Angelegenheiten einschließlich der Versorgung und Unterbringung der Asylbewerber und Kriegsflüchtlinge würden Gelder generiert, ohne nach Kosten zu fragen, so Schulte-Höfinghoff weiter: „Es ist ethisch nicht vertretbar, einen historisch gewachsenen Friedhof so herunterzuwirtschaften.“

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Die in einem offenen Gestell hängende Glocke wird bei Beerdigungen geläutet. © WP | Michael Kleinrensing

Die Garenfelder sehen ohnehin die Infrastruktur in ihrem Dorf bedroht, nachdem im November bereits die evangelische Kirchengemeinde verkündet hatte, dass das Gemeindehaus in Garenfeld keine Zukunft mehr habe und wahrscheinlich abgerissen werden müsse. Die Entwicklungen der Gemeindemitgliederzahlen und die finanzielle Situation der Gemeinde machten diesen Schritt unumgänglich, so Pfarrerin Gunhild Krumme.

Ähnlich wie die Friedhofsdebatte ist diese Ankündigung bei den betroffenen Menschen gar nicht gut angekommen. „Das war auch so eine Nacht- und Nebelaktion“, kritisiert Jochen Müller die Kirchengemeinde: „Bald haben wir nichts mehr hier in Garenfeld.“

Garenfelder wollen Interesse ausloten

Zurück zur Trauerhalle: „Ich kann ja verstehen, dass die Bürger über die Entwicklung nicht gerade glücklich sind“, sagt WBH-Vorstand Germer und öffnet eine Hintertür für den Erhalt der Friedhofshalle: „Wenn sich ein Dritter findet, der das Gebäude weiterbetreiben möchte, dann könnte es eine Zukunft geben.“ Diese Hintertür ist allerdings nur einen ganz kleinen Spalt breit geöffnet, denn wer sollte sich eine solche Immobilie, die für viel Geld aufwendig saniert werden muss und sich kaum gegenfinanzieren lässt, ans Bein binden? „Vielleicht ein Bestatter“, überlegt Germer: „Das wäre eine gute Option.“

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Der Friedhof in Garenfeld existiert seit 1928, als Landwirte den Grund und Boden zur Verfügung stellten. © WP | Michael Kleinrensing

Darauf wollen sich die Menschen in Garenfeld nicht verlassen, stattdessen ergreifen sie selbst die Initiative, um einen Förderverein zu gründen oder anderweitig Sponsoren zu finden. Dafür wollen Schulte-Höfinghoff und Co. zunächst das Interesse ihrer Mitbürger ermitteln und bitten bei allen Garenfeldern um entsprechende Rückmeldung unter der E-Mail-Adresse: Initiative-Friedhof-Garenfeld@gmx.de (möglichst bis 20. Februar; wenn vorhanden, mit Angabe einer WhatsApp-fähigen Handynummer zur Aufnahme in die bestehende Friedhofsgruppe).

Andrea Sirringhaus-Lohmeier sagt, ihre Familie gehöre zu den Ur-Garenfeldern: „Und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwann irgendjemand aus unserer Familie woanders bestattet wird.“