Hagen. Ein subjektiver Blick auf 36 Orte in Hagen: In der Sommerserie „Neulich in Hagen“ geht es um den Punkt, an dem die Ennepe in die Volme mündet.
Es ist einer der idyllischsten, aber auch unbekanntesten Orte, die es in Hagen gibt: die Mündung der Ennepe in die Volme. Hierher, wo die beiden Flüsse zusammentreffen, verirrt sich normalerweise kein Mensch. Die Gewässer vereinigen sich zwischen der Ruine der alten Schraubenfabrik und dem im Winter geschlossenen Automobilzulieferer Prevent TWB.
Der Mündungsbereich ist auch nicht mal eben im Vorbeifahren zu erhaschen. Man muss schon auf der Bahnhofshinterfahrung anhalten (es gibt allerdings keinen Parkplatz), durch ein Tor im hohen Zaun gehen und das Brachgelände, auf dem zwischen den Betonplatten Pionierpflanzen und ein Fliederbusch emporsprießen, überqueren. Während man schon das Plätschern der beiden Flüsse vernimmt, folgt man dem Pfad durch das kleine Wäldchen und steht plötzlich an der Ennepe.
Eine wunderbar friedliche Atmosphäre hüllt einen ein. Das Wasser umperlt Steine und größere Brocken, die Sonne wirft Glaskugeln durch das Blätterwerk, die Luft ist warm und still.
Im Dornröschenschlaf versunken
Das backsteinrote Gebäude der alten Schraubenfabrik erinnert kaum noch an die Glanzzeit, in der hier 1500 Mitarbeiter beschäftigt waren und in der 1844 Hagens erste Dampfmaschine gebaut wurde. Die einst familiengeführte Firma Funcke & Hueck wurde 1970 von Bauer & Schauerte (Inbus) übernommen und war Produktionsstandort bis in die 90er-Jahre. Dann wurde die Fabrik stillgelegt und versank im Dornröschenschlaf.
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Und auch die Ennepe macht jetzt im Sommer, wo sie kaum Wasser führt, einen schläfrigen Eindruck. Träge ergießt sie sich in die Volme, der es nicht anders geht und die noch ganz benommen scheint vom verrohrten Aufenthalt in der Dunkelheit. Rund 150 Meter hat sie unterhalb eines Beton- und Asphaltedeckels zurückgelegt. Nach der Vereinigung mit der Ennepe wird es nicht mehr lange dauern, dann endet ihr Weg in der Ruhr.
Bedeutende Rolle für Trinkwasserversorgung
Volme und Ennepe gehören zu den großen Zuflüssen im Ruhreinzugsgebiet und spielen damit für die Wasserversorgung von rund 4,6 Millionen Menschen eine bedeutende Rolle. Eine Alternative gibt es übrigens nicht, denn in unserer Region fehlen nennenswerte Grundwasservorräte, erläutert Roland Rüther, Leiter des Wasserwerks Hengstey.
Der Hasper Bach mündet in Haspe in die Ennepe. Aus der vom oberen Hasper Bach gespeisten Hasper Talsperre mit dem gleichnamigen, modernen Wasserwerk erzeugt der heimische Versorger Mark-E rund drei Millionen m³ Trinkwasser jährlich. „Das ist rund ein Viertel des Hagener Wasserbedarfes“, sagt Rüther. Darüber hinaus sei das Hasper Wasserwerk ein wichtiger Baustein für die Hagener Wasserversorgung.
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Die Volme liefert im Bereich ihrer Mündung in die Ruhr dem Wasserwerk Hengstey der Mark-E täglich bis zu 8000 m³ echtes Uferfiltrat. Dem Einen oder Anderen wäre vielleicht wohler, Trinkwasser aus einem gut gekapselten Grundwasserreservoir zu erhalten, das sich in einer geologischen Zeit vor jeglicher menschlicher Beeinflussung gebildet hat, meint Rüther: „Es ist ein legitimer Wunsch und eine Maxime der Wasseraufbereitung, den Rohstoff aus einer möglichst unbelasteten, naturnahen Quelle zu erhalten.“
Wasserqualität fortlaufend verbessert
Schaue man sich in diesem Kontext die Situation an der Ruhr und ihren Zuflüssen an, sei es das Beste, was einem Fluss passieren könne. Der Grundsatz der modernen Trinkwasserversorgung („So viel Gewässerschutz wie möglich, so viel Aufbereitung wie nötig“) habe der Ruhr und ihren Zuflüssen sehr gut getan, so Rüther: „Kurz gesagt: Dass wir aus unserem Gewässersystem trinken, sorgt dafür, dass viel für den Gewässerschutz getan wird.“
Auch Ennepe und Volme hätten sich über die Jahrzehnte fortlaufend verbessert. Jeder Einzelne könne etwas zur fortlaufenden Verbesserung der Gewässer beitragen, etwa durch die richtige Entsorgung und sparsame Verwendung von Arzneimitteln. „Die Ruhr und ihre Zuflüsse sind grundsätzlich in einem sehr guten Qualitätszustand und hervorragende naturräumliche Rohwasserlieferanten für eine nachhaltige Daseinsvorsorge“, bilanziert der Trinkwasserexperte.
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Was wir also vorfinden an diesem geheimnisvollen, versteckten, vom Leben abgekoppelten Mündungsbereich ist ein bisschen heile Welt. Sogar die Wasseramsel und der Eisvogel sollen sich an den beiden Flussläufen wieder angesiedelt haben, auch wenn wir sie bei unserer Stippvisite nicht zu Gesicht gekommen. Aber sie leben nur an sauberen Gewässern.
Die stillgelegten Fabriken erinnern daran, dass sich die Natur ihr Reich zurückerobert, wenn der Mensch geht.