Breckerfeld. Anwohner an der L 699 zwischen Breckerfeld und Ennepetal sind durch Motorrad-Raser genervt. Warum Lärmschutz kein Grund für ein Tempolimit ist.
An den sonnigen Sommerwochenenden ist es kaum auszuhalten: Da halten sich jene, die an der Landstraße 699 zwischen Breckerfeld und Ennepetal wohnen, die Ohren zu, wenn die Motorradfahrer am Hahn drehen, um mit Höchstgeschwindigkeiten vorbeidonnern. An das Öffnen der Fenster ist kaum zu denken. Und trotzdem kann der höllische Krach kein Argument dafür sein, im Tal der Ennepe die erlaubte Höchstgeschwindigkeit herunterzusetzen.
Das jedenfalls wird aus einer Stellungnahme des Ennepe-Ruhr-Kreises deutlich, die die Verwaltung auf Anfrage der CDU - hier hat sich der ehemalige Breckerfelder Bürgermeister und das jetzige Kreistagsmitglied Klaus Baumann des Themas angenommen - geschrieben hat. „Sachstandsbericht zur gegenwärtigen straßenverkehrlichen Situation und Gefahrensituation sowie Lärmbelästigung“ ist das Papier wortreich überschrieben.
Lärmschutz nahezu unmöglich
Ein wesentliches Thema: Lärmschutz durch Temporeduzierung. Wörtlich heißt es allerdings: „Die Umsetzung solcher Maßnahmen gestaltet sich, insbesondere auf sogenannten klassifizierten Straßen (Kreis-, Landes- und Bundesstraßen) außerhalb geschlossener Ortschaften, in der Regel schwierig bis nahezu unmöglich.“
„Ich hoffe, dass zum Schutz der dort wohnenden Familien mit Kindern Maßnahmen angeordnet werden, die zu einer Minderung der Gefahrensituation nicht nur für die Nutzer, sondern auch der Anwohner beitragen.““
So könne man die Bundesstraße 54 in Lüdenscheid, an der Lärmschutzmaßnahmen greifen, eben nicht mit der an der L 699 vergleichen. Während an ersterer der Lärmpegel durch die Umleitungsverkehre der gesperrten A 45 permanent hoch sei, käme es an der L 699 nur zu „Spitzen“, die wiederum „in die Breite verrechnet“ würden. So sehen es die gesetzlichen Vorgaben vor.
Weniger als 500 Fahrzeuge pro Tag
Will sagen: Weil es im beschaulichen Tal unter der Woche und auch in den Phasen am Wochenende, in denen gerade keine Motorräder rollen, vergleichsweise ruhig zugeht, reicht die durchschnittliche Belastung bei weitem nicht aus, um Maßnahmen zu treffen. Anwohner können zwar eine entsprechende Berechnung beim Landesbetrieb Straßen NRW anstreben, die Ergebnisse dürften aber kaum ausreichen, um Maßnahmen zu treffen. Abgesehen davon, müsste sich jeder betroffene Anwohner einzeln an Straßen NRW wenden. Eine pauschale Beurteilung sämtlicher Gebäude und Grundstücke sei nicht möglich.
Allerdings hatte Andreas Berg von Straßen NRW - so steht es in dem Papier - bereits durchblicken lassen, dass bei einer gemessenen Belastung, die im Durchschnitt bei unter 500 Fahrzeugen pro Tag liegt, es kaum Möglich sei, Lärmschutzmaßnahmen zu ergreifen.
Relevante Zahl an Unfällen
Anders sieht es hingegen beim Blick auf das Unfallgeschehen aus. Da hatte die Polizei Ende Oktober eine sogenannte „Unfallhäufungslinie“ an die Unfallkommission gemeldet. Acht „relevante“ Unfälle innerhalb von zweieinhalb Jahren in einem Bereich von 1,4 Kilometern - einer mit tödlichem Ausgang - führen jetzt Ende Januar zu einer Sondersitzung der Kommission, in der Vertreter der Polizei, von Straßen NRW, des EN-Kreises und der Bezirksregierung zusammenkommen. Ähnlich wie an der L 701 (Prioreier Straße) können davon ausgegangen werden, dass dort Maßnahmen zu weiteren Verhinderung von Unfällen beschlossen würden.
„Eine Sperrung kann eine Ultima Ratio sein. Aber derzeit will das keiner.“
„Dass sich die Unfallkommission aufgrund der gestiegenen Unfallzahlen und der Schwere der Unfälle relativ kurzfristig mit dem Unfallgeschehen auseinandersetzt, begrüße ich sehr“, so Klaus Baumann. „Ich hoffe, dass zum Schutz der dort wohnenden Familien mit Kindern Maßnahmen angeordnet werden, die zu einer Minderung der Gefahrensituation nicht nur für die Nutzer, sondern auch der Anwohner beitragen.“ Es gelte zu berücksichtigen, dass es entlang der Landstraße keinen Gehweg gebe und sich in der Nähe der Straße Wohnbebauung befinde. Weiter hofft Baumann, dass die beteiligten Straßenverkehrsbehörden die geplanten Aktivitäten der Anwohner - soweit Straßenverkehrsrechtlich vertretbar - positiv unterstützen.
Wie weit diese Maßnahmen letztlich gehen und ob sie am Ende - wie in der Priorei - gar zu einem ausgeweiteten Fahrverbot führen, ist allerdings völlig offen. „Das kann eine Ultima Ratio sein“, so Baumann. „Aber derzeit will das keiner.“