Breckerfeld. Das beliebte Lokal an der Glörtalsperre wurde seit 2020 von Jochen Bernsdorf betrieben. Der Ausbau der Zufahrtsstraße wurde ihm zum Verhängnis.
Es ist, als habe man an der Glörtalsperre erneut den Stöpsel gezogen. Jochen Bernsdorf, Pächter des Hauses Glörtal und des Hotels „Zur Post“ in Schalksmühle, hat Insolvenz angemeldet. Eine für den Moment wirtschaftliche Katastrophe, die Bernsdorf hatte kommen sehen, als klar wurde, dass sich die Bauarbeiten an der einzigen Zufahrt zur Glör - der Glörstraße - verzögern und bis Mitte November diesen Jahres dauern werden. „Ich habe allein in den letzten drei Monaten des Jahres 2023 etwa 70.000 Euro weniger gemacht“, sagt der renommierte Gastronom. Und trotzdem spricht er von einer „guten Perspektive“.
Sehr schwierige Bedingungen
Als noch niemand von Corona sprach, hatte Bernsdorf das Haus Glörtal übernommen. Es war August 2020. Doch dann: sieben Monate dicht im zweiten Lockdown. Dann kroch die starke Inflation heran, Preise explodierten förmlich, vor allem für Energie. Dann der vielleicht schlimmste Schlag: die Sperrung der einzigen Zufahrtsstraße zur Glör, die dringend saniert werden muss, weil sie abrutschgefährdet ist.
Bernsdorf blieb mutig. Mit einem Teil seines Teams zog er für die Zeit der Sperrung ins Hotel „Zur Post“ nach Schalksmühle um. Es schien wie eine Win-win-Situation: Dem renovierungsbedürftigen Schalksmühler Hotel sollte Bernsdorf aus Sicht der Gemeinde neuen Atem einhauchen, damit es nach Sanierung weiter durchstarten kann. Und Bernsdorf sollten Einnahmen garantiert sein, um die vorübergehende Schließung des Hauses Glörtal zu überbrücken.
Die Rechnung geht nicht auf
Die Rechnung ging nicht auf. Dadurch dass Bernsdorf durch die Bauverzögerungen an der Glörstraße plötzlich zwei Betriebe parallel führen musste, vermochte das Haus Glörtal - so sagt es Bernsdorf gegenüber unserer Zeitung - nicht genug Einnahmen zu generieren, um auch das Hotel „Zur Post“ mitzutragen. Zwischenzeitlich hatte man Bernsdorf noch angeboten, eine Ausweichroute über Wanderwege herzustellen, damit das Haus Glörtal erreichbar bleiben könne. Doch der erfahrene Gastronom hatte nicht darauf vertraut, dass seine Gäste den Zickzack-Kurs durch die Wälder mitmachen würden und stattdessen auf einfacher erreichbare Gastronomien setzen würden.
Breckerfeld mit viel Geld dabei
2,9 Millionen Euro werden an der Zufahrt zur Glör verbuddelt. Weil dieser Freizeitschwerpunkt Badesee, Wandergebiet und Naherholungsparadies in einem ist, weil der Regionalverbund Ruhr große Anteile an der gemeinnützigen GmbH hält und obendrein neben der Stadt Breckerfeld auf die Gemeinden Schalksmühle, Halver, der Ennepe-Ruhr- und der Märkische Kreis Anteile haben, war nicht nur die Ausführung, sondern auch die Finanzierung des Projektes bisher komplex. Die Stadt Breckerfeld selbst, mit knapp fünf Prozent nur Mini-Anteilseigner an der Freizeitgesellschaft Glörtalsperre, auf deren Fläche sich aber die Glörstraße befindet, übernimmt 879.000 Euro. 949.000 Euro zahlt der Regionalverband Ruhr, 475.000 Euro der Ennepe-Ruhr-Kreis, 100.000 Euro Schalksmühle und 45.000 Halver.
Entgegenkommen in Schalksmühle
Die Gemeinde Schalksmühle, die das dortige Hotel „Zur Post“ zuvor gekauft hatte, hat laut den Lüdenscheider Nachrichten mit Bernsdorf einen Pachtvertrag bis zum Jahresende abgeschlossen. Danach sollte der Betrieb an der Glör wieder aufgenommen und das Hotel umgebaut werden. Gegenüber den Lüdenscheider Nachrichten sagt Schalksmühles Bürgermeister Jörg Schönenberg: „Wir haben das Ziel, das bis Ende des Jahres auch so zu machen.“ Über eine erfolgreiche Rückkehr von Jochen Bernsdorf und seinem Team an die Glörtalsperre würde sich Schönenberg auf jeden Fall freuen, unabhängig davon werde der Umbau des Hotels zur Post aber in jedem Fall umgesetzt.
Ein Neustart am Anfang des Jahres
„Das Insolvenzrecht bietet mir die Möglichkeit, trotzdem einem Gewerbe nachzugehen“, sagt Jochen Bernsdorf, der erklärt, dass die Schulden vom Unternehmen abgekoppelt seien, er als Person derweil insolvent sei. „Vereinfacht gesagt, kann das Unternehmen aber mit einem „Reset“ weitermachen. Und darauf fokussiere ich mich. Ich will Anfang des Jahres, wenn die Zufahrtsstraße fertig ist, im Haus Glörtal wieder durchstarten.“ Mit der Krombacher-Brauerei als Verpächter und einer Unternehmensberatung sei ein Sanierungskonzept erarbeitet worden. Unterdessen wolle er in Schalksmühle unter den gleichen Bedingungen Gas geben und Umsätze generieren. Dort lassen außerdem noch die Events „Bock am Dorf“ und „Schalksmühle sommerlich“ auf Andrang hoffen.
„Herausragende“ Arbeit von Jochen Bernsdorf
Sowohl die Stadt Breckerfeld als auch die Freizeitgesellschaft Glörtalsperre (FSG) würdigen die qualitativ starke und sehr engagierte Arbeit von Jochen Bernsdorf und seinem Team. FSG-Geschäftsführerin Doreen Kohl: „Wir bewerten die Zusammenarbeit als äußerst positiv. Herr Bernsdorf hat in super schwierigen Zeiten übernommen und viel bewegt. Wir stehen in gutem Kontakt zueinander, wussten von seinen Schwierigkeiten und wir sehen keine Veranlassung, nicht daran zu glauben, dass es nach der Sanierung der Straße genauso gut weitergehen kann.“ Finanziell seien der FSG, die durch ihr Träger-Modell zuschussfinanziert sei, die Hände gebunden.
Breckerfelds Bürgermeister André Dahlhaus schlägt ähnliche Töne an: „Aus Sicht unserer Stadt wäre es absolut wünschenswert, wenn Jochen Bernsdorf dort weitermacht. Er hat in seiner Zeit dort viel bewegt und tolle Qualität geliefert.“ Obwohl der Trägeranteil der Stadt Breckerfeld an der FSG sehr klein ist, trägt sie einen Großteil der Straßenbau-Kosten. Die Straße liegt auf Breckerfelder Gebiet und die Talsperre gilt gemeinhin als Breckerfelder Ausflugsziel.