Hagen/Arnsberg/Olpe. Der Anschlag von Solingen treibt die Diskussion über Messerverbotszonen an. Die Polizei ist zurückhaltend und stützt sich auf Zahlen.

Vor dieser schrecklichen Tat verblasst jede Statistik: Nach dem Anschlag von Solingen wird erneut über Messerverbote im öffentlichen Raum diskutiert. Fest steht: Ein solches Verbot hätte die Tat wohl nicht verhindert. Aber bundesweit ist die Messerkriminalität zuletzt gestiegen, auch bei Jugendlichen sitzt das Messer offenbar immer lockerer – ganz ohne terroristischen Hintergrund.

Messerverbotszonen gibt es in Südwestfalen nicht – und derzeit sehen die zuständigen Stellen auch nicht die Notwendigkeit, eine solche einzurichten. Demnach geben die nackten Zahlen noch keinen Grund zur Besorgnis. Wir haben die Daten bei den Polizeibehörden in Südwestfalen angefragt.

Weniger Fälle im ländlichen Raum

Im Hochsauerlandkreis registrierte die Polizei im Jahr 2019 insgesamt 96 Vergehen mit dem Tatmittel Messer; im vergangenen Jahr waren es 66, also rund ein Drittel weniger. Die Corona-Jahre spiegeln sich auch in dieser Statistik wider, nämlich mit geringeren Zahlen; 2020: 46, 2021: 37, 2022: 48.

Im ebenfalls ländlich geprägten Kreis Olpe erfasste die Polizei deutlich weniger Fälle, auch weil dort weniger Einwohner leben. 2020 waren es 13, ein Jahr darauf 15, 2022 dann 26 und 2023 wieder 13. Der Anteil der Taten mit dem Tatmittel Messer an der Gesamtkriminalität schwankt in diesem Zeitraum zwischen 0,25 und 0,43 Prozent, zumeist wurden die Messer nicht eingesetzt, sondern „vorgehalten“. Im ersten Halbjahr 2024 registrierte die Polizei im Kreis Olpe fünf Fälle, darunter allerdings einen mit tödlichem Ausgang.

„Im Bereich der Kreispolizeibehörde Olpe stellt Gewaltkriminalität mit dem Tatmittel Messer im öffentlichen Raum mit unter 0,5 Prozent einen geringen Teil der Gesamtkriminalität dar“, teilte die Behörde auf Anfrage mit. „Örtliche Schwerpunkte in den Städten und Kommunen bzw. an bestimmten öffentlichen Orten sind nicht erkennbar. Rechtliche Voraussetzungen für die Einrichtung von Waffenverbotszonen oder einer Videobeobachtung sowie einer strategischen Fahndung oder einer Messerverbotsverfügung liegen derzeit im Kreis Olpe nicht vor“, heißt es weiter.

Auch Hagen nicht „signifikant auffällig“

Hagen gilt in der Region als Stadt, die zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung immer wieder mit besonders spektakulären Verbrechen Schlagzeilen macht. Im Jahr 2020 registrierte die Polizei dort 50 Straftaten, bei denen ein Messer zwar polizeilich festgestellt wurde, aber nicht zwingend zum Einsatz gekommen ist. 2021 waren es 71 Taten. Nach der Pandemie stiegen auch in Hagen die Zahlen: 2022 auf 110, 2023 auf 118. Aus Sicht der Polizei ist das jedoch nicht „signifikant auffällig“.

Im Kreis Siegen-Wittgenstein liegt die Zahl der Delikte bisher deutlich unter Vor-Corona-Niveau. Die Statistik weist für 2019 zum „Tatmittel Messer“ 117 Fälle aus, im vergangenen Jahr waren es 85. Während der Pandemie wurden 51 (2020), 91 (2021) und 88 (2022) Fälle zu den Akten genommen.

Ähnliche Tendenzen verzeichnet der Märkische Kreis, allerdings auf höherem Niveau: 2019 registrierte die Polizei dort 171 Fälle, 2020 waren es 102, 2021 dann 127, 2022 dann wieder ein Rückgang auf 88 und nach Corona wieder ein Anstieg auf 122 Fälle im Jahr 2023.

Deutlich fällt der Nach-Corona-Anstieg auch im Ennepe-Ruhr-Kreis aus. Dort nahm die Zahl der Messer-Fälle von 2022 bis 2023 um 56 Prozent zu, allerdings bei relativ geringen absoluten Zahlen, nämlich von 48 auf 75. 2019 waren es 57 Delikte, 2020 37 und 2021 61.

Fazit: Das Tatmittel Messer spielt in Südwestfalen – statistisch gesehen – in der Gesamtkriminalität eine geringe Rolle. Dass Einzelfälle allerdings großes Leid hervorrufen, steht außer Frage.