Essen. Der Personalmangel in NRW-Kitas spitzt sich weiter zu – und hat Folgen für die Gesundheit der Erzieherinnen. Die erschreckenden neuen Zahlen.

Das neue Kita-Jahr in Nordrhein-Westfalen hat gerade erst begonnen, doch der Personalmangel bestimmt in vielen Einrichtungen weiterhin den Alltag. Während Eltern an Notbetreuung und kurzfristigen Schließungen verzweifeln, klagen Mitarbeitende über eine zunehmende Belastung.

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Der Druck ist mittlerweile offenbar so groß, dass auch die Gesundheit der Erzieherinnen, Alltagshelfer und Kinderpflegerinnen darunter zu leiden scheint: Sie fallen immer öfter aufgrund psychischer Erkrankungen aus. Das hat die Bertelsmann Stiftung herausgefunden, die dafür die Daten der Krankenkassen ausgewertet hat. Sie warnt nun vor den „dramatisch hohen“ Krankheitsausfällen.

Kita-Mitarbeitende an 30 Tagen pro Jahr krankgeschrieben

Kita-Mitarbeitende in NRW waren demnach im vergangenen Jahr an durchschnittlich 30,5 Tagen arbeitsunfähig. Bei den Beschäftigten in allen anderen Berufsgruppen waren es lediglich rund 20 Tage.

NRW liegt damit leicht über dem Bundesdurchschnitt von 29,6 Tagen. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg (22,6 Tage) und Bayern (23,8 Tage) waren Kita-Mitarbeitenden am wenigsten krankgeschrieben, in Berlin (35,7 Tage) und Mecklenburg-Vorpommern (34,7 Tage) hingegen am meisten.

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Kita-Mitarbeitende in NRW immer öfter psychisch krank

Die hohen Krankenstände ließen sich laut Bertelsmann Stiftung nicht einfach damit erklären, dass sich Kinder, Eltern und Mitarbeitende immer wieder gegenseitig anstecken. Zwar fielen die meisten Mitarbeitenden aus, weil sie eine Atemwegsinfektion hatten. Doch auf Platz zwei der Ursachen folgten bereits psychische Krankheiten. Für NRW bedeutet das: Von den insgesamt 30,5 AU-Tagen sind rund sechs auf psychische Erkrankungen zurückzuführen, also etwa 20 Prozent.

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>>> Nicole J. arbeitet seit über 20 Jahren als Erzieherin. Die 48-jährige Gladbeckerin beobachtet die Entwicklung ihres Berufs mit großer Sorge. Lesen Sie hier das Protokoll einer Frau, die sich in einem Teufelskreis von Notbetreuung in der Kita und krankgeschrieben im Bett befindet: Kita-Erzieherin: „Viele von uns gehen krank zur Arbeit“

Erzieherinnen, Kita-Helfer und Kinderpflegerinnen leiden demnach immer öfter an psychischen Krankheiten und liegen außerdem weit über dem Schnitt anderer Berufsgruppen. Eine Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil. Anette Stein von der Bertelsmann Stiftung warnt vielmehr vor einem „Teufelskreis“: „Aufgrund der steigenden Krankenstände fallen immer mehr Fachkräfte aus, wodurch die Überlastung für die verbleibenden Beschäftigten weiter zunimmt.“

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Eine Umfrage unter Leitungen macht ebenfalls deutlich, dass die Kita-Krise die Mitarbeitenden zunehmend krankmacht. In der „DKLK-Studie“ des „Verbands Bildung und Erziehung“ (VBE) und des Event-Veranstalters „Fleet Education“ stellt eine große Mehrheit der Leiterinnen und Leiter (88 Prozent) fest, dass sich der Personalmangel weiter verschärft. In manchen Einrichtungen könne sogar die Aufsichtspflicht nicht mehr sichergestellt werden.

Das führe dazu, dass viele Kinder nicht ausreichend gefördert und nicht angemessen auf die Einschulung vorbereitet werden – und viele Mitarbeitende unter großem Druck stehen. Fast alle Leiterinnen und Leiter (98,7 Prozent) betonen, dass die hohe Arbeitsbelastung der Fachkräfte zu höheren Fehlzeiten und mehr Krankschreibungen führt. 

Hohe Krankenstände bei Erzieherinnen in NRW: „Macht uns große Sorgen“

„Wir hören aus allen Ecken, dass die Erzieherinnen und Erzieher unter höheren psychischen und körperlichen Belastungen leiden. Das macht uns große Sorgen“, sagt Barbara Nolte. Sie ist Referentin für Erzieherinnen und Erzieher beim VBE NRW und leitet selbst eine Kita.

Der Druck sei oft so hoch, dass bei vielen Fachkräften der Wunsch nach Teilzeit wachse. Viele Erzieherinnen und Erzieher könnten sich außerdem nur noch auf Kernaufgaben konzentrieren und hätten im stressigen Alltag kaum Möglichkeiten, eigene Ideen oder Projekte umzusetzen. All das führe dazu, dass immer mehr junge Menschen daran zweifeln würden, ob sie tatsächlich in einer Kita arbeiten wollen. Damit dürfte sich der Personalmangel in Zukunft noch weiter zuspitzen.

>>> Lesen Sie hier: Einschulung in NRW: „Früher war man mit weniger zufrieden“

Die Bertelsmann Stiftung fordert daher, dass es Vertretungspersonal geben sollte, das im Notfall einspringen kann. Damit sich die Personalsituation „kurzfristig stabilisieren“ könnte, müssten bundesweit knapp 97.000 Fachkräfte allein für diese Vertretungsstellen eingestellt werden. Allerdings konnten bereits knapp 100.000 reguläre Stellen bisher nicht besetzt werden.

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