Balve. Balves Waldbauern kommen nicht zur Ruhe. Der Borkenkäfer nervt. Und Monster-Tief „Bernd“. Gibt’s denn gar keine gute Nachrichten?

Die Folgen von Monster-Tief „Bernd“ im Juli dieses Jahres beschäftigen die heimische Forstwirtschaft auch noch nach der Jahreswende. Das sagte Förster Richard Nikodem im Gespräch mit der Westfalenpost.

+++ WALDRETTER: FÖRSTER RICHARD NIKODEM FORDERT ROBUSTERE BÄUME +++

Revierförster Richard Nikodem (rechts) und Praktikantin Patricia Wein mit Setzlingen der Esskastanie
Revierförster Richard Nikodem (rechts) und Praktikantin Patricia Wein mit Setzlingen der Esskastanie © WP | Alexander Lück

„Wir haben uns hauptsächlich mit der Fichte beschäftigt, alles andere war für uns Nebenkriegsschauplatz“, erklärte der Wald-Experte. Damals knüpften die Arbeiten im zu Ende gehenden Jahr da an, wo sie 2020 aufgehört hatten. Buche & Co. waren dann ein Thema, wenn sie aus Gründen der Verkehrssicherung weggeräunmt werden mussten: „Wir hatten ja auch ein bisschen Wind.“ Trockenheitsbedingte Absterbe-Erscheinungen an Buchen seien nur in Einzelfällen zu beobachten. Damit bestätigte Nikodem den kürzlich von NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) vorgelegten Waldzustandsbericht 2021 im Wesentlichen.

Borkenkäfer gehen junge Bestände an

Das Jahr hat Flora und Fauna deutlich mehr Feuchtigkeit beschert als die drei vorangegangenen Jahre. Bis Mitte Dezember fielen nach Angaben des privaten Wetter-Portals wetter-balve.de 881,1 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Diese Menge entspricht in etwa dem langjährigen Mittel.

Revierförster Richard Nikodem auf der Suche nach dem Borkenkäfer
Revierförster Richard Nikodem auf der Suche nach dem Borkenkäfer © WP | Alexander Lück

Obwohl Fichten-Schädling Borkenkäfer Feuchtigkeit nicht mag, hat der Population die Regenmenge in diesem Jahr nicht geschadet. Nach Beobachtung von Nikodem haben schlicht zu viele dieser gefräßigen Insekten den vorigen Winter überlebt – nachdem sie sich in den drei Dürrejahren 2018, 2019 und 2020 prächtig vermehrt hatten. „Sie haben fleißig weiter Fichten umgebracht“, meinte Nikodem sarkastisch. Fast alle Altbestände seien inzwischen weg. „Die Käfer waren so stark, dass sie vermehrt in jüngere Bestände reingegangen sind“, fügte der Förster hinzu, „bis zum Alter 30, 40.“ Fichtenbestände seien durchaus noch im Hönnetal anzutreffen. Junge Bäume werden von Borkenkäfer nicht angegriffen; sie seien zu dünn. Restbestände alter Bäume seien dann noch vorhanden, wenn sie so günstig im Wind stehen, dass sie von den Insekten nicht attackiert werden können.

Die reichliche Regenmenge in diesem Jahr konnten die Fichten kaum nutzen – ihnen fehlte nach drei Dürre-Jahre das Feinwurzelwerk. Es braucht zur Erholung in der Regel mehrere Jahre.

Nikodem erwartet vom kommenden Jahr an eine Abschwächung der Plage. Es gebe längst mehr Borkenkäfer als Nahrung.

Dem Boden indes tat das regenreiche Jahr gut. Vor der Jahreswende reichte die Trockenheit bis in eine Tiefe von 1,90 Meter. Mittlerweise, heißt es, seien die oberen 1,50 Meter wieder wasserversorgt.

+++ WALDRETTER: WÄRME, DÜRRE, BORKENKÄFER - WEITER ALARMSTUFE ROT +++

FBG: Balves Förster Richard Nikodem wurde im Amt bestätigt. Thomas Schröder (2. von links, mit Geschäftsführer Heinz Schulte, rechts) von der Forstbetriebsgemeinschaft Balve und Julia Böning vom Landesbetrieb Wald und Holz unterzeichneten den Vertrag.
FBG: Balves Förster Richard Nikodem wurde im Amt bestätigt. Thomas Schröder (2. von links, mit Geschäftsführer Heinz Schulte, rechts) von der Forstbetriebsgemeinschaft Balve und Julia Böning vom Landesbetrieb Wald und Holz unterzeichneten den Vertrag. © WP | Landesbetrieb Wald und Holz

Das Hochwasser im Juli hat dem Wald selbst kaum geschadet. Die Wirtschaftswege im Forst sowie die Durchlässe heimischer Bäche blieben allerdings ramponiert zurück – so stark, dass Landesbetrieb Wald und Holz sowie Waldbauern reichlich Arbeit fürs kommende Jahr bleibt: „Es hat massive Schäden an der Infrastruktur gegeben.“

Auf Waldbesitzer kommen riesige Kosten zu, die sie allein kaum stemmen können. Förster Nikodem bezweifelt, dass öffentliche Hilfszusagen so wie erhofft eingelöst werden. Mit fünfmonatiger Verzögerung sei eine Aufforderung vom Land gekommen, die Schäden an Wirtschaftswegen aufzulisten: „Doch wir haben das Schlimmste schon beseitigt.“

+++ WALDRETTER: FÖRSTER NIKODEM WILL KLIMAWANDEL TROTZEN +++

Immerhin: Durch Bau-Boom und anspringende Konjunktur lasse sich mit Holz wieder Geld verdienen. Pro Festmeter bleiben 40 bis 50 Euro übrig, weiß Nikodem.

Aktuell auch mit Weihnachtsbäumen: Sie haben die Borkenkäfer-Invasion gut überstanden – wegen ihrer dünnen Stämme. Ob Nikodem einen Christbaum aufstellt, ließ er offen. Möglicherweise macht er Weihnachten Urlaub. Bisher ist nichts entschieden.