Dortmund. Schuldspruch in einem furchtbaren Fall von Kindesmissbrauch: Eine Dortmunderin hat mitgemacht, als ihr Partner ihre Tochter vergewaltigte.
Die 31. Strafkammer des Dortmunder Landgerichts hat Simone B. (47) und ihren Ex-Freund Marcel B. (31) am Dienstagnachmittag (9.7.) zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Marcel B. muss wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern für vier Jahre hinter Gitter. Simone B. muss drei Jahre und sechs Monate in Haft, weil sie sich an der Tat beteiligt hat, zudem ein Handyvideo davon machte, das sie später an Marcel B. schickte.
Mutter filmte Vergewaltigung der eigenen Tochter
Unvorstellbar: Bei dem damals elfjährigen Opfer handelt es sich um ihre eigene, leibliche Tochter. Trotzdem dürfen beide Täter nach dem Urteil erstmal nach Hause.
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Der Prozess sorgte seit dem Auftakt Anfang Mai für viel Entsetzen. Vor allem die Angehörigen des Mädchens mussten viel ertragen: zahlreiche Unterbrechungen, ein fehlendes Gutachten, der wiederholte Ausschluss der Öffentlichkeit (und damit auch der Angehörigen) und die Verlesung von intimen Chat-Nachrichten der Beschuldigten strapazierten Nerven und Geduld. Dass die Täter bis zum Haftantritt wieder auf freiem Fuß sind, ist eine zusätzliche Belastung.
„Ich will eine einstweilige Verfügung gegen die Mutter erwirken, damit sie nicht plötzlich an der Schule meiner Tochter auftaucht oder Ähnliches. Ich will nicht, dass diese Frau sich ihr jemals wieder nähert“, sagt der geschiedene, leibliche Vater, der an allen Verhandlungstagen als Nebenkläger im Saal bleiben durfte. Das Mädchen lebt mittlerweile bei ihm.
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Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass Marcel B. die damals Elfjährige mindestens einmal aufforderte, zu ihm ins Bett zu steigen. Aus der öffentlichen Urteilsbegründung geht hervor, dass die dabei anwesende Simone B. sich daraufhin ihrer Kleider entledigte und dazulegte. Sie hat das Kind „motiviert“ und sogar vorgemacht, wie sexuelle Handlungen an dem Mann auszuführen sind. Die Vergewaltigung filmte sie mit ihrem Smartphone und schickte das Video an den Mittäter, der es sofort wieder löschte. Ein verwertbares Geständnis legte die Mutter erst im zweiten Anlauf ab, Marcel B. hatte da bereits alle Vorwürfe eingeräumt.
Kinderschänder bis zum Haftantritt auf freiem Fuß
Die Strafkammer kam zum Schluss, dass beide äußerst „haftempfindlich“ sind, also sehr unter der seit Anfang November 2023 bestehenden Untersuchungshaft leiden. Marcel B. hat dem Mädchen mittlerweile freiwillig 2500 Euro Schmerzensgeld gezahlt, das er nur mit Mühe auftreiben konnte. Da beide Täter Reue zeigten und laut Ermittlungen nicht über Kontakte verfügen, die ihnen bei einer Flucht behilflich sein könnten, entschieden die Richter, dass „Haftgründe nicht mehr vorliegen“. Dabei hatte der Staatsanwalt die Aufrechterhaltung der Haft beantragt – vergebens.
Das heißt aber nicht, dass die mehrjährigen Gefängnisstrafen sich erübrigt hätten. Sofern sie nicht erfolgreich in Revision gehen, bekommen beide innerhalb der kommenden Wochen bzw. Monate einen Brief mit der Ladung zum Haftantritt zugestellt. Wenn sie dann nicht freiwillig im jeweils zugewiesenen Gefängnis erscheinen, werden sie zur Festnahme ausgeschrieben.
Schwer nachvollziehbar für die vom Verfahren gebeutelten Angehörigen. Justizbeamte stellten sich nach Sitzungsende zwischen diese und die Verurteilten. Die Tante der mittlerweile 13-Jährigen gab ihnen trotzdem noch etwas mit auf den Weg: „Karma wird kommen“.
Dieser Text erschien erstmals am 9. Juli 2024.