Hagen. Seit Anfang des Jahres gelten in Bäckereien und Restaurants unterschiedliche Steuern auf Speisen. So reagieren Bäcker und Gastronomen in Hagen.
Irgendwie kompliziert: Ein Kunde kauft in der Bäckerei Kamm ein belegtes Brötchen und bezahlt dafür sagen wir mal drei Euro. Wenn er das Backwerk vor der Tür oder bei sich zu Hause verzehrt. Nimmt er aber im Cafébereich der Bäckerei Platz, muss er 3,36 Euro berappen.
Bei To-go-Artikeln bleibt der Steuersatz bei sieben Prozent
Der Grund für den unterschiedlichen Preis liegt für Sebastian Kamm auf der Hand: „Für Speisen, die im Haus verzehrt werden, müssen jetzt wieder - wie vor der Coronazeit - 19 Prozent Mehrwertsteuer abgeführt werden, für To-go-Artikel bleibt der Steuersatz bei sieben Prozent. Die Mehrkosten müssen wir abfedern, wir sind zum Handeln gezwungen“, so der Junior-Geschäftsführer von Kamm in Hagen.
Aufschlag von 12 Prozent
Auf gelb-roten Schildern, die an der Theke befestigt sind, ist zu lesen: „Plus 12 Prozent bei Verzehr im Café und auf der Terrasse. Aufgrund der erhöhten Mehrwertsteuer erheben wir auf alle Speisen, die im Café oder auf der Terrasse verzehrt werden, einen Aufschlag von 12 Prozent auf unsere Preise“.
Wie die Kunden auf die unterschiedliche Preisgestaltung reagieren? „Mit viel Verständnis. Wir haben im Vorfeld allerdings auch sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem Thema vertraut gemacht. Alle können den Hintergrund der Maßnahme unseren Kunden erklären. Bislang ging bei uns nur eine Anfrage per Mail ein“, versichert Sebastian Kamm. In der letzten Zeit habe er die in vielen Bereichen teils immensen Kostensteigerungen nur zum Teil an die Kunden weitergegeben, „aber die zwölf Prozent Erhöhung können wir nicht alleine tragen“.
Café- bzw. Servicepauschale nicht unüblich
In etlichen Bäckereien in NRW, auch im Dortmunder Raum, sei es gang und gäbe, eine Café- bzw. Servicepauschale von 15 bis 20 Prozent bei Im-Haus-Verzehr aufzuschlagen, „das planen wir in unseren acht Filialen in Hagen allerdings nicht“.
Und wie geht die Mühlenbäckerei Vielhaber, die in Hagen zwei Betriebe führt (die Bäckerei Vielhaber im Campushotel an der Feithstraße sowie die Holzofenbäckerei Vielhaber im Stadtfenster) mit der Rückkehr zum früheren Mehrwertsteuersatz um? „Die Erhöhung von sieben auf 19 Prozent, also eine Erhöhung um zwölf Prozent, bekommen wir nicht so einfach geschluckt“, spricht Elisabeth Vielhaber Tacheles.
Im vergangenen Jahr hätte ihr Unternehmen, zu dem 28 Filialen gehören, trotz Mehrkosten in vielen Bereichen keine Preiserhöhung vorgenommen. Die Junior-Chefin konkretisiert: „Beinahe alles ist doch teurer geworden. Ob Mieten, Energiekosten, Personalkosten oder Lebensmittel. Das alles ist kaum noch zu stemmen.“
Aufsteller auf der Theke
Bisher hätten ihre Gäste beim Verzehr von Speisen im Café einen zehnprozentigen Aufschlag gezahlt, seit der Mehrwertsteueränderung Anfang Januar sei eine Erhöhung um weitere zwölf Prozent unausweichlich. Sie hielte nichts von einer Mischkalkulation, sprich, dass Artikel, die im bzw. außer Haus verzehrt würden, jeweils „etwas teurer“ würden, „wir informieren unsere Kunden lieber offen und ehrlich per Aufsteller auf der Theke über unseren neuen Zwölf-Prozent-Aufschlag für ,Im- Haus-Verzehr‘, den wir jetzt zusätzlich eingeführt haben“, so Elisabeth Vielhaber.
Personalaufwand ist größer
Der Sitzbereich im Café müsse schließlich beheizt und gesäubert und das benutzte Geschirr gespült werden, außerdem sei der Personalaufwand größer, „Gäste, die vor Ort etwas verzehren, bringen weitere Kosten mit sich und sind mit Kunden, die lediglich an der Theke etwas bestellen und die Bäckerei dann verlassen, nicht zu vergleichen“.
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Das sei natürlich vor Corona und der Pandemie – also bevor die Steuersenkung eingeführt wurde - auch schon so gewesen, „doch die Gesamtsituation ist mit jener vor 2020 nicht zu vergleichen“.
McDonalds-Kunden zahlen einen Preis
Und wie läuft das Besteuerungsprozedere beim Fast-Food-Anbieter McDonalds? „Der Kunde zahlt bei uns einen Preis, egal, ob er seinen Burger im Restaurant oder woanders isst“, sagt Lilian Haas, die in Hagen fünf McDonalds-Filialen betreibt.
Bei ihnen sei der To-go-Anteil, der ja weiterhin mit nur sieben Prozent besteuert würde, sowieso hoch. „Der Standardspruch unseres Personals lautet ,Zum hier essen oder zum Mitnehmen?‘ Wir geben die Bestellung dann so in unser System ein, dass der entsprechende Steuersatz gebucht wird. Aber der Kunde merkt davon nichts.“
Bei Pibosa bleibt alles beim Alten
Ein Blick auf die Springe: Wie schaut’s bei Pibosa, dem Anbieter für Pizza, Bowls und Salate, aus?
„Das Restaurant verfügt zwar über 40 Sitzplätze und einen großen, bestuhlten Außenbereich, aber trotzdem liegt unser Schwerpunkt beim Außer-Haus-Verkauf“, erklärt Franchise-Nehmerin Katja Karavelidou. Und weiter: „Ich habe meine Preise Anfang des Jahres weder erhöht noch gestaffelt. Und erstmal bleibt auch alles beim Alten.“
Dehoga geht von einer Mischkulation in vielen Betrieben aus
Lars Martin, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Südwestfalen, vermutet, dass im Laufe des Jahres einige Betriebe nach unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen gestaffelte Preise einführen werden, „viele werden aber sicherlich - wie auch früher schon – eine Mischkalkulation ansetzen“.