Hohenlimburg. Am WP-Mobil auf dem Hohenlimburger Markt kommt ein Thema ans Tageslicht, das die Lenneöffnung in ein völlig neues Licht stellt.
Die Lenne fließt nur 30 oder 40 Meter hinter dem Redaktionsmobil unserer Zeitung her. Es ist klirrend kalt und die Frühlingshochwasser sind noch ein paar Wochen entfernt. Und trotzdem scheint der Aufstellort dieses Mobils direkt am wundesten aller Punkte zu stehen, wenn es um die großen Stadtumbaupläne in Hohenlimburg geht. Dutzende Bürger nutzten die Gelegenheit, ihre Sorgen, ihre Skepsis, ihre Meinung dazu zu hinterlassen. Was sich durch viele Gespräche an diesem Freitagmorgen zieht: Ja, fasst die Innenstadt baulich an - aber es gibt rote Linien.
Armin Eickmann besitzt mitten in der Hohenlimburger Altstadt, wenige Meter vom Brucker Platz entfernt, eine Immobilie. Jenes Haus, in dem der Bioladen untergebracht ist. Das Gebäude hat er seit 1967. Er reibt sich angesichts der Pläne, aus dem Rathausplatz eine Retentionsfläche zu machen und die Lenneschutzmauer am Brucker Platz zu öffnen, schwer die Augen. Denn er weist darauf hin, dass vor über 130 Jahren die Lenne einen großen Seitenarm durch Hohenlimburg warf. Dieser begann etwa dort, wo die Öffnung hin soll und führte dort hin, wo heute die Überführung an den Bahngleisen liegt. Von dort aus zum Boeckwaag bis hin zur Kettenbrücke. Ein Bereich, den der Volksmund „trockene Brücke“ an der Stennertstraße nannte, weil der Seitenarm später vertrocknete, als die Lenne in ihr heutiges Bett gezwungen wurde. Heißt: Das Gebiet des Weinhofs bis zur Stennert war in Vorzeiten eine Insel.
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„Bei der Stadtbegehung und Bürgerinformation Ende November war all das kein Thema. Im Gegenteil: Vom alten Lennearm, der Bodenbeschaffenheit und dem Grundwasserspiegel hatte man da noch nichts gehört.“
Untergrund aus Lennekies
„Im Bereich dieses alten Lennebetts besteht der Untergrund aus Lennekies, Sand und Schliff. Deshalb liegt der Grundwasserspiegel im Bereich der Preinstraße auf dem Niveau der Kellersohle der Häuser. „Wegen der Durchlässigkeit des Bodens steigt der Spiegel beim Lennehochwasser jedes Mal an. An der Grünrockstraße wird deswegen gerade ein Haus saniert. Vor diesem Hintergrund hätte eine Retentionsfläche auf dem Rathausvorplatz die Wirkung einer Zisterne. „Bei der Stadtbegehung und Bürgerinformation Ende November war all das kein Thema. Im Gegenteil: Vom alten Lennearm, der Bodenbeschaffenheit und dem Grundwasserspiegel hatte man da noch nichts gehört“, findet Armin Eickmann das fahrlässig.
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Schutzwände gegen Hochwasser
Frank Wüstewald, der in der Oberen Isenbergstraße lebt, findet eine Öffnung der Schutzmauer hingegen gut. „Das hätte man allerdings kleiner planen können. Vor einem Hochwasser habe ich aber keine Angst, das kann man mit Schutzwänden hinkriegen. Grundsätzlicher finde ich das Problem, dass man in Hohenlimburg strategisch beschlossen hat, zwei Innenstädte zu schaffen. Nämlich in Elsey und eben in der Altstadt. Und in Elsey funktioniert das, weil alle Geschäfte mit dem Auto zu erreichen sind.“
„Noch mehr Grün brauchen wir nicht“
Für die Anwohner sei das Parkthema in der Altstadt hingegen jetzt schon ein großes Problem, erinnert Wüstewald an die Parkscheibenregelung vielerorts. „Und dann noch Stellplätze vor und hinter dem Rathaus entfernen. Lasst das“, sagt er. Er brauche überdies auch keine weiteren Grünflächen. „Wenn ich die sehen will, bin ich in fünf Minuten aus der Innenstadt am Waldrand.“ Die Lenneschutzmauer nur geringfügig abzusenken den Hochwasserschutz zu wahren, hatte am Freitag Immobilien-Entwickler Udo Krollmann vorgeschlagen. Er besitzt das Vorkaufsrecht auf die alte Trafo-Station am Flussufer (ein Neubau im Weinhof läuft) und den Gebäuderiegel hinter dem Rathaus. Eine Treppe und vielleicht eine Aussichtsplattform nebst Café würden laut ihm ausreichen.
Diese prüfenswerte Argumentation sollte man nicht einfach abtun, findet Heimatvereinsvorsitzender Widbert Felka. „Bei einer Umsetzung dieser Überlegung würde, grob gesehen, der Zustand wiederhergestellt, der vor dem Bau der sogenannten „Lennepromenade“ bestand. Dieses überdimensionierte, wallartige Bollwerk wurde erst in den späten 1980-er Jahren errichtet. Die bis dahin bestehende alte Lenne-Schutzmauer hatte eine Höhe, die auch heute noch auf der anderen Seite der Stennertbrücke besteht. Aus den Erfahrungen mit Lennehochwasser, schwerpunktmäßig vor exakt 100 Jahren, 1925, wurde diese Schutzmauer im Jahrzehnt darauf errichtet.“
Die Kanuten im Blick
„Macht es schön, aber macht die Innenstadt nicht nass“, bringt derweil Jens Schultz-Rehborn seine Gedanken zum Jahrhundertumbau der Innenstadt auf den Punkt. „Mehr Pflanzen, Flächen die auch für Veranstaltungen genutzt werden können, eine gute Anzahl an Parkplätzen (weniger als jetzt), ein sehr starker passiver Hochwasserschutz, wo bei dem ‚normalen‘ Hochwasser niemand etwas machen muss.“ Das Thema Parkplätze beschäftigt auch Siegfried Schulte vom Kanu-Club Hohenlimburg. Er denkt an die vielen Kanuten, die für Wettkämpfe an der Wildwasserstrecke anreisen - und auch künftig Parkplätze brauchen werden. Weniger Parkplätze? Das könnte Nachteile für Hohenlimburg als Wettkampfstandort haben, fürchtet er.
„Car-Sharing“ als Angebot
Es ist 12.15 Uhr und trotz Mittagssonne weiter klirrend kalt auf dem Marktplatz. Während der Tisch am WP-Mobil eingeklappt wird, radelt Ute Heßler vorbei. Sie wollte extra vorbeikommen, erzählt die Hohenlimburgerin, um eine Lanze für den Jahrhundert-Umbau zu brechen. „Ich bin für den Umbau der Innenstadt und finde die Pläne sehr schön.“ Um wegfallende Parkplätze zu kompensieren, schlägt sie vor, ein „Car-Sharing“-Angebot in Hohenlimburg zu etablieren. Also sich ein Auto gemeinsam mit anderen Personen zu teilen. Meist werden diese Fahrzeuge über einen Carsharing-Anbieter bereitgestellt. Tatsächlich gibt es bislang kein flächendeckendes Angebot dieser Art im Stadtgebiet. Mit nur zwei Carsharing-Fahrzeugen landet Hagen auf dem drittletzten Platz aller Städte mit mehr als 50.000 Einwohner bundesweit, wie eine aktuelle Studie vom Bundesverband Carsharing notiert.