Schwelm. Alle sparen für den Schwelmer Steuerzahler nur die Grünen nicht? Ganz so einfach lässt sich die Neuregelung der Partei-Gelder nicht darstellen.

Alle müssen den Gürtel bei den leeren Schwelmer Kassen enger schnallen, da will auch die Politik keine Ausnahme machen. Das heißt allerdings noch lange nicht, dass zwischen den Fraktionen Einigkeit darin besteht, an welcher Stelle wie viel weniger an die Politiker ausgezahlt werden soll. Nach verschiedenen Anträgen hat der Rat der Stadt Schwelm nun abgestimmt und unter anderem ein neues System bei den Auszahlungen der Fraktionszuwendungen beschlossen. Glück haben dabei die Grünen. Denn während alle anderen Fraktionen mit 13 bis 15 Prozent weniger auskommen müssen, würden sie lediglich 2,2 Prozent weniger Geld als bisher erhalten.

Kurzer Blick auf die beiden Positionen, die die Schwelmer Politik in Anträge gegossen hat: Auf der einen Seite ist die FDP, die sehr massiv den Rotstift ansetzen möchte: Sie wollte die Fraktionszuwendungen für das Jahr 2024 pauschal um 20 Prozent kürzen, für das Jahr 2025 nochmals um zehn weitere Prozent. Von diesem Geld, das die Stadt an die Fraktionen ihres Rates überweist, zahlen diese beispielsweise die Mieten für ihre Büros, halten Klausurtagungen ab oder bestellen Materialien und Lektüre. Darüber hinaus wollten die Liberalen in einem Abwahlverfahren sofort die drei ehrenamtlichen Bürgermeister-Stellvertretungen einsparen. Aktuell bekleiden diese Posten Peter Schier (SPD), Christiane Sartor (CDU) und Brigitta Gießwein (Grüne).

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Für die Wahlperiode nach der Kommunalwahl 2025 soll nach FDP-Meinung ein Stellvertreter des Stadtoberhaupts in Schwelm ausreichen, zudem sollen mindestens zwei Fachausschüsse durch Zusammenlegung wegfallen, die verbliebenen Ausschüsse sollen mit 20 Prozent weniger Mitglieder auskommen. „Dies ist geboten bei einem zweistelligen Millionendefizit der Stadt Schwelm. Die Stadt ist überschuldet und kann aus den laufenden Finanzerträgen die Kredite nicht mehr bedienen, sondern muss selbst für diese Zahlungen neue Liquiditätskredite aufnehmen“, teilt Fraktionsvorsitzender Michael Schwunk in dem Antrag mit, der abgelehnt wurde.

Stattdessen haben die beiden gemeinsamen Anträge von SPD, CDU und Grünen die Ratssitzung mit deutlicher Mehrheit passiert. Zum einen wird der Stadtrat in der kommenden Wahlperiode um zwei Sitze auf 36 Mitglieder reduziert, eine weitere Reduzierung um noch einmal zwei Sitze soll ab der Kommunalwahl 2030 folgen. Zum anderen haben sich auch die drei Mehrheitsparteien dazu entschieden, die Fraktionszuweisungen zu verringern. Allerdings nach einem völlig anderen Konzept, nämlich einer erstmals festen Staffelung nach Fraktionsgröße. „Bislang haben wir nach den Wahlen ohne richtige Basis die Zuwendungen nach Fraktionsgröße ausgeschüttet“, sagt Thorsten Kirschner, Vorsitzender der SPD-Fraktion. Große Fraktionen (SPD und CDU mit je 13 Mitgliedern) bekamen 15.000 Euro pro Jahr, mittlere (Grüne mit 8, FDP mit 7 Mitgliedern) erhielten 13.100 Euro und die kleinen Fraktionen (BIZ mit 3, Linke und SWG/BfS mit je 2 Mitgliedern) 11.600 Euro.

