Balve.

Dass der Wald unter dem Klimawandel leidet, dürfte so allgemein bekannt sein. Auch dass der Borkenkäfer den heimischen Gehölzen schwer zusetzt. Nur, wie das alles miteinander zusammenhängt – und wie es besser werden kann, ist nicht unbedingt allgemein bekannt. Eine Nachhilfestunde in Sachen Wald gewährte Förster Richard Nikodem 15 Interessierten.

In Wanderschuhen und mit Regenjacke ging es am Freitagnachmittag den Baumberg hoch, bis in die Schonungen und unter Baumwipfel. Sofern sie noch da waren. Mitunter waren die Eindrücke erschreckend: Kahle Stämme, braune Fichten mit abgestorbenen Ästen und Zweigen.

Heiß-Zeit: Die Karte zeigt es überdeutlich.
Heiß-Zeit: Die Karte zeigt es überdeutlich. © wp | bettina hartwig-labs

Richard Nikodem hatte sich nach eigenen Bekunden „sehr auf seinen Beruf gefreut“, mittlerweile sei gerade nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig. „Das Jahr 2018 war nicht nur das bisher wärmste, sondern auch das trockenste“, erläuterte der Förster. Er wies auf ganze Areale mit vor allem befallenen und toten Fichten hin.

Viele dieser Bäume seien um die 70 Jahre alt – man habe sie nach dem Krieg gepflanzt, zum einen als Reparationsleistung, zum anderen um Holz ins ausgebombte Ruhrgebiet liefern zu können. Nach dem Sturm „Kyrill“ im Jahr 2007 gab es einen erneuten Boom an Fichtenanpflanzungen – ganze Landstriche mussten ja wieder aufgeforstet werden. „Die Fichte eignet sich sehr gut für freie Flächen – und auch das Pflanzen ist mit seinen Setzlingen schneller und ergiebiger als das anderer Bäume“, erklärte der 56-Jährige seinem interessierten Publikum.

Dass großflächige Monokulturen stärker unterm Klimawandel leiden, erläuterte Nikodem anhand vieler Schaubilder und Diagramme.

Die Sommer werden wärmer, trockner – und länger, im Schnitt bereits 4,5 Tage! „Regen fällt nicht mehr gleichmäßig über den Sommer hinweg, sondern oft als Starkregen zu Beginn und Ende der Vegetationsphase.“

Eine Buche braucht 400 Liter Wasser pro Tag, lernten die Teilnehmer, und auch, dass die Böden zwar in der oberen Schicht recht feucht, in der Tiefe allerdings pulvertrocken sind. „In der Tiefe kommen die Wurzeln nicht mehr an das Grundwasser heran, das früher bei 1,20 Meter lag, heute bei 1,80 Meter und tiefer“, erklärte der studierte Forstwirt.

Er malte ein weiteres düsteres Szenario: „Ohne Wasser können sich die Bäume nicht gegen den Borkenkäfer wehren. Sie produzieren zu wenig Harz, also nistet sich der Borkenkäfer besser ein.“ Ein Borkenkäferpaar, so rechnete Richard Nikodem vor, vermehrt sich rasant; erst mit 80 bis 200 Nachkommen, nach vier bis sechs Wochen erneut, und das viermal pro Jahr. So kommen in einem Jahr bis zu 160.000 dieser Schädlinge zur Welt, und in die Bäume! Die deutsche Sägewerkindustrie sei mit den gefällten Bäumen hoffnungslos überlastet – 13 Millionen Festmeter fallen durch die Schäden an, gesägt werden können nur rund vier bis fünf Millionen.

Individuelle Beratung

Eine Alternative sei der Export, vor allem nach China. Im Antwerpener Hafen werden die Stämme gegen die Käferplage begast und verschifft. Eine Patentlösung, so Nikodem, gebe es nicht. Lösungsansätze allerdings; Mischkulturen und robustere Baumarten wie Douglasie, Lärche, Küstentanne und Traubeneiche. Die gesunde Mischung mache es.

Ein Planspiel, das Richard Nikodem mitgebracht hatte, machte deutlich: Sollten sich Niederschlagsmengen und Temperaturen auf demselben Kurs weiterbewegen, sei mit einem Temperatur-Plus von zwei Grad und nachlassendem Niederschlag von zehn Prozent zu rechnen. Zwei Drittel der Wälder in und um Balve befinden sich in Privathand, und glücklicherweise ließen sich alle beraten. Erfreulich: Auch Bürgermeister Hubertus Mühling zeigte sich interessiert und nahm an der Infoveranstaltung teil. Ein Patentrezept kennt kein Förster – er muss in den Wald, sich ein genaues Bild verschaffen und dem Eigentümer mit exakten Ratschlägen zu einem gesunden Mix raten, ganz individuell.