Balve. Zwei Orte, die Balve Charme verleihen und das Kulturleben bereichern: Höhle und Stadtbücherei. Das beeindruckt sogar eine Landtagsabgeordnete.
Der Mund steht staunend offen, ihre Begeisterung findet viele Worte: „Großartig, ich bin schwer beeindruckt. So etwas habe ich noch nie gesehen.“ Dazu macht sie mit dem Handy immer wieder Erinnerungs- und Dokumentationsfotos in den Höhlenarmen oder vor dem Eingangsbereich. Christina Osei, NRW-Landtagsabgeordnete der Grünen, war am Donnerstag zu Gast in Balve. Von der Höhle habe sie noch nie zuvor etwas gehört oder mitbekommen, erzählt sie frei heraus. Aber sich schon öfter gefragt, in welcher Höhle genau die bekannte Hip-Hop-Formation „Die Fantastischen Vier“ ihre bekannten MTV Unplugged-Konzerte aufgenommen hätten. Die Antwort bekommt sie am neben vielen anderen Eindrücken auch geliefert.
Austausch in kleiner Runde
Eingeladen hatte die Bielefelderin Christina Osei der heimische Landtagsabgeordnete Matthias Eggers (CDU), der mit Osei zusammen im Kultur- und Medien- ebenso wie im Ausschuss für Heimat und Kommunales zusammenarbeitet. Erstgenannten führt Osei als Vorsitzende. Und weil die Grünen-Politikerin auch Präsidentin des Verbandes der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen ist, entstand zusammen die Idee zu ein paar informativen Besuchen. So begann der Tag für die beiden in Menden, wo man sich über das Umbauprojekt und den geplanten Umzug der Stadtbücherei in den Neubau am Nordwall informierte. „Wir wollten uns aber auch bewusst eine kleinere Bibliothek im ländlichen Raum anschauen“, sagt Matthias Eggers. Und so ging die Fahrt ein paar Kilometer südlich zu Steffi Friske und ihrem Team.
„Hier kann man mit vergleichsweise wenig Geld verdammt viel erreichen.“
„Ich liebe meinen Beruf“, sagt die Büchereilterin im Austausch in der kleinen Runde, zu dem auch Balves Stadtoberhaupt Hubertus Mühling gekommen war. Friske schwärmt von einem für eine kleinere Stadt richtig großen Angebot an ausleihbaren Medien, vom persönlichen Kontakt zu den Kunden. „Die Menschen schütten mir auch immer wieder ihr Herz aus.“ Steffi Friske ist aber auch keine ausgebildete Bibliothekarin, wie sie berichtet. Vor allem ihr Kommunikations- und Managementtalent, das Herz für Bücher und für die Menschen mache sie zur idealen Besetzung, betont Hubertus Mühling. Andererseits verschließt diese fehlende Ausbildung der Leitung, wie es in ganz vielen kleinen Büchereien der Fall sei, manche staatliche Förderung. Was in Großstädten vielleicht als Voraussetzung Sinn mache, um Qualität zu sichern, müsse für den ländlichen Raum womöglich überdacht werden, sind sich die beiden Landtagsabgeordneten Osei und Eggers einig.
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Die hatten zuvor nicht nur mit der Leiterin, sondern auch mit zwei regelmäßigen Besuchern der Bücherei reden und so diesen Ort erleben können: den Zwillingen Alissa und Nedim, Fünftklässler aus Balve. Nedim zeigt Osei den selber mit Robotik gebauten kleinen Rennwagen. Und Alissa demonstriert, wie man mit dem 3D-Stift kleine kreative Kunstwerke erschafft. Christina Osei jedenfalls ist stolz, als sie sagt: „Ich habe ein Krönchen gemacht.“ Zwei kleine Aspekte eines immer größeren Angebots abseits klassischer Bücher, welche ihren Platz aber nicht verlieren. Denn bei aller Bastelei und technischem Verständnis sagt Nedim über die Stadtbücherei: „Am liebsten lese ich hier.“
Engagement vor Ort stärken
Beim nächsten Stopp der Landtagsabgeordneten in der Balver Höhle geht es um viel größere Bauvorhaben. Der Festspielverein, selber ja Mieter im Felsendom, möchte das Gebäude der ehemaligen Discothek „Mammut“ direkt nebenan zu einem Backstagebereich während der Festspielsaison umbauen; mit Umkleide, Kostümlager und Maske, Duschen und Co. Aber auch mit ganzjähriger Nutzung als Geschäftsstelle, Treffpunkt oder mit einer kleinen Ausstellung zur Historie des Vereins und über 100 Jahren Theaterspiel in der Höhle. Alles bisherige mit einem Umbau vor den Aufführungen oder über die Stadt verstreuten Räumen sei eher ein Provisorium. An Kosten kämen da sicher 200.000 bis 300.000 Euro auf die Rechnung, erläutert der Vorsitzende Lukas Koch den Besuchern. Ohne Förderung wohl nicht zu stemmen.
„Großartig, ich bin schwer beeindruckt. So etwas habe ich noch nie gesehen.“
Familie Sauer als Eigentümer des Gebäudes wäre auch an dem Projekt interessiert. „Das würde absolut Sinn machen“, sagt Christina Osei, nachdem Koch die örtlichen Begebenheiten, Baupläne und auch den Ablauf der jährlichen Aufführungen erklärt. „Das ist unterstützenswert.“ Osei berichtet vom Landesförderprogramm für sogenannten Dritte Orte, also die Plätze, an denen sich Menschen neben dem Zuhause und der Arbeit zu Gemeinschaftsleben und Austausch treffen. Einen genauen Zeitplan oder Versprechungen kann aber weder sie noch Matthias Eggers machen. „Aktuell kratzen wir jeden Euro zusammen“, sagt der Mendener Politiker mit Blick auf die Haushaltsberatungen in Düsseldorf. Dabei gebe es aufgrund der schwierigen finanzielle Situation auch „schmerzhafte Streichungen“. Aber man werde den Festspielverein im Blick behalten, und dann könnte es vielleicht auch doch unkompliziert und schnell losgehen.
Beide betonen mehrfach, wie wichtig das ehrenamtliche Engagement gerade im ländlichen Raum sei. Und daraus abgeleitet der Auftrag für Politik, so Eggers: „Hier kann man mit vergleichsweise wenig Geld verdammt viel erreichen.“ Eine Sache aber will Christina Osei dann doch direkt an Ort und Stelle versprechen: Lukas Koch erzählt von den Planungen für das „Dschungelbuch“, dem Theaterstück der neuen Saison. Ein erster Infoabend zur Vorstellung des Stücks hatte um die 80 Leute angezogen, klein und groß, und auch manche Neulinge. Das Casting für die Hauptrolle des Mowgli ist am Montag, 18. November, ab 18 Uhr in der Gransauer Mühle. Jugendliche ab 14 Jahren können sich dafür melden, egal welchen Geschlechts. Zwei Lieder müssen dazu vorgesungen werden, um die Stimme zu testen. Diese können, müssen aber nicht aus dem Disney-Kosmos stammen. Auf der Bühne wird Christina Osei dabei wohl nicht stehen. Aber der Termin der Premiere, 3. Mai 2025, wandert am Donnerstag ohne Umschweife in ihren Kalender.