Rohrbruch in Hagen: Anwohner hoffen vergeblich auf Hilfe
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Hagen. Tagelang haben die Bewohner des Heckenwegs in Hagen nach dem aufgeräumt. Nach einem Wasserrohrbruch hatten sie vergeblich auf Hilfe gehofft.
Tag fünf nach der Katastrophe ist der Tag, an dem ein großer Sperrmüllwagen des Hagener Entsorgungsbetriebs (HEB) in den Heckenweg biegt. Die Vorgärten der Miethäuser der Hagener Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft (HaGeWe) gleichen Deponien. Nahezu alles, was nach einem der größten Rohrbrüche in Hagen in den völlig überschwemmten Kellern gelagert wurde, hat über das Wochenende den Weg ans Tageslicht gefunden.
„Katastrophe“, sagt Stefan Obermeyer, der in seinem Rollstuhl auf dem Balkon sitzt, „anders kann man das nicht beschreiben. Anfangs haben wir nur gesehen, dass das Wasser durch unsere Straße rauscht. Aber was daraus wird, was das bedeutet – da haben wir alle uns kein Bild gemacht.“ Und weiter: „Wir alle haben nicht den Eindruck, als gäbe es ein funktionierendes Krisenmanagement. “
Schippen, schleppen, putzen: Anwohner räumen tagelang auf
Großes Aufräumen nach Rohrbruch in Hagen
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Sie haben geschippt, sie haben geschleppt, sie haben geputzt. Stundenlang, tagelang. Und bei all dem fühlen sich die Bewohner völlig allein gelassen.
Immerhin: Es ist eine solidarische Gemeinschaft erwachsen. „Jeder hat hier jedem geholfen. Alle haben sich gegenseitig unterstützt“, sagt Obermeier, der durch den barrierefreien Ausgang auf der Rückseite des Hauses seine Wohnung zunächst nicht hat verlassen können. „Wenn da die Nachbarn nicht mit angepackt und die die Zuwegung vom Schlamm befreit hätten, wäre ich heute noch in den eigenen vier Wänden gefangen. Bei uns im Keller stand das Wasser 1,60 Meter hoch. In der Wohnung ist es heute noch unter unserem Laminat. Wir hatten kein trockenes Handtuch, kein trockenes Bettlaken. Auf Hilfe von außen haben wir hier vergeblich gewartet.“
Das beklagen nahezu alle, die hier wohnen. „Wir sind erst am Wochenende aus dem Urlaub in Griechenland zurückgekehrt“, erzählt Anastasia Manou, „Waschmaschine, Trockner, Kühlschrank – all die schweren Geräte haben wir selbst schleppen müssen. Dabei haben wir das Chaos hier ja gar nicht zu verantworten. Am liebsten hätten wir unsere Koffer gleich wieder genommen und wären abgereist.“
Kontakt zur Versicherung der Enervie haben sie und ihr Mann schon gesucht. Der Erfolg aber ist übersichtlich. „Wir sollen alles dokumentieren und fotografieren, aber es fehlen zum Teil die Rechnungen. Dazu kommen die Arbeitsstunden, der Ärger, der Dreck. Das ersetzt uns niemand“, so Christos Aliatidis.
Dazu kommt, dass Informationen offenbar die Bewohner nicht erreichen. „Dass hier heute abgefahren wird, haben wir nicht gewusst“, sagt Sandra Ackermann, die am Wochenende arbeiten musste und immer nur stundenweise dazu kommt, ihren Keller zu entrümpeln. Ihre Hände und ihre Schuhe sind dreckig, weil der Keller ihres Miethauses immer noch nicht sauber ist. „Und wir haben immer noch keine warmes Wasser, damit man sich mal richtig waschen kann. Das ist doch der Hammer.“
Bedient ist auch Guiseppe Tripi. „Wir haben viel Kleidung im Keller gelagert. Die können wir jetzt wegschmeißen“, sagt er. „Dazu zählt auch das Hochzeitskleid meiner Frau. Ihr Traum war, dass auch unsere Tochter darin eines Tages heiratet. Daran hängen Erinnerungen. Die kann einem niemand ersetzen.“
Das sagt die Wohnunggesellschaft HaGeWe
Verständnis für die Wut der Anwohner hat Marco Boksteen, Geschäftsführer der HaGeWe: „Wir versuchen die Bereiche, auf die wir Einfluss haben, so schnell wie möglich abzuarbeiten. Im ersten Haus haben wir die Heizungsanlage bereits ersetzt, so dass die Bewohner auch wieder warmes Wasser haben. Die anderen werden folgen.“ Im Grunde zähle aber auch sein Unternehmen zu den Geschädigten, so Boksteen weiter. „Wir merken auch, dass einiges durcheinander geht.“
Das sagt der Netzbetreiber Enervie
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Auch Andreas Köster, Sprecher des Wassernetz-Betreibers Enervie, reagiert auf die Kritik der Anwohner: „Es ist bei den vielen technischen Herausforderungen vielleicht zur kurz gekommen, dass wir unser Bedauern aussprechen, für das, was den Bewohnern dort widerfahren ist. Deshalb noch einmal ausdrücklich: Es tut uns leid.“
Enervie sei direkt nach dem Wasserrohrbruch mit allen verfügbaren Kräften im Einsatz gewesen. „Wir können aber nicht einen ständigen Ansprechpartner vor Ort platzieren“, sagt Andreas Köster. „Aber natürlich sind wir als Unternehmen ständig telefonisch ansprechbar. Und auch unsere Mitarbeiter vor Ort können kontaktiert werden, auch wenn sie bei sehr speziellen Fragen vielleicht keine Antwort wissen.“
Das sagt die Stadt Hagen
Und auch die Stadt Hagen betont, sie sei direkt nach dem Unglück mit vielen Kräften vor Ort gewesen. „Selbst Oberbürgermeister Erik O. Schulz war noch in der Nacht da“, so Stadtsprecherin Clara Berwe. Rein rechtlich sei die Stadt nun aber nicht mehr zuständig. Nach der WP-Anfrage sicherte sie aber zu: „Wir werden als Stadt die involvierten Unternehmen wie Enervie, den HEB und die HGW noch mal kontaktieren, um herauszufinden, wo es noch Probleme gibt.“
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