Schwelm. Ein Flächen-Stromausfall hat am späten Mittwochnachmittag weite Teile der Schwelmer Innenstadt lahmgelegt. Jetzt steht die Ursache fest.

Und plötzlich ging gar nichts mehr. Kein Kühlschrank, kein Computer, kein Haushaltsgerät, keine Warenkasse, kein Internet-Router – rein gar nichts. Tausende Haushalte, Firmen, Geschäfte und sonstige Einrichtungen waren von einer Sekunde auf die andere ohne Strom, das Leben in der Stadt in Teilen wie lahmgelegt. Schwelm erlebte am späten Mittwochnachmittag einen Flächen-Stromausfall. Es war der größte und folgenschwerste in dieser Region seit Jahren.

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Was die meisten nur aus Katastrophenfilmen kennen, wurde für Tausende Menschen plötzlich Wirklichkeit. Aus der Steckdose kam kein „Saft“ mehr. Alles, was auf Strom angewiesen ist, funktionierte nicht mehr. Der Alltag brach in Teilen zusammen.

Zum Glück passierte der Stromausfall an einem warmen Sommertag, zu einer Uhrzeit, zu der es noch lange hell bleiben sollte. Schlimmer wäre es gewesen, wenn es die Stadt im Winter, im Dunkeln erwischt hätte. Aber was genau war eigentlich passiert? Und wer war alles betroffen?

Der folgenschwere Zwischenfall ging vom Umspannwerk Mitte der AVU Netz an der Mittelstraße aus. Von dort wird – vereinfacht ausgedrückt – die gesamte Schwelmer Innenstadt südlich der ehemaligen B7 bis hoch zum Göckinghoff und nach Osten bis zur Stadtgrenze Ennepetal versorgt. Wichtig zu wissen: Die Stromversorgung von dort erfolgt über mehrere Mittelspannungsringe, über 10.000-Volt-Kabel, die ringförmig durchs Stadtgebiet verlaufen und an sogenannten „Sammelschienen“ am Umspannwerk beginnen und dort wieder enden. Über diese sogenannten Mittelspannungsringe werden alle Stromleitungen versorgt, die in den Straßen liegen und bis zu den Hausanschlüssen führen.

Die Umspannstation Mitte an der Mittelstraße in Schwelm. Hier kam es zu der folgenschweren Störung.
Die Umspannstation Mitte an der Mittelstraße in Schwelm. Hier kam es zu der folgenschweren Störung. © WP | Hartmut Breyer

Es war ein kleiner Schaden mit großer Wirkung. Im Umspannwerk an der Mittelstraße war ein sogenanntes Feldleitgerät defekt gegangen. Dieses Gerät hat die Aufgabe, den Stromfluss zu kontrollieren und der Leitstelle Störungen zu melden. Der Defekt sorgte jedoch dafür, dass das Leitgerät den Stromfluss eigenständig unterbrach – was es nicht soll –, ohne die Unterbrechung der Leitstelle zu melden. Teile von Schwelm waren plötzlich stromlos, ohne dass die Leitstelle davon was mitbekam. Um 17.03 Uhr und 38 Sekunden, so teilte die AVU später mit, gab es vom Leitsystem lediglich die Meldung, dass es eine Störung im Umspannwerk gibt. Worum es sich genau handelte und dass die Stromzufuhr unterbrochen wurde, darauf deutete nichts bei der Störmeldung hin, so die AVU Netz am Tag danach.

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Das änderte sich binnen kurzer Zeit. Bei der Netzleitstelle liefen plötzlich die Drähte heiß. Zig Schwelmer meldeten sich, dass sie ohne Strom seien. Auch im Internet machte der Stromausfall die Runde. „Wir hatten binnen kurzer Zeit mehr als 90 Störmeldungen vorliegen“, berichtete AVU-Netz-Geschäftsführer Markus Kosch. Sogar vom Büttenberg in Ennepetal erreichte die AVU Netz eine Meldung. Wie sich später herausstellte, war es eine Falschmeldung, so Kosch. Der heimische Energieversorger richtete jedenfalls sofort zusätzliche Rufbereitschaftsdienste ein, die sich um die Überprüfungen der Meldungen kümmerten.

Sofort nach der ersten Störmeldung um 17.03 Uhr hatte die AVU Netz einen Mitarbeiter zum Umspannwerk nach Schwelm geschickt. Weitere Techniker kamen hinzu. Um 17.20 Uhr war dann klar, dass es „Probleme mit einem Betriebsmittel gab“, so die AVU Netz am Tag darauf. „Vier Mittelspannungsringe waren ausgefallen und somit eine Vielzahl von Ortsnetzstationen im Innenstadtbereich“, teilte die AVU Netz mit.

Da vom Umspannwerk noch weitere Mittelspannungsringe ausgehen, war zum Glück nicht die gesamte Fläche betroffen, sondern nur Teile davon. „Man kann sagen, 15 Prozent aller Verbraucher, die vom Umspannwerk Mitte aus versorgt werden, waren betroffen“, so Geschäftsführer Markus Kosch. Er schätzt, dass der Stromausfall 1200 bis 2000 Haushalte, Geschäfte, Firmen und sonstige Verbraucher getroffen hat.

Unter Hochdruck machten sich die Techniker der AVU Netz im Umspannwerk daran, den Schaden zu beseitigen und den Ausfall zu beheben. Gleichzeitig nahm die Netzleitstelle einige Kilometer weiter umfangreiche Schaltungen vor, um die Kundinnen und Kunden schnellstmöglich wieder zu versorgen.

Gegen 17.50 Uhr, also 47 Minuten später, war es geschafft. „Alle Kundinnen und Kunden waren wieder mit Strom versorgt“, so die AVU Netz am Donnerstag. Für die Spezialisten der AVU Netz ging die Arbeit jedoch noch weiter. „Bis spät in den Abend waren sie mit der Suche nach der Ursache und mit der Beseitigung der Störung beschäftigt“, heißt es in der Mitteilung der AVU Netz dazu. Geschäftsführer Markus Kosch sprach von dem folgenschwersten Stromausfall im AVU-Verbreitungsgebiet seit Jahren.