Hohenlimburg. Silke Hank schließt ihr Atelier „Stoffträume“ mit einem Räumungsverkauf. Damit endet ein langes Kapitel ihres Lebens - und ein neues beginnt.

Wer erinnert sich noch an den selbstgenähten Mundschutz aus Stoff, den viele Leute in den Anfängen der Corona-Pandemie getragen haben? Lang ist es her, doch im Atelier von Maßschneiderin Silke Hank kommen solche Erinnerungen dieser Tage wieder hoch. Stoff-Mundschutz aus jener Zeit, umgeschneidert in Tragetaschen, hängen mit einem roten Rabatt-Preisschild an der Wand.

Gegenüber hängen Gürtel, auch mit rotem Preisschild versehen. Davor stehen ein paar Nähmaschinen auf dem Boden, auch diese mit Rabatt-Preisschild. „Räumungsverkauf, alles muss raus“ - heißt es dieser Tage für das Atelier „Stoffträume“ im Nahmertal, wo Silke Hank und ihr Team zig Kleider und Kostüme geschneidert, angepasst und gekürzt haben.

Auch Stofftaschen aus der Corona-Zeit werden beim Räumungsverkauf im Atelier „Stoffträume“ feilgeboten.
Auch Stofftaschen aus der Corona-Zeit werden beim Räumungsverkauf im Atelier „Stoffträume“ feilgeboten. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Auszug zum 1. Oktober

Zuletzt habe sie aber öfter mit dem Gedanken gespielt, neu anzufangen. Persönliche Schicksalsschläge haben das Gedankenspiel schließlich zu Überzeugung reifen lassen. Heute in zwei Wochen, am 1. Oktober, muss sie das Atelier geräumt haben. Ein mutiger Schritt ins Unbekannte. „Ich weiß noch nicht, wohin die Reise geht“, betont Hank. In jedem Fall wolle sie künftig gerne kreativer arbeiten. Wo und wie, das weiß sie noch nicht. Fest steht nur: Inventar aus ihrem Atelier wird sie in ihr neues Berufsleben nicht mitnehmen. Deshalb öffnet sie diesen Monat regelmäßig die Pforten für Interessierte, die bei „Stoffträume“ gerne auf Schnäppchenjagd gehen wollen.

„Alles muss raus“: An den Kleidungsstücken und Accessoires im Atelier Stoffträume in Hohenlimburg kleben Preisschilder.
„Alles muss raus“: An den Kleidungsstücken und Accessoires im Atelier Stoffträume in Hohenlimburg kleben Preisschilder. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Atelier seit zehn Jahren

Der Holzboden in dem Altbau knarzt, als die Hohenlimburgerin durch die kleinen Räume führt, die von einem langen Kapitel ihres beruflichen Lebens erzählen. Vorbei an Jeansjacken und Schuhen, mit Kunstblumen oder Spitze, von der Maßschneiderin und ihrem Team einst aufgehübscht. Auch an diesen Stücken klebt ein rotes Preisschild. Vor 17 Jahren hat sich Silke Hank selbstständig gemacht, damals noch in den eigenen vier Wänden. Vor zehn Jahren dann der Umzug in das Atelier in der Nahmer. Ein paar kleine Räume, die sie und ihr Mann in den Jahren zu ihrem Reich gemacht haben. In erster Linie hat sie Brautkleider nach den Wünschen der Bräute geschneidert und angepasst. Dazu kamen bald auch Kostüme und Auftragsarbeiten für kleinere Theater, Tanzgarden und die Hohenlimburger Schlossspiele.

Brautschuhe und Sneaker: In den zehn Jahren seit Eröffnung des Ateliers Stoffträume in Hohenlimburg hat sich ein großes Inventar angesammelt. Seit kurzem läuft der Räumungsverkauf.
Brautschuhe und Sneaker: In den zehn Jahren seit Eröffnung des Ateliers Stoffträume in Hohenlimburg hat sich ein großes Inventar angesammelt. Seit kurzem läuft der Räumungsverkauf. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Accessoires für Männer

Für die Schlossspiele setzt sie sich zudem seit Jahren auch ehrenamtlich im Helferteam ein. Besonders die Stimmung unter den mehr als hundert Helfern in der jüngsten Saison in diesem Jahr war für sie dabei auch wie eine Tankstelle, an der sie ihre Energie aufgeladen hat. „Diese Saison war einfach unglaublich“, sagt sie und setzt den Gang durch ihr Atelier fort.

Auf einem Tisch liegen schicke Fliegen und Gürtel, wie Mann sie auf seiner Hochzeit tragen könnte. „Die stammen von einer Aktion“, erinnert sich Hank zurück. „Wenn eine Frau ihr Brautkleid bei uns hat ändern lassen, dann bekam sie einen Gutschein, um Accessoires für ihren Mann günstiger zu bekommen.“ Auch an den Fliegen und Gürteln kleben jetzt die roten Preisschilder.

Nähmaschinen zu verkaufen: Maßschneiderin Silke Hank schließt ihr Atelier in Hohenlimburg.
Nähmaschinen zu verkaufen: Maßschneiderin Silke Hank schließt ihr Atelier in Hohenlimburg. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Deko zum Verkauf

Sie geht weiter, steht vor ein paar kleinen Weihnachtsbäumen aus Ton, die wie Soldaten in einer Reihe auf einem Tisch stehen - auch an ihnen klebt ein rotes Preisschild. „Diese Tannenbäume habe ich mal getöpfert“, erinnert sich Silke Hank zurück. Sie gehörten zu der üppigen Weihnachtsdeko, die alljährlich das Atelier zum Fest der Liebe geschmückt hat.

„Dafür sind mir die Sachen zu schade. Wir reden hier auch von Ressourcen, die es wertzuschätzen gilt.“

Silke Hank, Maßschneiderin aus Hohenlimburg, schmeißt altes Inventar nicht weg

Räumungsverkauf läuft

Alte Sachen einfach wegzuschmeißen, das liegt der Hohenlimburgerin nicht. „Dafür sind mir die Sachen zu schade. Wir reden hier auch von Ressourcen, die es wertzuschätzen gilt.“ Und so wird sie in den nächsten Tagen und Wochen weiter interessierte Kundinnen und Kunden durch ihr Atelier führen, um Brautkleider, Kostüme, Hosen, Jeansjacken, Schuhe, Weihnachtsdeko und mehr feilzubieten. Geschneiderte Kleidung, die ihr in den Jahren persönlich ans Herz gewachsen ist, steht dabei nicht zum Verkauf. „Was mir ans Herz gewachsen ist, das hänge ich hier nicht zum Verkauf.“