Schwelm. Der Erhalt der letzten Brauerei-Gebäude wird die Schwelmer Innenstadt maßgeblich prägen. Doch das wirft plötzlich ganz neue Fragen auf.
Die Gebäude der ehemaligen Brauerei Schwelm sind das nächste entscheidende Puzzlestück zur neuen Mitte der Stadt Schwelm. Der Brauerei-Verein gibt Vollgas, um die Brache so schnell wie möglich wieder mit Leben zu füllen. Doch an dieser Stelle tun sich zwei Fragen auf: Wo genau ist eigentlich die Mitte von Schwelm? Und: Woher kommt das Geld für die Entwicklung der Innenstadt? Die Stadt und der Verein hoffen auf Förder-Millionen.
Neue Richtlinien machen es in diesem Jahr erforderlich, dass die Stadt einen neuen Antrag stellt, um die Förderung für die Gesamtmaßnahme „Neue Mitte Schwelm“ zu erhalten und weitere Maßnahmen umzusetzen. Die Verwaltung legte dem Ausschuss für Umwelt und Stadtentwicklung (AUS) am 5. November das entsprechende Konzept vor.
Laut Tanja Hühner, Fachbereichsleiterin Planen, Bauen und Umwelt, sei das Konzept eine Art Kurz-Version des integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes (ISEK). „Von den Inhalten ist es im Wesentlichen aus dem ISEK 2019 abgeleitet, viele Maßnahmen sind übernommen“, erklärte Hühner. „Wir haben das Projekt eher konzentriert, als erweitert.“
Mit Konzentration meint Hühner, dass „das Herz der Stadt Schwelm“, also das Umfeld um das neue Rathaus herum und der Bereich zum Kulturhaus hin im Fokus stehen. „Insbesondere die verbindenden Achsen Römerstraße – Bürgerplatz und Neumarktstraße sollen neugestaltet werden. Zusätzlich soll der Wilhelmsplatz als zentraler Platz neugestaltet werden“, schreibt die Verwaltung in der Vorlage.
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Zuschüsse zur Modernisierung von Fassaden
Das Kurz-ISEK stelle einen Ausblick dar, welche Projekte in der ursprünglich geplanten Förderphase bis 2027 realistisch umgesetzt werden können und welche Projekte für eine eventuell mögliche zweite Förderphase weiterhin geplant sind. Auch ein Hof- und Fassadenprogramm möchte die Stadt Schwelm auflegen, bei dem Hauseigentümer bei der Gestaltung von Fassaden und dem Wohnumfeld beraten werden und Zuschüsse erhalten können.
5,5 Millionen für Revitalisierung der Brauerei möglich
Teil der inneren Mitte von Schwelm soll auch die ehemalige Brauerei bleiben, für deren Erhalt sich seit einem Jahr der gleichnamige Verein einsetzt. Dieser bemühte sich bereits erfolgreich um Fördergelder aus dem Programm „Dritte Orte“. Aktuell erstellt der Verein ein Konzept für die Revitalisierung der Brache. Das muss bis März 2025 erstellt werden, damit der Verein weitere Gelder aus einer zweiten Förderung beantragen kann.
Da die Mittel des Programms „Dritte Orte“ limitiert sind, möchte die Verwaltung einen Antrag für weitere Maßnahmen im Rahmen der Städtebauförderung stellen. Laut der Kostenübersicht der Sitzungsvorlage rechnet die Stadt mit einer Förderung für das Kesselhaus in Höhe von 5,5 Millionen Euro. Weitere 5,5 Millionen Euro sollen von privaten Investoren kommen.
Derzeit kein Risiko für Stadthaushalt
Hier setzte Markus Grünewald von der BIZ-Fraktion an, der seine Frage nicht als Kritik an dem Engagement für die Brauerei verstanden haben wollte, aber trotzdem nachhakte, ob es unkritisch sei, wenn zusätzlich zu einer ISEK-Förderung auch Gelder aus der zweiten „Dritte Orte“-Förderphase kommen würden. In Bezug auf eine mögliche Belastung für den städtischen Haushalt fragte Grünewald: „Gibt es trotzdem Risiken, die wir hier nicht erkennen?“
Ralf Schweinsberg, Technischer Beigeordneter der Stadt, erklärte, dass man versuche, Risiken zu minimieren. Man führe intensive Gespräche mit dem Verein als auch mit den „Dritte Orte“-Verantwortlichen, bei denen auch genau diese Frage besprochen werde. „Das wird tatsächlich ein sehr aufwendiger Prozess sein, diese Risiken gegeneinander abzuwägen und auch zu schauen, welche Förderung kriege ich wo“, sagte Schweinsberg. Entscheidend werde sein, welches Konzept vorzulegen sei. Ein Risiko für den städtischen Haushalt sehe er nicht: „Dass der Haushalt in einer Art Ausfallbürgschaft eintreten muss, vermag ich im Moment nicht zu erkennen.“
Grüne sprechen von Abwertung
Uwe Weidenfeld von den Grünen kritisierte das Kurz-Konzept als eine städtebauliche und klimatechnische Abwertung. In Bezug auf Tanja Hühners Beschreibung von „Herz der Stadt Schwelm“ sprach Weidenfeld von einer Herztransplantation. „Wir verschieben das Herz von der Nostalgie-Zone und vom Altmarkt weg und auch von der Fußgängerzone.“ Dabei sei 2016 noch von einem dringenden Handlungsbedarf in der Fußgängerzone gesprochen worden. Der Fokus bei der Entwicklung der Stadt liege immer mehr auf Pkw und weniger auf den Stichwörtern Fahrrad oder Fußgänger. Diese Fortschreibung des ISEK mache den Grünen zum Teil große Probleme, weshalb sie sich bei der Abstimmung enthalten wollten.
Das sah Uwe Hugendick von der FDP ganz anders. „Wenn wir unsere Stadt entwickeln wollen, geht das nun mal von der Mitte aus“, sagte Hugendick, der in dem Kurz-ISEK alles an Maßnahmen enthalten sah, was die Stadt bis 2027 überhaupt schaffen könne.
Dieser Meinung war letztlich die Mehrheit der AUS-Mitglieder, die bei fünf Enthaltungen für die Fortschreibung des ISEK „Neue Mitte Schwelm“ stimmten. Auch der Hauptausschuss sowie der Stadtrat werden darüber noch beraten.
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