Hagen. Dr. Rolf Kinzius ist ärztlicher Leiter des Impfzentrums und koordiniert die Impf-Einsätze in Hagen. Das Impf-Team gibt Einblicke.
Am Ende ist es nur ein kleiner Pieks. Aber der Aufwand drumherum, der wird oft vergessen. „Über Stunden in der Schutzausrüstung zu arbeiten ist anstrengend. Es sind keine Pausen oder Toilettengänge möglich, sonst muss man die komplette Ausrüstung wechseln“, sagt Dr. Rolf Kinzius, der nicht nur der ärztliche Leiter des Hagener Impfzentrums ist, sondern auch den Einsatz der mobilen Teams in den Seniorenheimen koordiniert, um dort die Bewohner zu impfen. Seine Frau Dr. Michaela Kinzius, der langjährige Chefarzt der AKH-Kinderklinik, Dr. Gerhard Koch, viele weitere Ärzte, Helfer und Apotheker unterstützen ihn.
Die gute Nachricht: Alle 27 Hagener Pflegeeinrichtungen sind mit dem ersten Impfgang durch. Jetzt steht jeweils die zweite Runde an. Aber dann werden noch dritten oder vierten Impfrunden für die Hagener Ärzte folgen: „Es gibt ja auch Personal oder Bewohner, die nachträglich geimpft werden möchten“, so Rolf Kinzius.
Beobachtung der infizierten Senioren
Sorgen und Ängste vor der Spritze mit dem Impfstoff, der die Welt wieder zurück zur Normalität führen soll, das hätten die wenigsten. „Die Impfbereitschaft ist in den letzten zwei Wochen stark gestiegen. Sie dürfte mittlerweile um die 60 Prozent liegen“, schätzt Kinzius. Auch die Fälle der Senioren, die nach der Impfung eine Coronainfektion aufwiesen, hätten das nicht geändert. "Der Körper muss die Antikörper erst einmal bilden. Das kann mehrere Tage dauern. Zumal ja die zweite Impfung notwendig für den Vollschutz ist.“
Der Krankheitsverlauf der Senioren, die nach der Impfung ein positives Testergebnis aufwiesen, würde nun genau beobachtet. „Das könnte Erkenntnisse liefern, welche Auswirkung eine vorausgegangene Impfung auf den Krankheitsverlauf hat“, so Koch. Vanessa Pudlo von der Kassenärztlichen Vereinigung will in diesem Zusammenhang betonen, dass es bislang "keinen nachgewiesenen Zusammenhand zwischen der Impfung und der Entstehung einer Corona-Infektion gibt."
Zeit nehmen für die Sorgen der Menschen
Dem Impfteam ist vor allem wichtig, sich für jeden ausreichend Zeit zu nehmen, auch wenn es die Maßgabe gibt, möglichst schnell mit den Impfungen voranzukommen. „Es werden nicht alle in eine Schlange gestellt und nacheinander abgearbeitet“, will Koch betonen. „Der menschliche Aspekt steht im Vordergrund.“
Drumherum muss der aufwändige Papierkram erledigt und am Ende von den Ärzten quittiert werden. Mehrere Formulare muss allein ein Patient ausfüllen, gibt Kinzius einen Einblick. „Der bürokratische Aufwand ist für uns und für die Heime immens“, sagt er. Dass viel Arbeit auf das Team zukommt war klar.
Zusammenarbeiten für die Gesundheit der Bürger
Trotzdem stand schnell fest, warum sich die Hagener Ärzte in dieser Sache einbringen wollen: „Es ist spannend und herausfordernd, an der Pandemiebekämpfung teilnehmen zu können. Wir haben eine einzigartige Chance und ich meine auch die menschliche Pflicht, zum Wohle aller zu handeln“, betont Michaela Kinzius. Gerhard Koch ergänzt: „Und das faszinierende ist, dass man verhindern kann, dass die Krankheit überhaupt entsteht.“
Alle drei zeigen sich beeindruckt von der übergreifenden Zusammenarbeit in der Stadt. Dem Willen, den Bürgern eine Erkrankung mit Corona zu ersparen: „Alle Krankenhäuser, alle Praxen, die Verwaltung – alle sitzen zusammen an einem Tisch“, so Rolf Kinzius. „Diese Erfahrung ist wirklich erhebend“, betont auch Koch.
Alle drei sind bereits geimpft
Und bei all dem medizinischen Wissen, der Beschäftigung mit den Impfstoffen, möglichen Nebenwirkungen – „die in Hagen wirklich sehr selten und sehr leicht waren“, so Michaela Kinzius – haben die Mediziner irgendwo trotzdem auch Verständnis für Impfgegner: „Man muss jede Meinung ernst nehmen. Mit so einer Impfung hängt viel Vertrauen zusammen. Vertrauen in den Arzt, in das Mittel.“
Aber man müsse sich dabei immer eins vor Augen führen: Die Bewegungsfreiheit, das lange, gesunde Leben: „All das ist nur möglich dank Impfungen“, so Koch. „Denken Sie an all die tödlichen, schlimmen Krankheiten wie Polio, Tollwut, Tetanus...“, nennt er nur einige Beispiele. Er selbst hat bereits seine zweite Impfe erhalten. Genau wie Rolf Kinzius und seine Frau, weil sie zum berechtigten Personenkreis gehören, der prioritär geimpft wird. „Wir machen das, weil wir überzeugt sind, dass nur so die Pandemie beendet werden kann.“
Herausforderungen stehen an
Trotzdem stehen noch Herausforderungen an: Da ist zunächst der Start des Impfzentrums in der Stadthalle. Hier wird das Ehepaar gemeinsam mit Gerhard Koch vorwiegend administrative Aufgaben erledigen. „Es wird nur noch selten vorkommen, dass wir selbst impfen“, so Michaela Kinzius.
Probe-Einsätze hat es seit Dezember regelmäßig gegeben, damit ab dem 1. Februar alles rund läuft. „Zum Glück ist der Impfstoff doch nicht so empfindlich, wie vermutet. Es wird also auch möglich, nicht mehr mobile Senioren irgendwann zuhause zu impfen“, so Kinzius, der hofft, dass bald auch die Hausarztpraxen mit dem entsprechendem Impfstoff beliefert werden.
Die Arbeit macht Hoffnung
„Das wäre ein Durchbruch“, sagt er ganz offen. Ein weiterer Durchbruch wäre dann eine Behandlungsmethode, die bereits Erkrankte heilt oder zumindest die Krankheitsverläufe positiv beeinflussen kann. „Aber das wird noch dauern", betont der Hagener Arzt, der parallel auch seinen Praxisbetrieb aufrecht erhalten muss. Dauern wird es auch, bis tatsächlich alle Hagener geimpft sind. „Aber es geht Schritt für Schritt voran. Und das macht Hoffnung“, sind alle drei sich einig.