Dortmund. Am Landgericht Dortmund läuft der Prozess gegen Clan-Chef Sammy Miri. Er gibt den Drogenhandel zu, will aber dazu gezwungen worden sein. Was war wirklich seine Rolle?
Es war ein großer Schlag gegen die Organisierte Kriminalität, der der Ermittlungskommission „Tyra“ 2023 gelungen ist. Über 230 Jahre an Haftstrafen sind seitdem gegen 45 Straftäter verhängt worden. Und es dürften bald noch einige Jahre hinzukommen: Sammy Miri, einer der Hauptangeklagten, hat zum Prozessauftakt ein umfassendes Geständnis abgelegt.
Die Vorwürfe wiegen schwer: Die Staatsanwaltschaft wirft Esmat E., wie Miri mit bürgerlichem Namen heißt, „unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ in elf Fällen vor. Insgesamt geht es dabei um rund 48 Kilogramm Kokain. Der Clan-Boss soll Stoff im Gesamtwert von fast einer Million Euro verkauft haben.
Sammy Miri vor Gericht: Albaner-Gang habe ihn unter Druck gesetzt
Zum Prozessauftakt (31.1) ließ er von seinem Anwalt Detlev Binder eine Einlassung vorlesen. Demnach habe eine Gang aus Albanien ihn unter Druck gesetzt. 2020 hätte die kriminelle Organisation 100.000 Euro von ihm gefordert. Dabei soll es sich um Restschulden seines Bruders Imad E. handeln, der inzwischen zu einer Haftstrafe von 14 Jahren verurteilt worden ist.
Da Esmat E. den Betrag nicht bezahlen konnte, habe die Albaner-Gang eine andere Lösung vorgeschlagen: Er solle Kokain von ihnen beziehen und verkaufen, der Gewinn ginge an die Gang. Ein Kompromiss, mit dem er „grundsätzlich zufrieden“ gewesen sei. Das Kokain sei im Clan-Labor gestreckt worden – so sehr, dass der Verkauf sich wegen der miesen Qualität schwierig gestaltete.
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Die Schulden seien allerdings nicht der Einstieg für Esmat E. ins Drogengeschäft gewesen, relativiert sein Anwalt Detlev Binder im Gespräch mit dieser Redaktion. Auch wenn die Gang seinen Mandaten unter Druck gesetzt habe, so habe er bereits vorher in der Szene mitgemischt. „Er war in den Kreisen gut bekannt.“
Führungsriege oder doch nur Handlanger?
Mit dem Geständnis sei Miri über seinen Schatten gesprungen: „Er gibt seine Taten zu. Das verkürzt den Prozess massiv“, so Verteidiger Binder mit Blick auf die kommenden Verhandlungstage. Dass es nach dem Geständnis auf eine langjährige Freiheitsstrafe für seinen Mandanten hinauslaufen dürfte, daran bestehe kein Zweifel.
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Doch wie lang sie ausfällt, das dürfte auch davon abhängen, welche Rolle der 38-Jährige bei den Drogengeschäften gespielt hat. Die Polizei ist sicher, dass mit Miri „die Top-Ebene des Dortmunder Miri-Clans hinter Schloss und Riegel sitzt“, wie es schon in einer Mitteilung nach seiner Festnahme im August 2024 hieß. Entsprechend gesichert wird der Angeklagte auch stets mit einem Großaufgebot an Justizkräften zum Prozess gebracht.
Auch ein Ermittler, der am zweiten Prozesstag als Zeuge gehört wurde, sprach von Esmat E. und seinem Bruder als „Führungsriege“, während andere die „Handlanger“ gewesen seien. Das sei zumindest sein Eindruck nach der monatelangen Auswertung von verschlüsselten Chats gewesen, in denen Sammy Miri unter dem Namen „Wombatsock“ aktiv gewesen sein soll. Die Verteidigung wehrt sich gegen diese Einschätzung: Wer wirklich die „Führungsriege“ bei den Drogengeschäften gewesen sei, das lasse sich aus den Chats nicht herauslesen.
Sammy Miri: Nach jahrelanger Flucht geschnappt
Sicher ist hingegen: Im Juni 2021 waren bei einer Groß-Razzia der Polizei gegen den Miri-Clan mehrere Mitglieder der kriminellen Führungsebene festgenommen worden. Sammy Miri konnte sich damals jedoch rechtzeitig absetzen und war jahrelang auf der Flucht. Im März 2024 wurde der Clan-Boss dann in der Türkei verhaftet und im August nach Deutschland ausgeliefert.
Das Urteil gegen Esmat E. soll noch im März erfolgen.
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