Hagen. 2000 Liter pro Sekunde sind am späten Mittwochabend in Hagen aus einem Wasserrohr geströmt. Am Morgen wird das ganze Ausmaß des Rohrbruchs klar.
Der Morgen, nachdem das Wasser kam, ist am Loxbaum der Morgen des großen Aufräumens. Und es ist der Morgen, an dem Einsatzkräfte, der Energieversorger Enervie, die Hagener Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft (Hagewe) und Betroffene des Wasserrohrbruchs am Heckenweg eine erste Bilanz ziehen.
Beispiel Leonardo-Apotheke: „Wir haben hier über Stunden geschippt“, sagt Inhaberin Dorothee Leclaire, „als ich von dem Wassereinbruch erfahren habe, bin ich sofort her.“ Mit Sandsäcken sei es zunächst gelungen, das Schlimmste zu verhindern. Nach und nach sei das Wasser aber auch in den Verkaufsraum eingedrungen. „Die Möbel saugen es von unten auf. Die müssen wir alle ersetzen.“
Nach Rohrbruch: Wintervorräte der Apotheke komplett überschwemmt
Noch schlimmer allerdings ist die Situation im Keller des Gebäudes an der Boeler Straße. „Der ist zunächst trocken geblieben. Dann aber hat sich das Wasser vom Nachbargebäude von unten hinein gedrückt“, so Dorothee Leclaire. „Unsere kompletten Wintervorräte – Hustensaft, Antibiotika, Nasenspray, Taschentücher – sind betroffen. Da steht das Wasser.“ Ein kleiner Trost: Nachdem Schlamm und Dreck aus dem Verkaufsraum heraus sind, kann die Apotheke öffnen. „Auch unser Labor ist glücklicherweise nicht betroffen.“
Das Aufräumen steht auch Christopher Düllmann und Volker Schüttler bevor. Beide wohnen in jenem Mietshaus der Hagewe, das von den Wassermassen – kaum vorstellbare 2000 Liter pro Sekunde, also rund 13 Badewannen – erreicht wurde. „Ich habe in der Nacht ein plötzliches Rauschen gehört. Dann bin ich raus und habe das ganze Malheur gesehen“, so Volker Schüttler. Christopher Düllmann nimmt es mit Galgenhumor: „Jetzt ist man gezwungen, den Keller endlich mal aufzuräumen.“
Anwohnerin klettert durch Fenster in Wohnung
Evakuiert wurde Gandolfina Giunta mit ihrem Mann, die an der Ecke Heckenweg/Boeler Straße wohnt. „Ich war gar nicht zu Hause, musste dann erst sehen, wie ich überhaupt in unsere Wohnung komme, bin von hinten durch ein Fenster geklettert. Dann habe ich erst realisiert, wie gefährlich die Situation war“, sagt Gandolfina Giunta. „Wir haben dann die Nacht bei unserem Sohn verbracht.“ Insgesamt mussten 150 Bewohner vorübergehend ihre Wohnungen verlassen.
Einen Überblick verschafft sich an diesem Morgen Erik Höhne, Vorstand des Versorgers Enervie. „Das sind schon erhebliche Dimensionen. Diese Leitungen mit einem Durchmesser von 70 Zentimetern sind die größten, die wir im Stadtgebiet haben“, so Höhne, „was letztlich zum dem Rohrbruch geführt hat, können wir noch nicht sagen. Für uns ist es wichtig, dass wir die Voraussetzungen schaffen, damit die Menschen hier wieder versorgt werden können.“
Kurzschlüsse in den Zählerschränken
Deshalb ist auch Elektriker Christian Schmidt von „Kleine & Lutz“ vor Ort. „Es gab erhebliche Kurzschlüsse in den Zählerschränken“, sagt er, „so etwas habe ich auch noch nicht gesehen. Zum Teil müssen wir komplett neue Schränke einbauen. Zum Teil reicht es, wenn wir die Einbauten ersetzen.“
Der Heckenweg bleibt derweil für den Verkehr gesperrt. Die Wassermassen haben der ohnehin arg ramponierten Fahrbahndecke den Rest gegeben.