Hagen. Es gibt immer Verbrechen, in denen die Täter ein Messer einsetzen. Aber Hagen liegt im NRW-Ranking doch nicht auf Platz 1.

Es ist noch keine Woche her, da erreichte eine Statistik die Redaktion. Aus dem Papier, das auch im Polizeipräsidium vorlag, geht hervor, dass in keiner anderen Stadt in Nordrhein-Westfalen 2023 die Zahl der Straftaten, bei denen die Täter ein Messer genutzt haben, bezogen auf die Einwohnerzahl, so hoch war wie in Hagen. Auch das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtete darüber und sorgte dafür, dass die Nachricht gar bundesweit Verbreitung fand.

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65-mal kam - so die ursprünglichen Zahlen - 2023 bei Straftaten in Hagen ein Messer zum Einsatz. Umgerechnet auf 100.000 Einwohner ergebe sich so bei 189.783 eine sogenannte Häufigkeitszahl von 34.

Zahlen aus Düsseldorf stimmen nicht

Nun aber zeichnet sich ab: Die Zahlen, die einem nicht-öffentlichen Ranking aus der Landesregierung hervorgehen (liegt der Redaktion vor), stimmen so nicht. Im Jahr 2023 lag Hagen nicht auf Rang eins den Rankings. Was zwar für eine gewisse Erleichterung im Präsidium Hagen sorgen mag. Aber: „Das Thema ,Messergewalt‘ wird durch die Hagener Polizei sehr ernst genommen“, so Polizeisprecher Sebastian Hirschberg.

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Immer wieder stellt auch die Polizei Hagen Messer sicher. © DPA Images | Paul Zinken

Denn Straftaten, bei denen die Täter ein Messer dabei haben und gar zücken, gibt es auch in Hagen nicht wenige. 65 waren es nach Angaben der Hagener Polizei 2022, 51 waren es 2023. Hinzu kommen immer wieder Messer, die bei Polizeieinsätzen beschlagnahmt wurden: 2021 waren das 107, 2022 waren es 125 und 2023 insgesamt 187.

Verstöße gegen das Waffengesetz

„Zur Gefahrenabwehr darf die Polizei eine solche Maßnahme beispielsweise treffen“, erklärte Sebastian Hirschberg, Sprecher der Polizei. Daneben können das Mitführen auch nach dem Waffengesetz strafbar sein. Auch ein bei einer Tat eingesetztes Messer könne - ob verboten oder nicht - beschlagnahmt werden.

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Nach dem Messer-Attentat von Solingen nimmt das Thema Messer-Angriffe wieder an Fahrt auf. Es wird über Verbotszonen diskutiert. © DPA Images | Thomas Banneyer

Besonders in der Innenstadt ereignen sich immer wieder Straftaten, bei denen die Täter zumindest ein Messer dabei haben. „Bei der Bevölkerungsdichte verwundert das aber nicht“, so Hirschberg. Immerhin: Angriffe mit einem Messer auf Polizisten hat es im letzten Jahr nicht gegeben.

Viele Täter haben Migrationshintergrund

Dabei scheint es sich beim Thema Messergewalt um ein Phänomen zu handeln, dass insbesondere ausländische oder Täter mit Migrationshintergrund betrifft. Das zumindest legen diese Zahlen nahe, die das Präsidium auf Anfrage der WP preisgibt: 40 Prozent derjenigen, die bei einem Polizeieinsatz mit Messer erwischt wurden, haben keinen deutschen Pass. 18 Prozent haben eine doppelte Staatsangehörigkeit. Im Jahr 2022 lagen die Zahlen bei 36 bzw. 13 Prozent, 2019 bei 42 bzw. 19 Prozent.

Auch Aussagen von Innenminister Herbert Reul bei seinem Besuch im Brennpunkt Altenhagen im Februar 2023 stützen diese Statistik: „Jung, männlich, in der Gruppe“, diese Täterkreis-Merkmale würden immer häufiger auftauchen. „Wir müssen in deren Köpfe. Wir haben es viel zu lange verpasst, denen klarzumachen, dass man bei uns kein Messer braucht.

Grenzen der Polizei-Statistik

Ob Ausländer oder Migranten überproportional viele Polizeieinsätze auslösen - diese Frage kann Sebastian Hirschberg mit Blick auf die Statistik nicht beantworten: „Mit unseren polizeilichen Auswertemöglichkeiten lässt sich das nicht abbilden. Unsere Systeme erfassen bei der Einsatzvergabe weder Nationalitäten noch Migrationshintergrund.“

Insgesamt liege der Anteil der nicht-deutschen Tatverdächtigen an der Gesamtzahl aller Tatverdächtigen im Jahr 2023 laut polizeilicher Kriminalstatistik in Hagen bei 43,5 Prozent. Ein Wert, der erheblich über dem Ausländeranteil der Bevölkerung in Hagen liegt (23,94 Prozent).

Konzeptpapier von Minister Reul

Die Umsetzung des durch Innenminister Reul vorgestellten „Konzeptpapiers zur Bekämpfung der Messergewalt im öffentlichen Raum“ wird derzeit auch in Hagen engmaschig geprüft und vorbereitet oder ist bereits umgesetzt.

Das Innenministerium selbst hat sich auf eine Anfrage der Redaktion zur Daten-Panne noch nicht gemeldet.