Gevelsberg. Heinz Jablonski und Kathrin Weisselberg waren drei Monate auf der Donauroute unterwegs. Was sie dabei erlebten – und wo sie umplanten.
Was sich für viele nach einer sehr großen Anstrengung anhört, ist für Heinz Jablonski keine riesige Herausforderung: Mal eben 5000 Kilometer von Gevelsberg bis nach Istanbul radeln. Er hatte dies schon länger vor und zusammen mit seiner Lebensgefährtin Kathrin Weisselberg in diesem Jahr umgesetzt. Im Oktober sind sie zurückgekommen und haben viele Geschichten mitgebracht.
Mit seinen 69 Jahren hat Jablonski bereits mehrere längere Routen mit dem Rad zurückgelegt. Die längsten waren um die 3000 Kilometer, etwa nach Südspanien oder durch das Baltikum. Doch das reichte ihm nicht. „Es war für mich keine Herausforderung mehr“, sagt der leidenschaftliche Radfahrer. Also plante er die Strecke über den Donau-Radweg. Der beginnt bei Donaueschingen und läuft bis zum Schwarzen Meer in der Türkei. Durch insgesamt neun Länder führt die Strecke, die Jablonski und Weisselberg hinter sich gebracht haben. Sie starteten am 22. Juni und kamen am 3. Oktober am Ziel an.
Voller Gepäckträger und zwei Pannen
Dabei war für Weisselberg anfangs noch nicht klar, ob sie die gesamte Strecke schaffen wird. Denn ihre längste Tour bis dato war knapp 1000 Kilometer lang, innerhalb von Deutschland. „Ich wäre notfalls mit dem Zug oder Schiff weitergefahren“, verrät die 67-Jährige. Doch das brauchte sie nicht. Von Gevelsberg aus ging es zunächst nach Köln und dann den Rhein hinunter nach Donaueschingen, dem eigentlichen Startpunkt. Mit zwei Fahrrädern, die eine Gangschaltung haben. Die Räder waren auf und neben dem Gepäckträger voll bepackt. Mit dabei: Kleidung, Gaskocher, Geschirr, Lebensmittel, Isomatten, Schlafsäcke, ein Zelt und für den Notfall Verbandsmaterial und Medikamente.
Und Werkzeug – falls auf der langen Route etwas repariert werden muss. Das kam zweimal vor. „Einen Platten hatten wir die ganze Strecke lang nicht. Dafür ist mein Gepäckträger einmal gebrochen, ich konnte ihn aber selbst reparieren“, erzählt Jablonski, der bei seiner Partnerin einmal die Kette provisorisch neu einhängte, die sie beim nächsten Halt sicherheitshalber austauschten. Auch die Bremsbeläge wurden erneuert. Das war schon in Bulgarien. Vorher, bis Budapest, kamen sie gut durch. „Der Radweg ist sehr viel befahren, in der Ferienzeit auch von vielen Familien“, berichtet Jablonski. Landschaftlich sei vor allem der Abschnitt zwischen Passau und Wien schön, mit der Hügellandschaft, den Weinbergen und Burgen.
Viele interessante Begegnungen
Die beiden Gevelsberger legten zwischendurch genügend Pausen ein. Sie übernachteten auf Campingplätzen oder in kleinen Unterkünften und kamen mit anderen Radfahrern ins Gespräch. Ein junger Mann war etwa auf einer einjährigen Weltreise. In Wien trafen die beiden zudem ein anderes Pärchen, was ebenfalls Istanbul als Ziel hatte, aber schon eher weiterfuhr. „Die eigentliche Geschichte beginnt aber erst nach Budapest. Bis dahin fahren viele und sind am Ziel. Denn danach sind die Radwege nicht mehr ausgebaut und es wird schwieriger“, merkt Jablonski an. Es gibt viel befahrene Straßen ohne Radfahrstreifen oder sogar ohne Seitenstreifen. Dabei war seiner Partnerin nicht wohl, weshalb sie die Schlussroute nicht direkt neben der Donau fuhren, sondern auf Umwegen.
