Gevelsberg. Erste Tiere in EN wurden positiv auf die Blauzungenkrankheit getestet. Es gibt weitere Verdachtsfälle. Landwirte müssen auf Impfungen warten.

Der Ennepe-Ruhr-Kreis hat mitgeteilt, dass in zwei schafhaltenden Betrieben in Hattingen insgesamt drei Tiere positiv auf die Blauzungenkrankheit getestet worden. Darüber hinaus gibt es in Gevelsberg, Hattingen, Herdecke und Sprockhövel sieben weitere Verdachtsfälle. Hier wartet das Veterinäramt des Kreises noch auf die Untersuchungsergebnisse der Blutproben, die dem Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Westfalen übermittelt werden.

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Die Blauzungenkrankheit ist eine Viruserkrankung, die für Menschen ungefährlich ist. Sie wird von infizierten Stechmücken auf Wiederkäuer – Rinder, Schafe, Ziegen – übertragen. Während der Krankheitsverlauf bei Schafen und Ziegen tödlich sein kann, stellt sich bei Rindern in der Regel nach einiger Zeit Linderung ein. Klinische Symptome sind Teilnahmslosigkeit, hohes Fieber, vermehrtes Speicheln, Rötung und Schwellung der Kopfschleimhäute sowie die Schwellung und Blaufärbung der Zunge. Die Seuche ist anzeigepflichtig. Verdachtsmomente sind dem Veterinäramt des Ennepe-Ruhr-Kreises unverzüglich unter vet.amt@en-kreis.de anzuzeigen. Zudem sollte der Hoftierarzt zwecks Blutprobenentnahme und Untersuchung durch das CVUA kontaktiert werden.

„Für uns Landwirte gibt es grundsätzlich zwei Probleme: Zum einen die Krankheit an sich, zum anderen die nun folgenden Restriktionen“, erklärt der Vorsitzende des landwirtschaftlichen Kreisverbands Ennepe-Ruhr/Hagen, Dirk Kalthaus. Der Ennepetaler führt im Ortsteil Rüggeberg selbst einen großen Milchbetrieb. „Die meisten Betriebe haben aktuell keinen Impfstatus“, erklärt er. Für einen bestimmten Typ der Krankheit seien vor zwei Jahren Impfungen vorgenommen worden. Doch für den neuen Typ gebe es erst jetzt einen Impfstoff. „Man sollte seine Tiere sinnvollerweise impfen, um den Schutz zu gewährleisten“, betont er. Es könne zwar in einigen Fällen sein, dass eine Impfung zu spät komme, „aber man impft besser jetzt noch als gar nicht.“

Dirk Kalthaus, Vorsitzender des landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen, mit einer seiner Milchkühe auf der Weide in Rüggeberg.
Dirk Kalthaus, Vorsitzender des landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen, mit einer seiner Milchkühe auf der Weide in Rüggeberg. © KLVEN | DR

Grundsätzlich hätten seine Kollegen und er damit gerechnet, dass die Blauzungenkrankheit hier ankommt, da es aber noch keinen Impfstoff gegeben habe, habe man nicht reagieren können, so Kalthaus. Andere wirksame Schutzmaßnahmen gebe es nicht, man können höchsten die Tiere über den Rücken mit einem Mittel begießen, das einen Geruch erzeugt, der die kleinen Mücken (Gnitzen) als Krankheitsüberträger vom Zustechen abhält.

Auftreten der Blauzungenkrankheit

In Mitteleuropa wurde die Blauzungenkrankheit erstmals im August 2006 im Dreiländereck bei Aachen auf niederländischer Seite diagnostiziert. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Tierseuche in Europa nur in den warmen südlichen Regionen aufgetreten.

Im September 2006 verzeichnete das Veterinäramt des Ennepe-Ruhr-Kreises „seinen“ ersten Fall in Breckerfeld. Anschließend folgten weitere Ausbrüche in Beständen in anderen Städten des Kreises.

Ab 2007 breitete sich das Virus rasant aus. Vorübergehend zog sich die Krankheit später auch unter dem günstigen Einfluss von Impfungen zurück. Zuletzt galt Deutschland als frei von der Blauzungenkrankheit. Seit dem Spätsommer 2023 hat sich die Tierseuche von den Niederlanden kommend über Teile Nordrhein-Westfalens, Niedersachsens, Bremens und Rheinland-Pfalz erneut ausgebreitet.

Durch die Restriktionen aufgrund der Ausbreitung der Krankheit werde der Handel von Kälbern oder sonstigen Rindern, die lebend verkauft werden, erschwert, erklärt der Kreisvorsitzende. „Wir müssen wahrscheinlich wieder Blutproben ziehen“, meint er. Noch habe er derartige Informationen vonseiten des Kreisveterinäramtes, das sich nach den Vorgaben des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) richten muss, nicht.

Für seinen eigenen Betrieb habe er Impfstoff bestellt. „Der muss aber erstmal geliefert werden. Und dann haben wir in der Region auch nicht so viele Tierärzte. Unserer kommt zum Beispiel aus Wipperfürth. Der versorgt ein ziemlich großes Gebiet und muss die Impfungen irgendwie hintereinander bekommen.“

Anders als bei anderen Tierseuchen werden von der Blauzungenkrankheit betroffene Bestände nicht getötet. Die Tierhalter müssen bei Transporten in andere Bundesländer allerdings Vorgaben beachten, heißt es vonseiten der Kreisverwaltung. Diese finden sich auf der Internetseite des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW: https://www.lanuv.nrw.de/.

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Bereits seit einiger Zeit ist die Blauzungenkrankheit (BTV-3) in Deutschland wieder auf dem Vormarsch. Dies war für das Veterinäramt des Ennepe-Ruhr-Kreises bereits in der vergangenen Woche Anlass für einen Impfaufruf an die Tierhalter. „Die Impfung bietet den einzigen sicheren Schutz der Tiere vor einem schweren Verlauf und sollte bis zum Beginn der Hauptflugzeit der übertragenden Stechmücken im Sommer abgeschlossen sein“, wiederholt die stellvertretende Amtsveterinärin Barbara Paß die Empfehlung. Ihren Appell richtet sie an rund 250 Landwirte mit insgesamt 12.000 Rindern sowie an rund 600 Betriebe, in denen gut 4.200 Schafe und Ziegen gehalten werden. Informationen darüber, ob sie mit einer Impfstoffkostenbeihilfe rechnen können, finden sie auf der Internetseite der Tierseuchenkasse NRW.