Hagen. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und des peinlichen Abschneidens beim Städteranking zeigt sich die Hagener Wirtschaft zunehmend ungeduldig.
Angesichts des erneut ernüchternden Hagener Abschneidens beim bundesweiten Städteranking sowie der erschreckend hohen Juli-Arbeitslosenzahlen hat der Hagener Unternehmerrat, ein lokales Bündnis von mehr als 80 namhaften Wirtschaftsführerinnen und -führern, erneut das Wirken der kommunalen Wirtschaftsförderung kritisch hinterfragt. „Für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort reicht es nicht, sich auf neue Gutachten zu fokussieren, konkretes Handeln ist schon längst überfällig“, fordert Winfried Bahn als Initiator und Sprecher des Lobbyvereins ein deutlich engagierteres und zielgerichteteres Vorgehen ein.
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„Da Hagen in den verschiedensten Städtevergleichen wiederholt einen der hintersten Plätze belegt, muss man sich fragen: Warum scheitert Hagen und wo sind die Erfolgsfaktoren der Wirtschaftsförderung? Gibt es hier durch Kontrollgremien ein konkretes Controllingsystem?“ Sowohl in der Bürgerschaft, aber ebenso aufseiten der Aufsichtsgremien müsse man sich die Frage stellen, welche Wachstumspotenziale in den letzten vier Jahren tatsächlich entstanden seien. „Das permanente Umbenennen von städtischen Gesellschaften schafft nur Verwirrung“, hebt Bahn auf den für Außenstehende kaum zu durchschauenden Reigen aus nebeneinander bestehenden Begrifflichkeiten für diverse Unterabteilungen wie Hagen-Business, Hagen-Marketing und Hagen-Areal unter dem Dach von Hagen-Wirtschaftsentwicklung ab.
Stadt ohne Zukunftsdynamik
Das renommierte Prognos-Institut hatte der Stadt im Rahmen eines Rankings anhand von 28 Kriterien aus fünf Themenfeldern (Ökologie, Mobilität, Soziales, Arbeit und Digitalisierung) zuletzt erneut ein schlechtes Zeugnis ausgestellt und Hagen auf Platz 65 der 71 Vergleichskommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern platziert. Beim sogenannten Dynamikranking, das Entwicklung und Fortschritte in den vergangenen Jahren berücksichtigt, reicht es gar nur für Rang 67. „Das ist besonders ernüchternd, zeigt es doch, dass es in den vergangenen Jahren keine Wachstumsstrategie gab“, stellt der Unternehmerratssprecher fest. „Mit dieser Platzierung kann Hagen nicht zufrieden sein“, ordnet ebenso Christopher Schmitt, Geschäftsführer der Hagener Wirtschaftsförderung, dieses Resultat durchaus selbstkritisch ein. Gerade das schlechte Abschneiden von Hagen in der Dynamik der Veränderungen müsse alle lokalen Akteure darin bestärken, die Maßnahmen aus dem Strategieprozess „Hagen-Horizonte 2035“ engagiert umzusetzen und weiterzuentwickeln.
Eine Betrachtungsweise, der Winfried Bahn kaum folgen mag: „Trotz verschiedener, oft zitierter Konzeptpapiere herrscht weiterhin Stillstand.“ Seit acht Jahren verweise der Unternehmerrat darauf, dass es einer Wachstumsstrategie für Hagen bedürfe. Für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort reicht es jedoch nicht, sich auf neue Gutachten zu fokussieren. Vielmehr sei konkretes Handeln längst überfällig.
Kernfragen zum Wirken
Als Grundlage für ein strategisches Vorgehen zum Beispiel zur Flächenentwicklung stellt der Unternehmerrat einige Kernfragen in den Raum, die von der Hagener Wirtschaftsförderung oder ihren Aufsichts- und Begleitgremien dringend beantwortet werden müssten:
1. Was wird konkret getan, um Flächen zu entwickeln und welche Flächen werden abseits von Hagen-Valley entwickelt?
2. Gibt es ein gewerbliches Flächenregister der Stadt Hagen bzw. des Landes?
3. Gibt es ein gewerbliches privates Flächenregister bei der Stadt oder Wirtschaftsförderung?
4. Gibt es eine Zusammenarbeit mit Maklern oder ein Portal mit privaten gewerblichen Verkaufsflächen bei der Wirtschaftsentwicklung?
5. Gibt es Anfragen nach Gewerbeflächen bei der Wirtschaftsförderung und gibt es dazu konkrete Analysen bezogen auf die Jahre 2021 bis 2024? Wie werden diese Anfragen bearbeitet und ausgewertet?
6. Gibt es eine konkrete Analyse des Flächenbedarfs von ansässigen Hagener Firmen? Gibt es eine Statistik zur Bedarfsanalyse und -ermittlung?
7. Wie viele erschlossene Gewerbeflächen stehen derzeit zur Verfügung und wo werden sie angeboten?
„Eine Analyse des Gewerbeflächenmarktes ist ein wichtiger Baustein für eine effektive Wachstumsstrategie und eine erfolgreiche Ansiedlungspolitik“, verweist Winfried Bahn darauf, dass dem Unternehmerrat Anfragen von auswärtigen Firmen vorliegen, die Flächen benötigen und an anderen Stellen in Hagen nicht zum Erfolg gekommen sind: „Leider läuft man häufig in Sackgassen bei Hagen-Areal. So wird auf deren Website beispielsweise als Besitzer der Varta-Insel die HIG (Hagener Industrie- und Gewerbeflächen GmbH) angegeben, die aber nun als Hagen-Areal firmiert. Da fällt es schwer, durchzublicken.“
Erschreckende Arbeitsmarktdaten
Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen von Hagen machten einmal mehr deutlich, dass es dringend einer Niederlassung neuer Unternehmen in Hagen bedürfe, schlussfolgert Bahn. Die Arbeitslosenquote kletterte im Juli auf alarmierende 12,2 Prozent und ist damit mehr als doppelt so hoch wie der Bundesdurchschnitt (6,0 Prozent). Hinzu kommt, dass im Vergleich zum Juli des Vorjahres in Hagen 1000 Jobsuchende hinzugekommen sind und im Stadtgebiet inzwischen 12.567 Frauen und Männer ohne Beschäftigung unterwegs sind.
„In Anbetracht dieser alarmierenden Entwicklungen sind Wachstumsimpulse auf allen Ebenen dringend erforderlich, um die Abwärtsspirale in Hagen zu durchbrechen“, reagiert der Unternehmerrat auf die jüngsten Entwicklungen, während die Kommunalpolitik wortlos in der Sommerurlaubsstarre verharrt. „Es stellt sich die Frage, wie effizient unsere Wirtschaftsförderung in den letzten zehn Jahren gewesen ist“, erwartet Bahn als Sprecher der Wirtschaftsbetriebe, dass die lokalen Mandatsträger sich endlich deutlich engagierter der Gesamtthematik annehmen.