Dortmund. Nach dem Horror-Crash bei Unna ist ein Verdächtiger wieder auf freiem Fuß. Die Ermittlungen laufen, aber eines scheint klar zu sein.
War es tatsächlich ein verbotenes Rennen, das Vater und Sohn am Mittwochabend auf der A44 das Leben kostete? Oder ist der Porschefahrer ohne Rivale so schnell gefahren – ist sein Überholvorgang am Autobahnkreuz Dortmund/Unna ohne Fremdeinwirkung so katastrophal fehlgeschlagen? Diese Fragen leiten nun die Ermittlungen. Aber eines scheint schon klar zu sein.
Wenn es überhaupt ein Rennen war, dann ein spontanes, glaubt die Staatsanwaltschaft. Sie hat bislang „überhaupt keine Anhaltspunkte“ dafür gefunden, dass sich die beiden Männer im Porsche 911 GT3 und der Mercedesfahrer aus Dortmund zu einem Rennen verabredet hätten. Dass sie sich gekannt hätten, sei „eher fernliegend“, heißt es.
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Auch darum ist der 39-jährige Mercedesfahrer nur vorläufig festgenommen worden, knapp zwei Stunden nach dem Unfall in seiner Dortmunder Wohnung. Es gebe nur einen Anfangsverdacht, keinen dringenden Tatverdacht, differenziert der Staatsanwalt. Möglich also, dass der Mann im juristischen Sinne „beteiligt“ war an dem Horrounfall. Auto, Führerschein, Mobiltelefon und die Bekleidung des Mannes wurden beschlagnahmt. Seinen Wagen wird er erst wiedersehen, wenn der Anfangsverdacht ausgeräumt ist, seine Unschuld also feststeht.
Ein Feuerball
Allerdings gibt es Bilder einer Videokamera aus einem dritten Auto, die zeigen, dass der graue Porsche hinter dem schwarzen Mercedes C63 AMG herjagt, ungefähr mit Tempo 200. Der Porsche überholt noch kurz vor einer Ausfahrt zur A1, dann verliert der Fahrer die Kontrolle, das Auto rutscht von der linken Spur rund 250 Meter über die Kurve der Abzweigung hinweg und durchschlägt mehrere Bäume. Dabei wird es zum Feuerball.
Der 52-jährige Vater und sein 20-jähriger Sohn sind mit dem Auto zur Unkenntlichkeit verbrannt, verkohlt. Zwei Tage danach ist noch nicht einmal klar, wer hinterm Steuer saß. Auch das müssen die Ermittlungen noch zeigen. Vor allem aber geht es nun um Zeugenbefragungen. Es haben sich viele Autofahrer gemeldet, die die riskanten Manöver vor dem Unfall beobachtet haben.
Sollte dabei herauskommen, dass der Fahrer des Mercedes AMG Coupé an einem illegalen Rennen teilgenommen hat, wäre dies eine Straftat. Es könnten auch Anklagen wegen Fahrerflucht, Totschlags oder sogar Mord daraus resultieren. Die Polizei ging nach der Tat sehr schnell davon aus, dass es sich um ein Duell gehandelt habe, und dass der 39-Jährige geflüchtet war.
Möglich jedoch, dass es sich juristisch gesehen um ein Alleinrennen handelte, bei dem allein der Porschefahrer grob rücksichtslos und verkehrswidrig unterwegs war. Da der Fahrer tot ist, würde dies voraussichtlich nicht geklärt werden. Falls jedoch herauskommen sollte, dass der Mercedesfahrer unbeteiligt war, käme noch die unterlassene Hilfeleistung in Betracht. Dann müsste die Staatsanwaltschaft nachweisen, dass der 39-Jährige den Unfall bemerkt und sich entfernt hat. Was naheliegt, wenn man auf diese Art überholt wird.
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Die Feuerwehr hatte an der Unfallstelle am Mittwochabend Zeugen und Ersthelfer betreut, die mitansehen mussten, wie der Porsche ausbrannte. Für die Unfallaufnahme durch ein spezielles Team der Polizei war die A44 in der Nacht gesperrt. Um den Unfallhergang zu rekonstruieren, kamen auch Drohnen zum Einsatz. Der völlig zerstörte und ausgebrannte Porsche war in den frühen Morgenstunden geborgen worden.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) zeigte sich am Donnerstag erschüttert. „Illegale Autorennen sind Leichtsinn und Unsinn und sind ein hässliches Gesicht der Rücksichtslosigkeit, die wir überall erleben. Ich verstehe nicht, wie Menschen so verantwortungslos unterwegs sein können“, sagte er dieser Redaktion.