Hohenlimburg. Kaum eine Brücke ist wichtiger in Hohenlimburg als die Stennertbrücke. Wie gefährlich ist ihr Zustand aktuell? Lagebild der Experten.
Im Schatten der großen Brösel-Brücken in Hagen - wie der Fuhrparkbrücke, der Hochbrücke in Altenhagen oder dem Volmeabstieg - fristet eine der prominentesten Brücken Hohenlimburgs ein eher selten erwähntes Dasein. Die Stennertbrücke in Hohenlimburg gehörte zu den ersten auf der Welt, die im sogenannten Freivorbau errichtet wurde. Die Brücke wurde in Form eines Waagebalkens auf beiden Seiten von der Stütze aus in Abschnitten von wenigen Metern weitergebaut. Die am 30. Mai 1959 eingeweihte Stennertbrücke wird seit sechs Jahren mit einem Monitoringsystem abgehört, um möglichen Spannungsrissen auf die Spur zu kommen. Kann dem 102 Meter langen Bauwerk in Hohenlimburg das gleiche Schicksal wie der Carolabrücke in Dresden drohen, die jüngst plötzlich zum Teil einstürzte?
Die lokale Politik ist besorgt. Beispielsweise die Bürger für Hohenlimburg (BfHo). „Wie lange wird die Brücke noch voll befahrbar sein?“, wollen sie nach den bitteren Sperrungen der jüngsten Vergangenheit in Hagen wissen. Da sollte so ein Satz eigentlich nicht für Beruhigung sorgen: „Insbesondere wegen des ‚spannungsrisskorosionsgefährdeten Spannstahls‘ können kurzfristige Schadensentwicklungen und Sofortmaßnahmen bis hin zur Vollsperrung nicht ausgeschlossen werden“, beantwortet der verantwortliche Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) diese Frage in einer Stellungnahme.
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Das Problem ist nicht die Statik
Wahr ist aber auch: Dadurch, dass die Fachleute seit sechs Jahren in der Lage sind, in die Brücke „reinzuhorchen“, können die gefährlichen Spanndrahtbrüche sofort nachgewiesen werden. Derartige Schäden hat es seit sechs Jahren nicht gegeben. Vor sechs Jahren wiederum gab es die Alternative, die Brücke baulich zu verstärken, was wegen ihrer schlanken Bauweise aber verworfen wurde. Das Problem der Brücke ist aber eben auch nicht ihre Statik, sondern ihr Beton und der darin befindliche Stahl.
Entscheidend bleibt für die BfHo die Frage, ob die Stennertbrücke genauso unangekündigt zusammenstürzen kann wie die Carolabrücke in Dresden vor einigen Wochen. Der WBH erklärt, dass beide Bauwerke ein völlig unterschiedliches statisches System hätten. Die Carolabrücke besteht aus sogenannten „Gerberträgern“ (benannt nach dem Erfinder der Methode). Dabei handelt es sich um ein Tragelement, das über mehrere Auflager reicht und mit Gelenken ausgestattet ist. Ihr Nachteil: Bei Schädigungen sind keine Umlagerungen möglich.
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Die Stennertbrücke, so erklärt es der WBH, ist ein Durchlaufträger. Die Längsträger sind untereinander verbunden. Ein mögliches Versagen ist durch Verformungen der Brücke vorher erkennbar. Das Abhörsystem in der Brücke untersucht nicht nur den Schall von Rissen, sondern hat auch Dehnungs- und Neigungssensoren. Ein plötzliches Versagen ist damit ausgeschlossen.
Verbindung zwischen Altstadt und Elsey
Rückblick: „Hohenlimburgs Lebensader verbindet seit heute wieder Altstadt und Elsey. Ein bedeutender Tag in Hohenlimburgs Stadtgeschichte. Dieser geht als einer der größten Geschichtsereignisse in die Chronik der Stadt Hohenlimburg ein. Heute wird die Lennebrücke an der Stennert für den Verkehr freigegeben. Eine Hauptlebensader des „Westfälischen Heidelbergs” verbindet wieder die Stadtteile Alt-Limburg und Elsey”, schrieb unsere Zeitung am Folgetag der Eröffnung im Jahr 1959 etwas hochtrabend.
Nachdem der damalige Hohenlimburger Bürgermeister Paul Knapp das Band durchtrennt hatte, rollte ein hellgrauer VW „Hebmüller”, eine besondere Variante eines VW-Cabriolet, mit dem 77-jährigen Christian Grunewald am Steuer über die Brücke. Grunewald war damals der älteste Berufskraftfahrer Hohenlimburgs. Auf dem Beifahrersitz saß sein Vater Adolf Vormann. Der war damals 67 Jahre alt und der älteste Herrenfahrer Hohenlimburgs - also Amateur-Rennfahrer.
Zuschuss aus Bund und Land
Eine weitere originelle Attraktion war der Auftritt des Fuhrunternehmens Gustav Holtschmidt. Er war damals der einzige Hohenlimburger, der sein Geschäft noch mit Pferdestärken betrieb, deshalb mit Pferd und Wagen die neue Brücke passierte und somit zur Versinnbildlichung der Verkehrsentwicklung beitrug. Bund und Land hatten die Brücke, die von Oberbaurat Karl Minier geplant worden war, mit 1,1 Millionen Mark bezuschusst. Als die Brücke eingeweiht wurde, war Minier bereits im Ruhestand.