Hagen. Eine Polin wird in Hagen in einer Wohnung gefangen gehalten. Per WhatsApp verschickt die verzweifelte Tochter Hilferufe an Medien und Polizei.

In einer Wohnung in Hagen wurde am Freitagmittag eine Frau (38) im Badezimmer eingesperrt, gefesselt und über Stunden gefangen gehalten. Die aufgeregte Tochter (20), die davon erfahren hatte und in Polen lebt, versuchte von dort aus die Polizei in Hagen zu alarmieren. Doch nur auf Polnisch kam sie zunächst nicht weiter. In ihrer Verzweiflung verschickte sie deshalb gezielte Hilferufe über WhatsApp.

Dazu hatte sie eine Übersetzungsmaschine benutzt, drei Polizeidienststellen und Medien über Facebook angeschrieben und aufgeschreckt. Um 13.51 Uhr kam diese Nachricht bei der WESTFALENPOST an.

Drama in Wehringhausen

„Meine Mutter ist in Gefahr. Der Mann, der sie vergewaltigt hat, hat sie gefunden und gefesselt. Er gibt ihr Alkohol. Da ist ein kleines Kind. Sie braucht Hilfe.“ Rückfragen unter der unbekannten polnischen Nummer ergaben, dass sich das Drama in einer Wohnung an der Eugen-Richter-Straße in Wehringhausen abspielen solle. Der Tatverdächtige sei der ehemalige Freund ihrer Mutter.  

Polizeieinsatz in Wehringhausen; Eugen-Richter-Straße; Hagen;
Die Polizei Hagen stellt an der Wohnung blaues Plastikband sicher. © Alex Talash | Alex Talash

Drei Streifenwagen fuhren daraufhin zu der angegebenen Adresse. In der Wohnung wurden zwei Männer und die Frau angetroffen, die leicht verletzt war, eine ärztliche Behandlung jedoch ablehnte. Sie gab an, sich seit einigen Tagen in dieser Wohnung aufgehalten zu haben.

Streit mit Ex-Freund

Am Freitagmorgen sei es dann zu einem Streit mit ihrem Ex-Freund (42) gekommen. Er habe sie im Badezimmer gefesselt, geschlagen und bedroht. In der Wohnung befand sich zu diesem Zeitpunkt auch noch ihr zwei Jahre altes Kind. „Ich wurde gezwungen, Amphetamine zu nehmen und ich musste Wodka zu trinken“, berichtet die Betroffene später im Gespräch mit dieser Zeitung.

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Sie hatte zum Tatzeitpunkt bereits nachweislich 1,1 Promille Alkohol im Blut. Als sie später das Badezimmer wieder verlassen durfte, hätte sie ihre große Tochter in Polen angerufen und diese gebeten, sie möge die Polizei in Deutschland verständigen.

Polizei versteht Tochter nicht

Was sich dann aufgrund der Sprachprobleme als nicht so einfach herausstellen sollte: „Ich wusste nicht, wo ich Hilfe suchen sollte. Ich rief die Polizei, aber sie verstanden mich nicht und ich sie auch nicht“, schreibt die Tochter in Polen mit ihrem Übersetzungsprogramm als WhatApp-Nachricht.

Festgenommen und abgeführt: Die Polizei Hagen verhaftet einen 42-Jährigen.
Festgenommen und abgeführt: Die Polizei Hagen verhaftet einen 42-Jährigen. © Alex Talash | Alex Talash

„Bereits einige Tage zuvor war es zu einem Polizeieinsatz und zu häuslicher Gewalt zum Nachteil der Frau gekommen, die in diesem Zusammenhang auch ein Sexualdelikt zu ihrem Nachteil angezeigt hatte“

Ramona Arnhold
Sprecherin der Polizei Hagen

Um 14.55 Uhr wird der Ex-Freund in Handschellen aus dem Haus geführt. Ein Polizeibeamter packt dickes blaues Plastikband in den Kofferraum des Streifenwagens: Es soll als Fesselmaterial benutzt worden sein. Der Vorwurf der Freiheitsberaubung, Bedrohung und Körperverletzung steht im Raum. Die Fahrt geht zum Polizeigewahrsam.

Polizeieinsatz bereits Tage zuvor

„Bereits einige Tage zuvor war es zu einem Polizeieinsatz und zu häuslicher Gewalt zum Nachteil der Frau gekommen, die in diesem Zusammenhang auch ein Sexualdelikt zu ihrem Nachteil angezeigt hatte“, berichtet Polizeisprecherin Ramona Arnhold, „auch insoweit dauern die Ermittlungen an.“

„Meine Mutter wird wahrscheinlich nach Polen zurückkehren, weil sie Angst hat, dass er sie töten wird.“

Tochter der Geschädigten

Aufgrund bestehender Haftgründe wurde der Mann festgenommen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht am Wochenende einen Haftbefehl. Der 42-Jährige befindet sich jetzt in der JVA Hagen.

Dank der Tochter

„Meine Mutter wird wahrscheinlich nach Polen zurückkehren, weil sie Angst hat, dass er sie töten wird“, meldet sich die Tochter ein letztes Mal über WhatsApp: „Vielen Dank, Sie haben ihr das Leben gerettet.“