Köln. Im Zusammenhang mit der Explosionsserie in NRW hatte die Polizei in Paris einen Verdächtigen festgenommen. Er soll nun ausgeliefert werden.

Der 22-Jährige soll eine Schlüsselfigur sein im Drogenkrieg in Köln und Umgebung: Im Zusammenhang mit einer Explosionsserie war er am 1. Oktober in Paris festgenommen worden. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Köln soll der junge Mann zu Monatsbeginn am Flughafen Roissy in der französischen Hauptstadt gefasst worden sein. Zuvor war er mit internationalem Haftbefehl gesucht worden. Die Behörden werden ihm bandenmäßiges Handeltreiben mit Kokain und anderen Drogen vor. Sie haben sofort ein Verfahren zur Auslieferung eingeleitet und stehen mit den französischen Justizbehörden im engen Kontakt. Das Rechtshilfeverfahren läuft, bis zu einer Entscheidung aus Frankreich kann es allerdings noch dauern.

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Für die Polizei ist der 22-Jährige entscheidend wichtig für ihre Ermittlungen. Mit mehreren Ermittlungskommissionen (EK) versucht sie seit dem Sommer, den Hintergründen der Drogengeschäfte auf die Spur zu kommen. Sie sollen Ausgangspunkt für die Serie von Explosionen gewesen sein, die in den vergangenen Monaten nicht nur Köln erschütterten: In ganz NRW flogen seit Juli zehn Sprengsätze vor Hauseingängen in die Luft, die jüngsten Explosionen vor Ladenlokalen in der Innenstadt von Köln noch nicht mitgerechnet.

Explosionen in Köln: Gewaltspirale wegen Drogengeschäften

Die Ermittler gehen von Auseinandersetzungen unter Banden aus, Auslöser soll der Diebstahl einer großen Menge Cannabis aus einer Lagerhalle in Hürth gewesen sein. Die Rede ist von mehr als 300 Kilogramm der Droge, die dort verschwunden sind. Insgesamt geht es aber um mehr als die doppelte Menge, 700 Kilogramm.

Eine Gruppierung, die um die Drogen geprellt worden sei, versuche, das Cannabis zurückzubekommen oder Schadenersatz zu erhalten, wissen Polizei und Staatsanwaltschaft inzwischen. Dabei bestünden Bezüge zu Drogenbanden in den Niederlanden, offenbar aber auch zu Clan-Kriminalität und möglicherweise auch zu Rockern.

Mitte September etwa hatte eine Explosion die Ehrenstraße in Köln erschüttert, im Fokus ein Düsseldorfer Modelabel. Diese Tat wird in einer eigenen Ermittlungskommission bearbeitet. (Archivbild)
Mitte September etwa hatte eine Explosion die Ehrenstraße in Köln erschüttert, im Fokus ein Düsseldorfer Modelabel. Diese Tat wird in einer eigenen Ermittlungskommission bearbeitet. (Archivbild) © dpa | Henning Kaiser

Öffentlich wurde die Spirale der Gewalt vor drei Monaten durch die brutale Entführung eines Bochumer Paares, das in Köln schwer gefoltert worden sein soll, bevor die Polizei eingreifen konnte. Explosionen gab es später auch in Duisburg, Düsseldorf und anderen Städten in NRW. Kölns Kripochef Michael Esser spricht von „beispiellosen Fällen der Gewalt- und Schwerkriminalität, die es bis dato so in Köln nicht gegeben hat“. 

Mehr als zehn Personen sitzen nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits in Untersuchungshaft. Der nun in Paris Festgenommene wird als besonders wichtige Figur eingestuft. Der 22-Jährige soll sich allerdings bereits Ende Juni abgesetzt haben. Daraufhin sei er zur Fahndung ausgeschrieben und nun gefasst worden.

Kölner Polizei hat Ermittlungskommission „Sattla“ eingerichtet

Die zu den Fällen eingerichtete Ermittlungskommission (EK) bei der Kölner Polizei trägt den Namen „Sattla“. Im Arabischen heißt „Sattla“ Haschisch. In weiteren EKs zum Tatkomplex gehen mehr als 600 Ermittler in 30 Verfahren inzwischen Hunderten Hinweisen nach. Bislang schweigen alle Festgenommen, übrigens ebenso wie ihre Opfer. Sie alle hätten, sagt Krpochef Esser, „möglicherweise einen guten Grund, nicht offen mit der Polizei zu reden“. 

Im Zusammenhang mit den Taten fällt auch immer wieder der Begriff „Mocro Mafia“, den sich Polizei und Staatsanwaltschaft aber nicht zu eigen machen. „Mocro“ ist in den Niederlanden ein Slangwort für Marokkaner. Manche Niederländer mit marokkanischen Wurzeln sind dort am Drogenhandel beteiligt. Explosionen vor Wohnungen, Geschäften und Betrieben werden im kriminellen Milieu in den Niederlanden oft als Druckmittel eingesetzt, um Rivalen oder Schuldner einzuschüchtern. (mit dpa)