Balve. Die Borkenkäfer-Invasion hat Flächen in Balve leer gefegt. Stürme können kaum noch etwas knicken. Aufforstung tut not. Doch wer hat dafür Geld?
Soll er lachen, soll er weinen? Förster Richard Nikodem vom Landesbetrieb Wald + Holz weiß es nicht. Er trägt Gipsarm. Dennoch arbeitet der Experte – im Büro.
Sollen sie lachen, sollen sie weinen? Das Gros der heimischen Waldbauern weiß es nicht. Sicher, der Rohstoff-Boom nach den Corona-Lockdowns in aller Welt ließ die Holz-Preise schneller wachsen als eine Fichte im Zeitraffer. Doch für viele Waldbesitzer kommt der explodierende Baustoff-Bedarf zu spät. Sie waren auf dem Höhepunkt der Borkenkäfer-Invasion gezwungen, ihr Holz schnellstmöglich zu verkaufen. Wenige Waldbauern verdienten überhaupt noch etwas daran, mancher machte Minus. Das betraf in Balve gerade in den Dürrejahren 2019/2020 viele Waldbesitzer: kleine Fläche, großer Schaden.
Inzwischen sind die Borkenkäfer-Flächen kahl, das Holz ist raus. Immerhin bei den aktuellen Winterstürmen gibt es kaum Bäume ohne Standsicherheit. Wenn der Wind bläst, kann im Hönnetal kaum noch etwas umfallen. Manchem Forst-Fachmann kommt die Lage wie ein schlechter Witz vor: Sollen sie lachen, sollen sie weinen?
Neue Lage, neue Situation
Fakt ist: „Wir haben eine neue Lage, eine neue Situation. Wir können nicht mehr so weitermachen wie bisher“, befindet Richard Nikodem. „Wir müssen uns jetzt auf den Klimawandel einstellen.“
Der Landesbetrieb Wald und Holz hat längst einen Plan. Dessen Waldbauabteilung hat inzwischen einen Wälzer vorgelegt. Er ist als „Bedienungsanleitung“ (Nikodem) zu verstehen, wie heimische Waldbesitzer auf den Trend zu einem wärmerem Klima mit längeren Trockenphasen reagieren können. Was tun?
Eine Weisheit ist nicht ganz neu, und das weiß auch Richard Nikodem: „Möglichst viele Baumarten auf eine Fläche, Mischwälder machen.“
+++ SO WILL FÖRSTER RICHARD NIKODEM DEM KLIMAWANDEL TROTZEN +++
Der Landesbetrieb belässt es aber nicht bei vagen Tipps. Im Gegenteil: Die Experten raten zur Neuanpflanzung von Waldfamilien. Das sind Baumarten, die zueinander passen, geeignet für die verschiedenen Standorte in Nordrhein-Westfalen im Allgemeinen und im Hönnetal im Besonderen. Was passt ins Märkische Sauerland?
+++ BALVE: ALARMSTUFE ROT IM WALD +++
„Wir haben acht verschiedene Waldfamilien“, weiß Richard Nikodem. „Der Hauptgewinner wird die Eiche sein, mit verschiedenen Mischungen, Eiche-Buche, Eiche-Hainbuche. Dazu kommen Buchenwald-Gesellschaften, Buche mit Douglasie gemischt, beispielsweise. Wichtig ist, dass man immer gucken muss: Wie passen die Bäume zueinander?“, fügt er hinzu. Worin besteht die Kunst des Försters?
Bei den Neupflanzungen gilt dieselbe Regel wie für Menschen in der Corona-Krise: Es kommt auf den richtigen Abstand an. Und noch etwas: „Wichtig ist, mindestens vier Baumarten auf eine Fläche zu setzen“, betont Richard Nikodem.
Damit die Setzlinge sprießen können, lässt der Staat eine Geldquelle sprudeln. Wie sieht die Förderung aus?
+++ FÖRSTER NIKODEM FÜR ROBUSTERE BÄUME IM BALVER WALD +++
Noch stehen nicht alle Details fest, weiß Richard Nikodem. Dennoch sei die große Linie im vorliegenden Entwurf bereits erkennbar. Es wird Geld für Waldbesitzer geben. Doch dann folgt ein Aber. „Große Teile“, berichtet Richard Nikodem, „werden immer noch beim Waldbesitzer bleiben, mindestens die Hälfte, und genau das ist das Problem.“ Warum?
Natur muss vielerorts selbst sähen
„Viele Waldbauern haben nur ganz wenig Geld in den Topf gekriegt“, hat Richard Nikodem in Gesprächen mit Betroffenen erfahren. Vielerorts fehle Kapital für Neuaufforstung. Wer ohne Einnahmen aus dem Holzverkauf pflanze, müsse auf Einkommen, Rente oder andere Kapitalerträge zurückgreifen. Wie kann der Schaden begrenzt werden?
„Wir werden nur bei sehr wenigen Waldbesitzern an die Kahlfläche gehen und sagen, jetzt pflanzen wir sie von oben bis unten zu“, entgegnet Richard Nikodem. „Wir werden stattdessen zusehen, was die Natur von selber bringt – und wenn es erst mal Fichte ist. Birke kommt ohnehin überall von selbst. Das kann man mitnehmen als Begleitbaumarten während der Jugend. Das geht auch in einem Buchenwald. Dann pflanzen wir eben nur alle fünf Meter eine Buche.“ Doch jede Einzelfläche erfordere andere Maßnahmen. Woher wissen Waldbauern, was nötig ist?
Richard Nikodem und sein Team wollen sie nicht im derzeit reichlich fallenden Regen stehen lassen: „Wir arbeiten gerade an einer Broschüre.“ Darin gibt es Tipps, wie die empfohlenen Wald-Familien zu Böden im Hönnetal – mal Kalk, mal Grauwacke – passen. Den Waldbauern bleibt Zeit, sich auf die Pflanzsaison im Herbst einzustellen. Sollen sie lachen, sollen sie weinen?