Hagen. Neue Wege geht das Emil-Schumacher-Museum in Hagen. Was künftig im Kunstquartier gezeigt wird und was Messie-Wohnungen damit zu tun haben.
Endlich, denn dieser Satz war überfällig: „Das Emil-Schumacher-Museum will sich neu aufstellen“, sagt Rouven Lotz, Direktor des Emil-Schumacher-Museums im Kunstquartier in Hagen. Zwei Jahre nach dem Tod von Dr. Ulrich Schumacher, dem Sohn des Künstlers, der großen Einfluss auf das Programm des Museums nahm, soll nun die Bandbreite der präsentierten Kunstwerke wesentlich größer werden.
Blickwinkel soll erweitert werden
„Wir ändern unsere Rhetorik“ – so nennt Rouven Lotz den Richtungswechsel und konkretisiert: „Wir erweitern den Blickwinkel, sprich, nicht mehr nur wir blicken auf Emil Schumacher, sondern auch andere Künstler und Weggefährten nehmen ihn ins Visier.“ Das gelte für Ausstellungen wie auch für Publikationen.
Ein Beispiel für den Strategiewechsel ist das kleine Buch „Onkel Emil“, das deutlich macht, dass im aufgefrischten Emil-Schumacher-Museum ab jetzt „nicht mehr nur die ganz große Kunst“ einen Platz findet. Besagtes Buch von Klaus Keil, herausgegeben von Rouven Lotz, trägt den unprätentiösen Titel „Onkel Emil“.
Einblick in den Familienmenschen Emil Schumacher
Klaus Keil ist (neben Victor und Hubertus) ein Neffe Emil Schumachers. Keil berichtet in einer Mischung aus Erinnerungen, Briefen, Gästebucheinträgen und Familienfotos über seinen Onkel. In der Zusammenstellung gibt die Publikation einen Einblick in den Familienmenschen Schumacher. „In dem Buch ,Onkel Emil’ schildert Klaus Keil seinen Onkel weniger als Künstler, sondern als ganz normalen Menschen, der Neffe gibt viel über das Privatleben des Onkels preis“, erläutert Rouven Lotz.
Das 70-seitige Buch sei nicht die große Kunstgeschichte, sondern gewähre innige, private Eindrücke. Flankierend zur Publikation sind in einem kleinen Bereich des Museums Kasperlefiguren ausgestellt, die Emil Schumacher (1912-1999) seinen drei Neffen zu einem Weihnachtsfest in den 1940er/1950er-Jahren geschenkt hat. Mit den Puppen – „besonders mit dem Teufel mit den schönen Augen“ – sei viele Jahre gespielt worden, weiß Museumsleiter Lotz zu berichten.
Mode-Ausstellung lockt zahlreiche Besucher ins Museum
Und mit der bereits im Oktober eröffneten Ausstellung „Ich mache keine Mode, ich ziehe Frauen an“ , die das schrille Leben des Couturiers Hanns Friedrichs (Hafri) beleuchtete, wurde der frische Wind, der seit einiger Zeit durchs Emil-Schumacher-Museum weht, ebenfalls sichtbar. Zahlreiche Besucher – auch jene, die nicht zu Stammgästen musealer Räume zählen – kamen ins Kunstquartier, um die Mode-Ausstellung von Hafri, der über Jahrzehnte ein Atelier in Hagen hatte, zu sehen.
Jungen Künstlern eine Chance geben
Die Neudefinition des Museums bedeutet auch, dass mehr Werke, die nicht von Emil Schumacher selbst stammen, ausgestellt werden. So bereitet Lotz zum Beispiel für November eine Ausstellung mit Werken des Malers Wilhelm Wessel, einem Zeitgenossen Emil Schumachers, vor.
Und Anfang 2024 werden im Kunstquartier Arbeiten des Hagener Bildhauers Utz Brocksieper, Sohn des Bauhaus-Künstlers Heinrich Brocksieper, im Schumacher-Museum gezeigt. „Und ich will jungen Künstlern, die mit ihren Werken noch keine eigene Ausstellung stemmen können, die Möglichkeit geben, ein oder zwei ihrer Arbeiten bei uns zu präsentieren“, blickt Rouven Lotz in die Zukunft. „Interventionen“ nennt er die Einzelarbeiten junger Kreativer, die er zeigen möchte.
Im Gegenzug wird der Museumsleiter die Kabinettausstellungen mit Werken Emil Schumachers zurückfahren. In früheren Jahren waren häufig Kabinettausstellungen zu Schumachers Hauptmotiven – u.a. Räder und Vögel – zu sehen. „Der rote Faden des Museums bleibt zwar Emil Schumacher, aber wir blicken einfach weiter“, verspricht Lotz. Dazu gehört auch das Erstellen einer neuen Website, die im Sommer 2024 fertig sein soll.
Doppelausstellung „Outside/ Inside“ wird am 16. April eröffnet
Und aktuell? Am Sonntag, 16. April, wird die Doppelausstellung „Outside/Inside“, die zeitgenössische Malerei aus Ungarn präsentiert, eröffnet. „Das Künstler-Duo Dia Zékány und Csaba Nemes beobachtet die jüngsten politischen Entwicklungen in Ungarn“, fasst Lotz zusammen Die Themen der Ausstellung der ungarischen Künstler ließen sich auch auf die Lebenswirklichkeit in Deutschland übertragen. Lotz gibt Beispiele: „Gesellschaftlicher Wandel, Arbeitslosigkeit, Verarmung sowie Fremdenfeindlichkeit.“
Unordnung, Chaos und Messie-Räume
Die Malerin Dia Zékány bildet Unordnung, Chaos und Messie-Räume ab. „Ich zeige die typischen Lebensverhältnisse einer kleinbürgerlichen Familie in Ungarn“, erläutert die 36-Jährige. So gibt sie Einblicke in die Wohnräume ihres eigenen Elternhauses, „wir hatten wenig Geld, wenig Platz, aber unendlich viele Sachen, von denen sich meine Eltern nicht trennen konnten“. Vor zehn Jahren hat die Künstlerin begonnen, ihre Messie-Impressionen auf Leinwand zu bringen. Ein Motiv zeigt „Papas Gerümpel in der Garage“, ein anderes „Mamas Ecke mit kitschiger Weihnachtsdeko“. Im Laufe der Jahre haben ihr auch relativ fremde Menschen Zugang zu ihren Räumen gewährt. Dia Zékány zeigt ungewöhnliche, farbintensive Arbeiten, die den privaten Bereich von Menschen und vielleicht auch ihre innere Unaufgeräumtheit abbilden – egal, ob in Ungarn oder irgendwo auf der Welt.
Csaba Nemes widmet sich ernsten Themen
Csaba Nemes widmet sich u.a. den Themen Flüchtlingskrisen und Rassismus gegenüber der Roma-Gemeinschaft. Der 57-jährige Maler bildet Landschaften, Häuser und öffentliche Räume ab. Seine Gemälde basieren zum Teil auf privaten oder historischen Fotografien der 1960er und 1970er Jahre.
Die Doppelausstellung im Obergeschoss, also im weitläufigen Oberlichtsaal, besteht aus insgesamt 84 groß- und kleinformatigen Arbeiten. Die Eröffnung findet am Sonntag, 16. April, um 11.30 Uhr statt. Gäste sind willkommen. „Outside/Inside“ läuft bis zum 30. Juli.