Breckerfeld. Bei der Museumsnacht in Breckerfeld wird der Ortskern zu einem riesigen Museum. Was tausende Besucher in die Gassen und Ladenlokale lockt.
Wie mag man die Größe eines Museums bemessen? An der Qualität der ausgestellten Werke? An deren Wert? An deren Anzahl? Oder aber an der Weitläufigkeit des Musentempels selbst? Bei einigen Kriterien kann man streiten, spielt doch auch Geschmack beim Thema Kunst eine Rolle. Was das letztgenannte angeht aber ist gewiss: Der Ortskern von Breckerfeld ist am Samstag zum größten Museum der Region geworden – bei der Museumsnacht.
Wobei die Veranstalter um Johannes Dennda, selbst Künstler und gute Seele des Heimatmuseums, Claudia Kuhnig, Lothar Henn und Christof Wippermann einem Wunsch der Besucher aus den letzten Jahren entsprochen haben: Sie haben die Nacht zum Tag gemacht. Denn die Museumsnacht in Breckerfeld beginnt nach dem Mauerlauf mitten am Tag. Was zur Folge hatte, dass sich besonders viele Familien auf den Weg machen konnten. Die Großen trafen Kunst und Menschen, die Kleinen amüsierten sich auf der gesperrten Frankfurter Straße – zum Beispiel vor der Geschäftsstelle des TuS, wo die Jugend des Vereins eigens einen Parcours aufgebaut hatte.
Optiker und Steuerberater zeigen Kunst
Der Rest drumherum: ein Museum. Der Optiker, das Immobilienbüro, der Badausstatter oder der Steuerberater. Bei dem beispielsweise stellte Peter Suck aus, ein Fotograf aus der Hansestadt. Verfremdete Bilder mit mysteriös-verzerrenden Effekten. Wie zum Beispiel jenes, das das kleine Fachwerkhäuschen am Rande des Vorstaubeckens der Ennepetalsperre zeigt. „Aufgenommen mit einem 300-Millimeter-Teleobjektiv mit längerer Belichtungszeit“, erklärt Suck, „dabei habe ich Kamera und Objektiv leicht rauf und runter bewegt.“
Es ist nur eines von vielen Werken dieser Art, die an diesem Tag hunderte Besucher – mehr als die meisten Galerien je an einem Tag gesehen haben – bestaunen. „Der Raum ist Top“, sagt Suck über das Büro. „Die weißen Wände – da wirken die Bilder. Hier ist den ganzen Tag Betrieb. Einige Besucher sind sogar aus Dortmund gekommen.“ Am Abend hat er viele seiner Werke verkauft.
Heimspiel für junge Fotografin
Fotos zeigt auch Lisa Wippermann nur ein paar Meter entfernt. Noch ein Heimspiel – für eine junge Fotografin, die im Atelier ihres Vaters Christof ausstellt. Zum großen Teil Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die sie zuletzt während ihrer Fotografen-Ausbildung gemacht hat – beeindruckend, durchdacht belichtet. Bilder mit Tiefe. Wer sie sieht, erkennt den Unterschied zwischen einem Foto und einer Aufnahme, die jemand mal eben mit einem Gerät geschossen hat, das doch eigentlich einmal zum Telefonieren von unterwegs aus erfunden worden war.
Historisch wird es vor dem Heimatmuseum. Zumindest beim Blick auf die beiden Traktoren, mit denen Brigitta und Michael Wenderoth, ebenfalls Breckerfelder, ihre Skulpturen aus Stein und Holz von Ecklöh aus in den Ortskern transportiert haben, „Der Deutz stammt aus dem Jahr 1937, war aus Angst, dass die Nationalsozialisten ihn konfiszieren könnten, von den Besitzern eingegraben worden“, sagt Michael Wenderoth. Er hat die Zeit überdauert. Unter und über der Erde. Und ist heute einer der ungewöhnlichsten Kunsttransporter überhaupt.
Der ungewöhnliche Kunsttransporter
Seine Ladung steht auf dem Pflaster der Museumsgasse. „Der alte Breckerfelder“ zum Beispiel. Eine Holzskulptur so, wie sie die Natur geschaffen hat mit einem Ast, der schamvoll verhüllt ist. Betont der doch die Männlichkeit des Männchens. Die Geschichten zu den Werken erzählt Wenderoth selbst, ein Mann, der sich einst in Diensten der Stadt Hagen um den Straßenbau gekümmert hat.
Tausende Besucher bei Museumsnacht in Breckerfeld
Wie zum Beispiel diese von den Skulpturen aus Bongossi-Holz. „Es stammt aus einer abgebrochenen Brücke“, sagt Wenderoth. „Das Tausalz hat sich in das Holz hineingefressen. Das bedeutete das Ende für das Bauwerk.“ Nicht aber für das Holz, dem das Salz – wo Wenderoths die Stücke nicht behandelt haben – Struktur gibt.
Impulse aus dem Heimatmuseum Breckerfeld
Im Museum wiederum zeit Johannes Dennda mit Markus Nottke die Installation Impulse. Köpfe und Seile, die im Schwarzlicht in Neonfarben leuchten, dazu Musik und überall der Schriftzug „Impulse“. „Wir wollen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger herkommen“, erklärt Nottke, „aber in Zeiten der Kriege und Krisen braucht es eben Impulse. Die Menschen können sich hersetzen, die Installation wirken lassen und Impulse mitnehmen.“
Nottke erklärt das Werk, genießt die Stunden. „Die Museumsnacht“, sagt der Ennepetaler, „ist ein Zeichen für den Zusammenhalt im Ort. Ich glaube in meiner Heimatstadt würde das so nicht funktionieren.“
Und sein Kompagnon? Der dreht irgendwann zufrieden selbst eine Runde und sagt: „Die Angebote werden super angenommen.“ Es ruft nach einer Neuauflage des größten Museums der Region – geplant in zwei Jahren.