Mehrtägige Aufenthalte in Großstädten
Heinz Jablonski und Kathrin Weisselberg sind nicht jeden Tag auf dem Donau-Radweg weitergefahren. Sie haben zwischendurch auch mal ein paar Tage Pause gemacht und sich Großstädte angesehen. So waren sie beispielsweise vier Tage in Wien, drei Tage in Budapest sowie zwei Tage in Bratislava und Belgrad. In Passau legten sie einen Tag Pause ein.
Die neun Länder, durch die die Donau fließt, sind: Deutschland, Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien, Rumänien und Türkei. Auf YouTube hat Heinz Jablonski einen eigenen Kanal, auf dem er auch viele Erlebnisse während der Reise festgehalten hat. Der Kanal heißt „Heinz auf Tour“.
Dabei ging es teilweise über Stock und Stein, zwischendurch mussten sie das Rad sogar tragen. Beim Wildcampen begegneten ihnen Straßenhunde. Einer schnappte sich nachts den Kochtopf, den Jablonski sich aber trotz des knurrenden Vierbeiners wiederholte. „Die Straßenhunde sind sonst kein Problem gewesen, sie leben ja in der Natur. Es sind eher die Hunde von Privatbesitzern, die ihre Grundstücke bewachen und einen Jagdtrieb entwickeln, wenn man schnell wegfahren will“, erzählt Weisselberg.
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Sie musste aus Respekt einmal innehalten, passiert ist ihnen jedoch nichts. Vor allem nach Budapest ergaben sich neben Campingmöglichkeiten auch Gelegenheiten für preiswerte Unterkünfte. Der Umtausch des Geldes war für die beiden übrigens kein Problem. „Wir haben aber schon genau ausgerechnet, wie viel wir bekommen und beim Einkaufen umgerechnet, wie hoch die Preise in Euro wären“, erzählen sie.
Emotionaler Moment mitten in Rumänien
Dabei erlebten sie einen schönen, emotionalen Moment: In einem kleinen Supermarkt in Rumänien kauften sie sich kühle Getränke. Denn häufig fuhren sie bei warmen Wetter und das Wasser in den Trinkflaschen war nicht mehr kühl. „Ein Einheimischer vor dem Laden hat uns gesehen. Er hat wie auch andere Personen gefragt, wohin wir reisen. Verständigt haben wir uns dabei häufig mit Händen und Füßen. Er ging dann in den Laden und kaufte uns frisches Brot. Er dachte wahrscheinlich, dass wir es uns nicht leisten können, auch kein Auto. Mir kamen die Tränen“, zeigt sich Weisselberg immer noch gerührt. Gastfreundschaft erfuhren sie viel, was sie überwältigte. Als sie in Bulgarien auf einer Wiese neben einem Haus ihr Zelt aufschlugen, nachdem sie danach gefragt hatten, wurde ihnen eine frische Grillplatte serviert – die Besitzer wollten nichts dafür haben.
Durch die Routenänderung überquerten sie in der Türkei das Mittelmeer per Schiff und kamen so auch auf den asiatischen Teil der Türkei. Von dort aus ging es dann wieder per Schiff direkt nach Istanbul. Dort hielten sie sich nur im europäischen Teil auf, noch elf Tage zum Abschluss der Reise. In Europa plant Jablonski schon seine nächste Tour, im nächsten Sommer von Deutschland aus durch Frankreich Richtung Atlantik. Das ganz große Ziel sei es, mal 15.000 Kilometer zu fahren. „Ich dachte mal daran, Australien zu umrunden. Das ist aber eine finanzielle Frage. Wenn ich dazu Sponsoren finde, mache ich es sehr gerne“, sagt Jablonski zwinkernd und spricht bei einer solchen Anstrengung von seinem „persönlichen Mount Everest“.