Hohenlimburg. Mehrere Corona-Tote und Flutschäden musste eine Bethel-Einrichtung in Hohenlimburg bewältigen. Nun wurde dort eine besondere Skulptur eingeweiht:
Die Stiftung Bethel hat in Hohenlimburg einen Erinnerungsort zum Gedenken an die Corona-Opfer und die Jahrhundertflut 2021 eingeweiht. Die Skulptur „Herz der Hoffnung“ steht im Garten des Bethel-Hauses an der Grünrockstraße und wurde von der Künstlerin Gabriele von Lutzau geschaffen. Die renommierte Bildhauerin ist einst als „Engel von Mogadischu“ in die Geschichte eingegangen. Im Jahr 1977 war sie Flugbegleiterin und eine von 87 Geiseln in der von Terroristen entführten Lufthansa-Maschine „Landshut“ in Mogadischu.
+++ Lesen Sie auch: Im Gespräch: „Engel von Mogadischu“ besucht Hohenlimburg +++
„Herz der Hoffnung“
Im Garten der Einrichtung von Bethel in der Grünrockstraße hob sie gemeinsam mit Bethel-Vorstand Pastor Ulrich Pohl und Verena Schmidt, Geschäftsführerin von Bethel-Regional, die Skulptur ein. Der Standort in der Grünrockstraße war von Bethel bewusst gewählt, um hier das „Herz der Hoffnung“ schlagen zu lassen. „Dieses Haus war mit am meisten betroffen“, blickt Verena Schmidt auf die Bethel-Einrichtungen in der Region Ruhr und Südwestfalen. Wie betroffen, das machte Einrichtungsleiter Karsten Raue in einer bewegenden Ansprache bei der Einweihung der Skulptur deutlich.
Drei Menschen sind während der Pandemie in der Einrichtung in Hohenlimburg an Corona gestorben. Sie hießen Birgit, Elisabeth und Ösnur – und Karsten Raue sprach ihre Namen laut aus. Nicht die einzigen Menschen, die im Bethel-Haus Grünrockstraße in der Zeit der Pandemie verstorben sind. „Im gleichen Zeitraum mussten wir uns von weiteren vier Bewohnern verabschieden.“ Sie hießen Ulrike, Volker, Fred und Ulf.
Halbe Stammteam infiziert
Für den Leiter ebenso wie für die Bewohner und sein Team im Bethel-Haus, wo 24 Menschen mit geistigen Behinderungen leben, war das ein harter Schlag. Dazu die schwierige Aufgabe, den täglichen Betrieb durch die Zeit der Pandemie zu lotsen. Das halbe Stammteam, elf Mitarbeitende, fiel wegen einer Corona-Infektionen von einem Tag auf den anderen aus. „Wer nicht infiziert war und arbeiten durfte, der hat gesagt, wir ziehen es durch. Ich musste nichts anordnen, das haben die Kolleginnen und Kollegen selbst entschieden“, so Raue. „Wir haben gelernt, wir können uns aufeinander verlassen.“
Ein Zusammenhalt, der später erneut auf die Probe gestellt werden sollten: Denn mitten in der Pandemie kam dann die Jahrhundertflut vor zwei Jahren, die das Gebäude mitten im Hohenlimburger Ortskern wie so viele Häuser rundherum schwer traf. Das Wasser stand bei Bethel einen halben Meter hoch, Mobiliar war komplett zerstört. „Kollegen haben Dienst geleistet und danach Schlamm geschüppt und Möbel geschleppt.“
Skultpr steht für Leid und Hoffnung
Trauer und Hilflosigkeit auf der einen, Zusammenhalt und Unterstützung auf der anderen Seite – verschiedene Erfahrungen, die in der neuen Skulptur vor der Einrichtung zum Ausdruck kommen, findet Raue. „Es ist ein aufgerissenes Herz - und diese beiden Katastrophen hier haben Herzen aufgerissen. Es sind Wunden entstanden, die noch nicht verheilt sind.“ Dennoch bringe das Kunstwerk auch Hoffnung zum Ausdruck, „und das wollen wir mitnehmen in die Zukunft.“
„Herr hilf“ an Kirche im Ahrtal
Heute erinnert im Bethel-Haus an der Grünrockstraße nichts mehr an die Schäden der Flut. Die Pandemie ist vorbei. Das „Herz der Hoffnung“ soll die Erinnerung hochhalten. „Es waren zwei Ereignisse, die wir am liebsten nicht erlebt hätten, aber dennoch erlebt haben“, so Pastor Ulrich Pohl. In der Laurentiuskirche im von der Flut schwer betroffenen Ahrtal habe er gesehen, dass jemand aus dem Schlamm der Naturkatastrophe „Herr hilf“ an die Kirchenwand geschrieben hat. „Ein kurzes und inniges Gebet, das viel aussagt über die große Not, die damals entstanden ist“, so Pohl. „Wir haben hinterher mit Frau von Lutzau überlegt, wie wir dem Ausdruck verleihen können - und das Ergebnis erleben wir nun heute.“
Allein die Einrichtungen von Bethel haben 170 Tote im Zusammenhang mit Corona zu verzeichnen. Das Herz-Kunstwerk hat die Bildhauerin Gabriele von Lutzau für die von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel geschaffen. Neben der Skulptur in Hohenlimburg gibt es vier weitere Exemplare des Denkmals, die an anderen Standorten von Bethel in Berlin, in Bielefeld, in Rheinland-Pfalz und Niedersachsen aufgestellt werden bzw. bereits aufgestellt wurden. So steht eine Skulptur etwa bereits auf dem Campus der Lazarus Diakonie in Berlin.
Im Hagener Stadtgebiet sind während der Pandemie fast einhundert Menschen an einer Corona-Infektion gestorben. Und auch wenn die Pandemie vorbei ist, bleibt das Virus in der Welt. „Corona ist nicht vorbei“, unterstrich Friedrich Schmidt vom Hagener Gesundheitsamt.
Er drückte in seinem Grußwort bei der Einweihung der Skulptur nicht nur seine Anerkennung und seinen Respekt für die Mitarbeiter in den stationären Pflegeeinrichtungen und dem ambulanten Bereich aus, sondern auch für einen Appell.
+++ Lesen Sie auch: Hagen: Corona-Folgen – „Wir sehen weiter schwere Verläufe“ +++
„Es gibt immer noch relativ viele Menschen die an Corona versterben, und das wäre sicher ohne die Impfaktionen noch dramatischer geworden.“ Er warb dafür, die Angebote zum Auffrischen von Impfungen im Herbst wahrzunehmen.