„Die Neuregelung sieht nun erstmal eine feste Größenstaffelung vor und erfolgt nicht mehr nach Gutdünken“, sagt CDU-Fraktions-Chef Michael Müller im Gespräch mit der Redaktion. Die beteiligten Fraktionen haben daher eine exponenzielle Steigerung zu Grunde gelegt, so dass künftig kleine Fraktionen ab zwei Ratsmitgliedern 10.000 Euro erhalten, eine mittlere Fraktionen ab vier Ratsmitgliedern 11.400 Euro, große Fraktionen ab acht Ratsmitgliedern 12.800 Euro und sehr große Fraktionen ab 16 Ratsmitgliedern 15.000 Euro.

Karten werden zur Wahl 2025 neu gemischt

Ohne zu tief in die Glaskugel zu schauen, scheint sich mit Blick auf die Europawahl abzuzeichnen, dass der Stadtrat potenziell mit der AfD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht noch mehr Fraktionen als bislang abbilden würde. Mit Blick auf die Verkleinerung um zwei Sitze scheint es ausgeschlossen, dass eine sehr große Fraktion entsteht und selbst für die SPD und die CDU dürfte die Kommunalwahl kein Selbstläufer werden. Ab diesem Zeitpunkt werden die Karten ohnehin neu gemischt und jeder muss sich in das neue System der Zuwendungen einfügen.

Spannend ist allerdings allemal, was bis dahin passiert. Denn es gibt eine Fraktion, die Pech hat bei der neuen Staffelung und eine, die Glück hat. Nachdem Faten Günther zur BIZ gewechselt ist, hat die FDP nur noch sieben Ratsmitglieder, bleibt also eine mittlere Fraktion. Die Grünen mit ihren acht Mitgliedern hingegen schließen bei den kommunalen Zuwendungen zu SPD und CDU als große Fraktion auf.

Unabhängig davon, bei welchem Modell, welchem Vorschlag und welcher Maßnahme die Politik der Kommune wie viel Geld spart, liegt der Konsolidierungsbeitrag der FDP bei 12,98 Prozent ihrer bisherigen Bezüge, BIZ, die Linken und SWG/BfS sparen 13,79 Prozent, SPD und CDU 14,67 Prozent. Die Bezüge der Grünen hingegen sinken lediglich um 2,29 Prozent. „ Es wird am Ende in jedem System Gewinner und Verlierer geben, egal nach welcher Regel wir das neu geordnet hätten“, sagen Thorsten Kirschner und Michael Müller unisono. Kirschner betont zudem, dass die SPD ihre Zuweisungen in kaum einem Jahr komplett benötigt. „Wir haben vor allem in den Coronajahren mehr als 40 Prozent an die Stadt zurückgezahlt und sind generell bemüht, so sparsam, wie eben möglich mit diesen öffentlichen Geldern umzugehen.“

In den Gremien der Stadt Schwelm war es vor allem zu einem Streit zwischen FDP und Grünen zu der Höhe der Ansprüche gekommen. „Wir haben das Glück gehabt, im neuen System Gewinner zu sein. Gern können wir die Hälfte unserer Zuwendungen, die wir nun mehr haben als die FDP auch an diese weitergeben“, sagt Grünen-Fraktionsvorsitzender Marcel Gießwein im Gespräch mit der Redaktion, die daraufhin nachfragt, ob es nicht auch eine Option für die Schwelmer Grünen sein könnte, so viel Geld an die Stadt zurückzuzahlen, dass ihr Sparbeitrag für die Bürgerinnen und Bürger in einem ähnlichen prozentualen Bereich liegt, wie bei den anderen Fraktionen. „Das könnte durchaus eine Möglichkeit sein, auf die wir uns einigen könnten“, sagt Gießwein, der das zuvor jedoch noch mit seiner Fraktion besprechen möchte, in der diese Varianten bislang noch nicht thematisiert wurde. Der leeren Stadtkasse täte das sicherlich gut.

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