Dortmund. Wer hat Heike Kötting umgebracht? 33 Jahre nach dem Tod der Dortmunderin hat am Landgericht der Prozess um den ehemaligen Cold Case begonnen.

Der Fall würde jedem Krimi-Drehbuch Ehre machen. Gut 33 Jahre nach dem Mord an Heike Kötting (28) aus Scharnhorst konnten im Frühjahr zwei Tatverdächtige ausfindig gemacht werden. Seit Freitag (11.7.) wird Peter W. (60) und Petra G. (62) der Prozess gemacht. Aber reichen die Beweise für eine Verurteilung? Und sitzen überhaupt die wirklich Schuldigen für die brutale Tat auf der Anklagebank? Das wird das Dortmunder Schwurgericht nun zu klären haben.

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Zumindest der winzigen, zierlichen Frau möchte man auf den ersten Blick keinen Mord zutrauen. Die 62-Jährige sieht zehn, wenn nicht 15 Jahre älter aus, als sie ist. Ihr Gesicht ist vom Leben gezeichnet, auf der Anklagebank sitzt eine verhärmte alte Frau mit dünnem Pferdeschwanz, dicker Brille und einer langen Halskette mit einem Kreuz. Sie hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert, will es auch im Prozess erst einmal nicht tun. Aber während der Anklage schüttelt sie ununterbrochen den Kopf, dabei fließen Tränen über die Wangen. Scheinbar unbewegt hört dagegen Peter W. zu, was ihm vorgeworfen wird. Aussagen will auch er nicht.

In Wohnung und Auto der Dortmunderin wurde DNA sichergestellt

Doch die Indizien gegen die beiden Angeklagten sind erdrückend: In der Wohnung von Heike Kötting und in ihrem Auto sind DNA-Spuren sichergestellt worden. Über 30 Jahre nach der Tat konnten die den beiden Verdächtigen zugeordnet werden. Zusammen mit einem Komplizen sollen sie die 28-jährige Dortmunderin brutal getötet haben.

Cold Case: Mordfall an junger Frau aus Dortmund im Jahr 1991
Mit diesem Foto von Heike Kötting suchte die Polizei Dortmund 1991 nach den Tätern. © picture alliance/dpa/Polizei Dortmund

So schildert Staatsanwältin Gülkiz Yazir, was sich am Abend des 25. Februar 1991 zugetragen haben soll: Die drei Täter seien zwischen kurz vor halb sieben und acht Uhr über einen Kellerschacht von der Gartenseite aus ins Haus eingestiegen, um Wertgegenstände zu stehlen. Der Dortmunder Peter W., der zuletzt in Oespel gewohnt hat, habe ein Loch in das Türblatt geschlagen, seine Komplizin das Telefonkabel aus der Wand gerissen. Als die Karstadt-Dekorateurin gegen 20 Uhr nach Hause kam und Arbeitsutensilien in ihrem Nähzimmer ablegen wollte, lief sie dort ihren Mördern in die Arme.

Staatsanwältin Gülkiz Yazir hat im Cold-Case-Fall Heike Kötting ermittelt. Nun vertritt sie die Anklage. © Funke Medien NRW | Britta Bingmann

Um nicht aufzufliegen, hätten die drei beschlossen, Heike Kötting umzubringen, so die Anklage. Ein Täter habe sie noch im Nähzimmer gewürgt, ein zweiter mit einem Messer mehrfach auf die nichtsahnende Frau eingestochen. Stiche einer etwa zehn Zentimeter langen Klinge trafen Heike Kötting mehrfach in Hals und Brust. Als sie tot war, sei das Tätertrio mit der Beute – unter anderem eine Geldbörse – im Auto des Opfers nach Frankreich geflohen. Dort wurde der rote Fiesta erst vier Monate nach der Tat gefunden.

Beide Angeklagte sind vorbestraft

Spekuliert wurde schon früh, dass es sich bei den Tätern um Personen aus dem beruflichen Umfeld des Opfers handeln könne. Hinweise darauf gab eine ältere Karstadt-Tüte, in offenbar im Lichtschacht gefunden worden war. Doch trotz intensiver Fahndungsmaßnahmen konnten lange keine Verdächtigen ermittelt werden.

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Dann sollte der ungeklärte Mordfall eigentlich im Januar 2024 in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“ gezeigt werden, um endlich weitere Hinweise zur Auflösung zu bekommen. Doch kurz davor konnte die Ermittlungskommission „Cold Cases“ der Dortmunder Polizei einen Durchbruch vermelden.

Heike Kötting wurde in ihrem Bungalow in Dortmund-Scharnhorst ermordet.
Heike Kötting wurde in ihrem Bungalow in Dortmund-Scharnhorst ermordet. © Polizei Dortmund | Polizei Dortmund

Fasern der Täterkleidung, die nach der Tat gesichert worden waren, wurden jetzt mit neueren Methoden auf DNA-Spuren untersucht. Die Ergebnisse führten zwar in Deutschland zu keinem Treffer, dafür aber in der Datenbank des österreichischen Bundeskriminalamts. Die DNA passte zu der von Peter W. aus Dortmund, der in Österreich bereits aktenkundig geworden war.

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Drei Monate später wurde dann auch Petra G. in der Wohnung ihres Ex-Ehemannes festgenommen. Auch von ihr sollen DNA-Spuren gefunden worden sein, laut Bild-Zeitung sogar unter den Fingernägeln der Ermordeten. Die DNA konnte der Mönchengladbacherin eindeutig zugeordnet werden. Denn ihre Daten sind im System: Petra G. ist vorbestraft.

Doch ob das für eine Verurteilung reicht? Es müssten Mordmerkmale nachgewiesen werden. Totschlag wäre bereits verjährt.

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