Ennepetal. Musikschule in der Krise: Ein Viertel weniger Unterrichtsstunden, eine Reduzierung des Angebots und deutlich weniger Schüler. Das sind die Gründe.
Die Musikschule der Stadt Ennepetal musste und muss drastische Einschnitte vornehmen. Um den Unterricht und insbesondere das „Jekits“-Angebot (Jedem Kind ein Instrument, Tanzen, Singen) in Ennepetal wenigstens in Teilen noch aufrechterhalten zu können, wird die mit der Stadt Breckerfeld getroffene Vereinbarung zur Durchführung des dortigen „Jekits“-Programms zum Ablauf des aktuellen Schuljahres gekündigt. Darüber hinaus wird „Jekits“ in Ennepetal ab dem zweiten Schulhalbjahr nicht mehr an allen Ennepetaler Grundschulen angeboten.
Die Musikschule hat ein großes Personalproblem. 2017 hatte die Politik beschlossen, dass ausscheidende festangestellte Lehrkräfte in der Regel nur noch durch Honorarkräfte ersetzt werden sollten. Das hatte sich schon als herausfordernd erwiesen, weil Lehrkräfte gefragt waren und sind und nicht zuletzt ein Landesprogramm die Festanstellung von Lehrerinnen und Lehrern an Musikschulen förderte. Ein Urteil des Bundessozialgerichts sorgte letztlich dafür, dass die Stadt gar keine Honorarkräfte mehr einsetzen kann. Demnach entspricht die Beschäftigung einer Musikschullehrkraft auf Honorarbasis nicht den Merkmalen einer „selbstständigen Tätigkeit“. Das hat zur Folge, dass Musikschulen - kommunale wie private - dazu angehalten sind, ihre Lehrkräfte in Festanstellung zu beschäftigen.
Wegfall von 80 Wochenstunden
Für die Stadt Ennepetal wäre dies aufgrund der aktuellen Haushaltslage nicht möglich. Im Zuge der Aufstellung des Haushaltssicherungskonzepts zur Konsolidierung der städtischen Finanzen hatte die Politik die Vorgabe gemacht, in den kommenden zehn Jahren 50 Stellen einzusparen. Das Betreiben einer Musikschule zählt zu den freiwilligen Leistungen, die bei der Suche nach Einsparmöglichkeiten naturgemäß zuerst im Fokus stehen.
„Uns sind aufgrund des Gerichtsurteils sechs Köpfe weggebrochen“, erklärt die Leiterin des Fachbereichs Ordnung, Bürgerdienste und Bildung, Stefanie Zoller. Verträge mit Honorarkräften wurden nicht verlängert beziehungsweise gekündigt. „Das hat erhebliche Einschnitte mit sich gebracht.“ Diese sechs Honorarkräfte hätten 80 Wochenstunden geleistet. Undenkbar, dies mit dem vorhandenen Personal aufzufangen.
27 Wochenstunden (zuzüglich der Fahrzeiten, die als Arbeitszeit gelten) werden dadurch eingespart, dass die Vereinbarung mit der Stadt Breckerfeld gekündigt wird. Diese war 2008 geschlossen worden und beinhaltete, dass die Musikschule Ennepetal das Jekits-Programm (das anfangs noch Jeki - „Jedem Kind ein Instrument“ - hieß) in der Nachbarstadt durchführt. In finanzieller Hinsicht sei die Kündigung eher ungünstig, erklärt der Erste Beigeordnete Dieter Kaltenbach, weil es eine hundertprozentige Kostenerstattung durch die Stadt Breckerfeld gegeben habe.
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Nach Wegfall der Honorarkräfte blieben 143,8 Wochenstunden, die die Musikschule leisten konnte. „Zusätzlich haben wir noch eine Vollzeitstelle mit 30 Stunden akquiriert“, erklärt Stefanie Zoller. Dafür werden im Stellenplan für den Fachbereich als Ausgleich anderswo Kapazitäten reduziert. Die zusätzlichen 30 Stunden verteilen sich auf drei Lehrkräfte, von denen zwei bereits an Bord sind, eine dritte Kraft, die Gitarre unterrichten soll, wird noch gesucht. Unter dem Strich kann die Musikschule damit Unterricht im Umfang von 173,8 Wochenstunden anbieten.
Weil trotz der wegfallenden Stunden in Breckerfeld und der zusätzlichen Vollzeitstelle noch Kapazitäten fehlen, habe man sich auf ein gewisses Angebot festlegen müssen, erklärt Stefanie Zoller. Im Kernbereich wird nur noch Gitarre, Keyboards, Geige und Blockflöte unterrichtet, hinzu kommt der Chor. „Instrumente wie fast alle Blasinstrumente und Schlagzeug fallen dadurch hintenüber“, so die Fachbereichsleiterin. Man habe die Verträge mit den Schülerinnen und Schülern für diese Instrumente kündigen müssen.
Ebenfalls gekündigt wurden „Jekits“-Veträge. Ab dem zweiten Schulhalbjahr, das Anfang Februar beginnt, wird es nur noch an der Grundschule Altenvoerde sowie den Standorten Deterberg und Rüggeberg der Grundschule Wassermaus Instrumentalunterricht geben. An der Grundschule Voerde wird im Rahmen von Jekits Singen angeboten. An den anderen Grundschulen kann das Projekt, das vom Land NRW gefördert wird, vorerst nicht mehr durchgeführt werden. Aufgrund des Personalmangels hatte die Musikschule schon mit Beginn des laufenden Schuljahrs den Jekits-Unterricht, der bisher alle vier Grundschuljahre umfasste, für die zweiten Klassen eingestellt. An den vier Standorten, an denen das Projekt weiter geführt wird, sollen möglichst ab dem zweiten Halbjahr auch die Zweitklässler wieder unterrichtet werden.
Großteil der Schüler verloren
Insgesamt hat die Musikschule Ennepetal durch die einschneidenden Maßnahmen einen großen Teil ihrer Schülerinnen und Schüler verloren. Im Schuljahr 2023/24 wurden noch 951 Schüler unterrichtet, ab Februar 2025 werden es nur noch 307 sein.
Was die Musikschule in Zukunft noch leisten kann und soll, wird die Politik in nächster Zeit beschäftigen. „Es muss immer im Kontext der Haushaltssituation betrachtet werden, welche Schwerpunkte gesetzt werden sollen“, meint Dieter Kaltenbach. Kaum ein Bereich der Verwaltung definiere sich so stark über Personalkosten wie die Musikschule. Kaltenbach betonte, dass man versuche, über den Förderverein Spenden einzuwerben und so zusätzliche Spielräume zu schaffen.
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